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Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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sollte. Auf einem Button war eine seltsame gelbe Familie zu sehen.
    »Schönes Shirt«, meinte Tabori.
    »Hat mir mein … Vater geschenkt.«
    »Mein Vater tot«, sagte Tabori.
    »Meiner auch.«
    Tabori begriff nicht. Wie konnte der Vater ihm etwas schenken, wenn er doch tot war? Oder war er erst vor Kurzem gestorben?
    »Das ist scheiße«, meinte Manuel.
    »Was heißt
scheiße

    »Scheiße stinkt!«
    Und was bedeutet das nun wieder?
»Bist du aus Berlin?«
    »Ja. Und du?«
    »Ich aus Gracen.«
    »Wo ist das?«
    »Albanien.«
    »Krass! Und warum bist du in Berlin?«
    »Ich arbeite«, sagte Tabori nicht ohne Stolz. »Für Mama. Und Mickael. Mickael … krank. Du … Familie?«
    Aber Manuel schien das Interesse zu verlieren. Er schnappte sich seinen blauen Rucksack und ließ Tabori an der Konsole stehen.
    »Wohin … du?«, fragte Tabori.
    »Ich geh pinkeln.«
    Pinkeln? »Kommst du?«
    »Ja, ich komme wieder.«
    Tabori atmete erleichtert auf. »Ich gewinne!«
    »Freu dich nicht zu früh.«
    Manuel lief zum Ausgang und überquerte die Straße zu
Burger King
, während Tabori ein Trainingslevel startete. Ein viertes Mal wollte er beim
Street Soccer
nicht
verlieren. Nachdem er die Hälfte des Levels durchgespielt hatte, ging er Manuel suchen. Er fand ihn vor dem Eingang, wo ein älterer, leicht ergrauter Mann sehr ernst mit ihm sprach. Wahrscheinlich war das Manuels neuer Vater, der ihn tadelte, weil er so viel Zeit mit Fußball verbrachte und nicht mit Hausaufgaben. Doch noch bevor sich Tabori bemerkbar machen konnte, stiegen die beiden ein paar Meter weiter in einen Wagen, der am Bordstein parkte. Wenige Sekunden später fädelte sich der Pkw in den Verkehr ein und war gleich darauf verschwunden.
    Manuel hatte sich nicht einmal von Tabori verabschiedet. Er war einfach abgehauen – und hatte Tabori wieder allein gelassen. Schlagartig erinnerte er sich daran, warum er überhaupt zu
Saturn
gekommen war. Jetzt ärgerte er sich, weil er sich so leichtfertig hatte ablenken lassen. Er hatte nicht einmal mehr an Aidan gedacht. Erneut durchstreifte Tabori das Kaufhaus. Aber hätte Aidan nicht längst auftauchen müssen?
    Draußen färbte sich der Himmel wieder dunkel. Orangefarbene Autos mit großen Schaufeln vor der Stoßstange räumten den frisch gefallenen Schnee von den Straßen. Ein schier aussichtsloses Unterfangen, denn immer neue Flocken rieselten auf die Stadt und Tabori nieder.
    Frierend blieb er vor einem Café stehen. Im Inneren flackerten Kerzen, es sah gemütlich aus. An einem Tisch am Fenster hatten sich eine Großmutter und ein kleines Mädchen, bestimmt ihre Enkelin, zu Kuchen mit Sahne niedergelassen. Dazu tranken sie heißen Kakao.
    Der Anblick machte Tabori wehmütig, er erinnerte ihn an sein Zuhause. Oft hatte sein Großvater am Abend, nachdem Mickael gewickelt worden war, einen alten Stumpen in der Stube entzündet, und sie hatten sich zum funkelnden, warmen Kerzenschein gesetzt. Opa hatte in einer alten Zeitung gelesen, Taboris Mutter seine Socken gestopft und Tabori selbst der Hitparade auf
Top Channel
gelauscht. Aber das war lange her. Jetzt war Opa tot, abends kamen Männer, und auch das Radio war kaputt.
    Taboris Augen füllten sich mit Tränen. Aber Weinen half ihm auch nicht weiter. Im Gegenteil: Es machte alles nur noch schwieriger. Fortan vermied er es, in die Schaufenster der Geschäfte und Cafés zu schauen. Insgeheim hoffte er, Aidan würde ihn auf der Baustelle erwarten, in der Kammer, vielleicht mit ein bisschen Geld, einem Burger, Pommes und Cola oder einfach nur mit der Aussicht, einen neuen, schönen Tag gemeinsam verbringen zu können.
    Doch der Raum lag verlassen da, und anders als an den Vortagen waren die Heizungsrohre kalt. Bei der Kälte hatte sich selbst Gentiana davongestohlen. Nur einige Büschel ihres schwarzen Fells hafteten noch an der spröden Mauer. Tabori pikste die Fotos auf die Nägel, doch diesmal wollte sich kein Gefühl von Heimat einstellen. Traurig knüllte er den zerrissenen Parka zu einem Kopfkissenersatz zusammen und wünschte sich einen weiteren Joint. Egal ob er davon am nächsten Morgen Durchfall bekäme oder nicht, ein Joint würde mit Sicherheit dafür sorgen, dass er sich besser fühlte.

57
    Noch immer über Magda Michels’ Finte grollend erweckte Sackowitz seinen Computer aus dem Ruhezustand.
Okay
,
sie hat dir eine falsche Telefonnummer gegeben.
Aber was besagte das schon? Dass er seinem Instinkt nicht mehr trauen durfte?
Blödsinn!
Die Frau hatte

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