Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
gereicht?«
»Früher?« Bodkema hämmerte auf den Tisch ein. »Ja, früher, als du noch gut warst.«
Mehr als gut sogar.
Sackowitz war der beste Polizeireporter der Hauptstadt gewesen. Keiner hatte spektakuläre Storys schneller auftreiben können als er. Sein Jagdinstinkt war legendär gewesen. Selbst den Verlegern des
Kurier
war es bisweilen rätselhaft erschienen, wie er an seine Geschichten rankam. Aber letztlich hatte es sie nicht weiter interessiert, solange er Aufmacher lieferte, welche die Leute das Blatt kaufen ließen.
Früher war alles anders. Früher konnte ich verstehen. Früher ging alles ganz einfach
,
und früher …
Und heute?
»Und heute? Heute gehst du wochenlang einer fadenscheinigen Information nach, die dir jemand gesteckt hat. Aber bist du vielleicht einem Skandal auf die Schliche gekommen? Hast du Beweise? Fakten? Irgendwas? Nein, hast du nicht. Weil es sie nämlich nicht gibt, genauso, wie es den Skandal nicht gibt. Nur merkst du das nicht. Und weißt du, warum das so ist?«
»Du wirst es mir gleich sagen.«
Bodkemas Stimme wurde sanfter. »Du bist alt geworden.«
»Verdammt, Stan, komm mir nicht mit so etwas. Es sind nur zwei Jahre vergangen!«
»Trotzdem, noch nicht einmal mehr mit deinem Computer kannst du ohne Probleme umgehen.«
»Das war natürlich klar, dass du mir das vorhältst.«
»Denkst du etwa, ich habe gerade nicht mitbekommen, wie du vor deinem PC verzweifelst?«
»Es ist ein Mac.«
»Das … ist … nicht … witzig!«, pflaumte Bodkema.
Die beiden Männer stierten sich über den Schreibtisch hinweg an wie zwei Cowboys, die kurz davor waren zu ziehen. Die Luft zwischen ihnen sirrte vor Spannung. Jeden Augenblick drohte sie Feuer zu fangen. Es brauchte nur einen einzigen Funken, ein falsches Wort, dann würde es zu einer Explosion kommen. Sackowitz hielt den Mund.
»Hardy«, mahnte Bodkema, »du klammerst dich so sehr an die guten alten Zeiten, bist derart verbissen, willst auf Biegen und Brechen einen Skandal, deine heiße Story, dass du dabei das Offensichtliche übersiehst: Es gibt keinen Skandal. Es gibt nur eine Schmutzkampagne, wodurch die neue Senatsregierung diskreditiert werden soll – und du gehst ihr auch noch prompt auf den Leim.« Er erstickte Sackowitz’ Einspruch mit einer harschen Handbewegung. »Kannst du dir eigentlich vorstellen, welches Bild dies auf dich, auf unsere Redaktion, auf das Verlagshaus wirft, wenn das publik wird? Was meinst du, was die Geschäftsleitung davon hält, na?«
»Aber«, wandte Sackowitz ein, »wenn es wahr ist, dann …«
»Nein, Hardy, der Fall Schulze ist für dich abgehakt, endgültig. Das ist eine Anweisung von ganz oben, und ich rate dir, sie ernst zu nehmen. Du weißt ja, dass die Geschäftsleitung dich nach deinem Aussetzer …«
»Das war ein Herzinfarkt!«
»Soll ich dich vielleicht daran erinnern, wie es dazu kam? Also: Die Verlagsleitung hätte dich am liebsten sofort ausgemustert. Eigentlich verdankst du deine Rückkehr nur dem guten Wort, das ich für dich eingelegt habe. Also, verscherze es dir nicht mit mir, und kümmere dich endlich um den Mord an Fielmeister. Das ist dein Job, nicht mehr und nicht weniger. Warum wurde nach Marten Peglar gefahndet? Ist er der Mörder seines Bruders? Geht es um die Firma oder um etwas Privates? So viele Fragen. Mein Gott, muss ich dir denn alles vorkauen?«
Nein
,
musst du nicht. Ich bin nämlich nicht alt geworden!
Sackowitz stemmte sich aus dem Sessel und verließ schweigend Bodkemas Büro.
Kurt Hirschmann, der Anzeigenverkäufer, hastete mit wehenden Haaren auf ihn zu. »Hardy, du bist gestern gar nicht mehr vorbeigekommen.«
»Und warum hätte ich das tun sollen?«
»Es geht um unsere Häuser. Ich sagte doch, dass ich einen Gutachter an der Hand habe, einen Freund der Familie, der sich am …«
»Kurt, bitte.« Sackowitz atmete tief durch. »Können wir das nicht ein andermal besprechen? Ich habe im Augenblick wirklich andere Sorgen.«
»Na gut.« Hirschmann guckte enttäuscht aus der Wäsche. »Aber beschwere dich hinterher nicht, wenn es …«
Sackowitz ließ ihn mitten im Monolog stehen. Weil Heiko bereits an dem defekten Computer unter seinem Schreibtisch schraubte, nutzte Sackowitz die aufgedrängte Pause für einen Anruf. Eine hölzerne Stimme meldete sich. »Ja?«
»Hallo, Werner, wie geht es dir?«
»Moment.« Eine Tür schlug zu. »Mensch, Hardy, ich habe dir doch gesagt, dass du mich nicht mehr auf dem Handy anrufen
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