Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
schleuderte die Chips- und Brausetüten auf das Federbett und überprüfte den Kleiderschrank, in dem sie außer raschelnden Blusen und Blazern nichts fand.
»Manuel, es reicht!«
In der Küche lachte ihr Manuel aus dem Bilderrahmen entgegen.
»Das ist nicht mehr lustig, hast du mich gehört?«
Falls ja, ließ er es sie nicht wissen.
»Mensch, Manuel, ich hab’s ja begriffen …«
Anna durchpflügte erneut Manuels Kleiderschrank, suchte hinter dem Sofa im Wohnzimmer, im leeren Fach unter der Küchenspüle, noch einmal in seinem Zimmer, ihrem Zimmer, im Bad. Mit Ausnahme des Zimmers ihres Sohnes waren alle Räume aufgeräumt und sauber, wie sie es von ihrer Haushälterin Nane erwartete. Der dreckige Lappen aus der Spüle von heute Morgen war fortgeräumt, das Geld von der Anrichte verschwunden. Ansonsten gab es kein Anzeichen, dass während ihrer Abwesenheit jemand hier gewesen war. Kein Kissen war eingedrückt. Die Fernbedienung vom Fernseher lag da, wo sie liegen sollte. Auch auf dem Teppich waren keine Simpsons
-
Spielfiguren verstreut. Die Wohnung wirkte so, als sei Manuel nach der Schule noch nicht daheim gewesen.
Keine Panik!
,
bremste sie ihre galoppierenden Gedanken, nahm das Telefon aus der Ladeschale und wählte. Während sie darauf wartete, dass jemand abnahm, entzündete sie eine Gauloise. Als sich ihr Mann meldete, ließ sie ihn nicht zu Wort kommen. »Ist Manuel bei dir?«
»Nein, er sollte doch erst am Wochenende zu mir kommen.«
»Also hast du ihn heute nicht gesehen?«
»Nein. Aber was soll denn die Frage?«
Sie legte auf. Nervös sog sie an der Kippe und wählte eine weitere Nummer. Nach enervierend langem Freizeichen-Getute meldete sich die verschlafene Stimme von Käthe Stewens, der Mutter von Peter, Manuels bestem Freund.
»Ist Manuel noch bei Ihnen?«, fragte Anna.
»Manuel? Nein, der war doch schon lange nicht mehr hier. Wie geht es ihm?«
Schon lange?
»Aber er hat doch letzte Woche bei Ihnen gespielt?«
»Nein, nicht dass ich wüsste.«
»Aber das hat Manuel erzählt. Und die Woche davor auch.«
»Nein, ich sagte Ihnen doch: Er war schon seit ein oder zwei Monaten nicht mehr bei uns.«
Annas Magen verkrampfte sich. »Können Sie Peter fragen, ob er weiß, wo Manuel stattdessen war?«
»Na, zu Hause doch wohl.«
Da bin ich mir nicht so sicher.
»Bitte, fragen Sie Ihren Sohn.«
»Als Mutter sollten Sie das aber wissen.«
»Bitte.«
Käthe Stewens seufzte. »Peter schläft schon.«
»Es ist sehr wichtig.«
Erneut dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis sich Peters Mutter am Apparat zurückmeldete. »Nein, Peter weiß auch nicht, wo sich Ihr Sohn aufgehalten hat. Die beiden haben sich nur noch selten getroffen. Ist denn etwas mit Manuel passiert?«
Anna beendete das Gespräch. Anders als sonst wollte die Gauloise ihre Nerven nicht mehr beruhigen. Sie drückte die Zigarette in den Ascher und rief Nane an. »Bist du gerade mit Manuel unterwegs?«
»Nein, wieso?«
»War Manuel heute Mittag zu Hause?«
»Nein.«
»Wie, nein?«
»Nein, er war nicht da.«
Anna fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. »Und er hat auch keine Nachricht hinterlassen?«
»Nein.«
»Und das fandest du normal?«
»Ja.«
Noch ein Hammer, der Annas Kopf traf. »Aber … das …« Sie brauchte einen Moment, bis sie wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. »Heißt das, er war nachmittags häufiger nicht daheim?«
»Ja, fast nie mehr. Aber am Abend tauchte er immer wieder auf.«
Anna glaubte, sich verhört zu haben. »Und das erzählst du mir jetzt einfach so?«
»Du hast es ihm doch erlaubt.«
»Ich?«
»Das hat Manuel jedenfalls gesagt.«
»Und du bist nicht auf die Idee gekommen, bei mir nachzufragen, ob das stimmt?«
»Anna, es tut mir leid, aber ich habe dich gefragt. Und du meintest nur: ›Ja, ja, ist schon in Ordnung.‹«
Das Telefon in Annas Hand begann zu zittern. »Das
habe ich gesagt?«
»Ja, aber du warst beschäftigt. Im Stress. So wie immer.«
So wie immer.
Anna entglitt der Hörer. Gleich darauf schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf.
Vielleicht ist Manuel ja bei …?
Noch einmal griff sie zum Telefon und wählte diesmal die Handynummer ihres Schwagers. »Bernd?«
»Anna! Das ist aber schön, dass du anrufst. Hast du noch mal darüber nachgedacht …«
Sie ließ ihn nicht ausreden. »Ist Manuel bei dir?«
»Was? Manuel? Bei mir? Nein, ich arbeite gerade im Atelier. Da kann ich … Moment mal, Anna, was ist los?«
»Manuel ist weg!« Die Türklingel
Weitere Kostenlose Bücher