Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Gesings Gesicht puterrot.
»Wollen Sie nicht rangehen?«, donnerte Dr. Salm, der endgültig die Beherrschung verlor, ihm entgegen.
»Ja, Entschuldigung, natürlich«, stammelte Gesing und fummelte das fiepende Mobiltelefon hektisch aus seiner Uniform. »Ja? … Moment!« Er eilte in den Korridor und schloss die Tür hinter sich.
Noch immer sichtlich genervt setzte der Dezernatsleiter seine Rede fort. »Wo war ich? Ach ja, also, Gustav Fielmeister hat die Geschäftsführung von Fielmeisters
übernommen, um das traditionsreiche Unternehmen durch die Krise zu führen. Aber wenn jetzt zusätzlich auch noch dieser Gammelfleischskandal in der Presse breitgetreten wird – dann gute Nacht. Über kurz oder lang dürfte das das Aus für das Unternehmen und für die verbliebenen eintausenddreihundert Arbeitsplätze bedeuten – was verheerende Auswirkungen für die Infrastruktur der Region zur Folge haben würde.« Er warf einen Blick in die Runde, um sich der Aufmerksamkeit aller zu vergewissern. »Der Senior Gustav Fielmeister hatte heute Morgen eine Unterredung mit Potsdams Oberbürgermeister und unserem Regierenden Bürgermeister Anton Heiland, die anschließend mit dem Polizeipräsidenten sprachen, der wiederum mich anrief. Auf allen Ebenen herrscht Einvernehmen: Dieser Fall muss zügig vom Tisch. Die Bundesanwaltschaft hat bereits ein Amtshilfeersuchen an die Generalstaatsanwaltschaft der Niederlande gerichtet. Aber das ist natürlich nur ein formaljuristischer Vorgang, dessen Abschluss außer Frage steht. Die niederländische Polizei zeigt sich kooperativ.« Dr. Salm sah Kalkbrenner an. »Und deshalb fliegen Sie noch heute nach Amsterdam und vernehmen Peglar. Am Flughafen Schiphol erwartet Sie ein Verbindungsbeamter. Frau Barnitzke wird Ihnen den Flug reservieren.«
»Zwei Flüge!«, korrigierte Thanner.
»Ich bin mir nicht sicher, ob das …«
»Machen Sie sich keine Sorgen«, beruhigte ihn der LKA-Beamte. »Schließlich bin ich ebenso an Herrn Peglar interessiert wie Sie.«
»Und wegen der Flugkosten«, sagte Louise Beckmann, »wird unsere Abteilung natürlich für die beiden Sitzplätze von Herrn Thanner aufkommen.«
Ein Lächeln huschte sekundenschnell über Dr. Salms Gesicht. »Einverstanden. Holen Sie sich Peglars Geständnis, und wir legen den Fall zu den Akten.« Er schichtete die Zeitungen wieder zu einem ordentlichen Haufen. »Und das bitte, bevor die Presse Wind von der Sache mit dem Gammelfleisch bekommt. Haben wir uns verstanden?«
56
Tabori schlug sich als Anfänger tapfer beim
Street Soccer
, doch gegen Manuels flinke Finger hatte er keine Chance. Frustriert spielte er seiner dritten Niederlage in Folge entgegen.
»Ist nicht weiter schlimm«, tröstete ihn Manuel.
»Was sagst du?«
»Guck nach vorne!« Wie betrunken torkelte Taboris Mannschaft über das Spielfeld. Verzweifelt bearbeitete er das Gamepad, aber es war zu spät. Manuels Stürmer schoss, und der Ball krachte unhaltbar in das gegnerische Tor. Applaus brandete aus den Lautsprechern auf, noch lauter als in den Spielen zuvor. Zum Glück herrschte nicht so viel Betrieb im Kaufhaus
.
Einzig eine Angestellte, die Regale einräumte, schaute bei dem Geräusch in ihre Richtung. Dann strich sie sich eine Strähne ihres struppigen schwarzen Haares aus der Stirn und störte sich nicht weiter an dem bunten Monitorgeflacker.
Auf dem Bildschirm verkündete ein Schriftzug erst: »Neuer Highscore«, dann: »Bitte Name eingeben«
.
Manuel tippte seinen Namen in die Liste. Jetzt belegte er offiziell Platz 1.
»Das habe ich noch nie geschafft!«, freute er sich. »Dabei bin ich oft hier. Fast jeden Tag.« Er sprach sehr schnell. »Deshalb will auch keiner mehr mit mir spielen.«
Was erzählt Manuel da?
»Weil ich ständig gewinne.«
Obwohl Tabori kein Wort verstand, erklärte er kurzerhand: »Ich mag
Street Soccer.
«
»Ja, ich auch
.
«
»Ich weiß«, sagte Tabori.
»Woher?«
»Du gewinnst … immer.«
»Sag ich doch!«
Auch wenn sie aneinander vorbeiredeten, war Manuel ein netter Kerl. Nicht so nett wie Aidan, aber fast. Und anders. Manuel erweckte nicht wie Aidan oder die anderen Jungs bei
Saturn
den Eindruck, als würde er sich die meiste Zeit des Tages auf der Straße herumtreiben. Seine Hände waren sauber, sein Äußeres gepflegt, die Kleidung ordentlich. Unter der Jacke trug er ein Shirt, auf dem ein großes gelbes, grinsendes Comicgesicht leuchtete. In fetten Buchstaben stand
Spider-Schwein
darunter
.
Was immer das bedeuten
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