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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Aussage unstimmig.
Der Zufall treibt manchmal ein merkwürdiges Spiel.
»Sie sind also nach Amsterdam geflogen?«
    »Ja, ich wusste nicht mehr weiter. War panisch. Und ich war davon überzeugt, dass ich der Nächste sein würde, den De Jong zum Schweigen bringen würde.«
    »Sie denken, De Jong hat Ihren Bruder getötet?«
    »Wer denn sonst? Er war der Einzige, der allen Grund dazu gehabt hätte.«
    »Sie auch!«
    Erbost schnappte Peglar nach Luft. »Ich habe meinen Bruder nicht umgebracht, das müssen Sie mir glauben.«
    Kalkbrenner erhob sich schweigend und ging zur Tür. Thanner folgte stumm seinem Beispiel.
    Binnen Sekunden verflüchtigte sich Peglars Selbstsicherheit. »Was haben Sie jetzt vor?«
    »Wir fliegen zurück nach Berlin.«
    »Und ich? Was wird aus mir? Glauben Sie mir?«
    Kalkbrenner blieb stehen und wandte sich um. »Das wird der Staatsanwalt entscheiden.«

68
    Der Anruf erreichte Harald Sackowitz unter der Dusche.
Typisch!
Er wischte sich die Seife aus den Augen, fingerte blindlings nach dem Handtuch, fand es nicht, rutschte mit nassen Füßen auf den Fliesen aus und schlug sich am Badezimmerschrank die Schulter an. Endlich bekam er das Handtuch zu fassen. Er trocknete sich ab, während er zum Telefon in die Wohnküche hetzte. »Ja, Sackowitz, wer ist da?«
    »Werner.«
    Der Reporter schlang sich das Handtuch um den Bauch, was angesichts seines Volumens mehr schlecht als recht gelang. Kurzerhand setzte er sich auf einen Küchenstuhl und drapierte den Frotteestoff so, dass er seinen Unterleib verdeckte. »Werner, was für eine Überraschung am frühen Morgen!«
    »Gilt dein Angebot noch?«
    Sackowitz massierte sich mit der freien Hand die schmerzende Schulter. »Hast du Infos zum Fall Fielmeister?«
    »Ja, aber …«
    »Dann kriegst du das Geld. Erzähl!«
    »Erst wenn wir uns sehen.«
    »Gib mir einen Tipp, damit ich weiß, dass es sich lohnt.«
    »Gammelfleisch. Reicht dir das?«
    Sackowitz’ Finger pulten in einem Schimmelfleck an der Tapete. Das klang zwar keineswegs nach einer Familientragödie, aber trotzdem interessant. »Woher weißt du das?«
    »Nicht jetzt. Später, in meiner Mittagspause. Um zwölf, alter Treffpunkt, die Kneipe in Friedrichshain. Und vergiss die Kohle nicht.«
    Mit dem Handtuch vor seiner Blöße öffnete Sackowitz in seinem Schlafzimmer die Tür zum Balkon. Über Nacht hatte es weitergeschneit. Ein weißer Teppich breitete sich gnädig auf dem Sperrgut im Hinterhof aus. Trotzdem würde er den Hausmeister noch einmal auf das Gerümpel aufmerksam machen. Es konnte doch nicht angehen, dass sich der Müll bis zur Unterkante seines Balkons stapelte.
Wie sieht das denn aus?
    Er zog sich seine Klamotten über und entschied nach einem Blick in den leeren Kühlschrank, dass es ihm guttun würde, aufs Frühstück zu verzichten. Als er die Balkontür wieder in den Rahmen drückte, verwarf er den Plan, sich sofort beim Hausmeister zu beschweren. Es kam eh nie Besuch.
Wen schert es also
,
wie es im Hinterhof aussieht?
    Aus seiner Armada von Sportschuhen wählte er die braunen Sneakers. An den schwarzen klebte noch der Pferdemist vom vorigen Tag, aber der erbärmliche Gestank hatte sich zum Glück gelegt.
    Auf dem Weg zur Redaktion machte er einen Zwischenstopp bei der Sparkasse, weil er Geld für Werner, seinen Informanten, brauchte. Zudem musste er endlich die Überweisung an seine Exfrau in die Wege leiten. Zu seiner Verblüffung stieß er vor der Bankfiliale auf eine aufgeregt diskutierende Menschenmenge, die sich neugierig nahe der verschlossenen und zersplitterten Eingangstür drängte.
    »Letzte Nacht ist eingebrochen worden«, erklärte ihm ein älterer Herr mit Strickjacke und Pfeife wichtigtuerisch. »Die Täter sind mit einem Traktor oder Lkw angerückt, haben den Automaten aus dem Boden gerissen und dann fortgeschafft.«
    »Und wie viel Geld haben sie erbeutet?«, fragte Sackowitz.
    »Keinen Cent.« Der alte Mann lachte hämisch. »Die waren so dämlich und haben nicht den Geldautomaten, sondern den Kontoauszugsdrucker gestohlen.«
    Auch wenn es Sackowitz tröstete, dass er nicht der einzige Mensch auf diesem Planeten zu sein schien, der sich im Leben mit moderner Technik schwertat, war damit sein Problem mit der Unterhaltszahlung noch nicht vom Tisch. Er würde sie wieder einmal verschieben müssen. Und was Werner, den Informanten, betraf, würde Sackowitz seinen Chef Bodkema um das Geld bitten. Schließlich war er es gewesen, der den Auftrag zur Recherche im Fall

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