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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Mehr …«
    »… nach der Obduktion, ich weiß.« Kalkbrenner hielt Dr. Wittpfuhl am Ärmel zurück. »Haben Sie eine Ahnung, womit der Mann geschlagen wurde?«
    »Haben Sie nicht verstanden? Ich sagte doch gerade, dass Sie warten sollen, bis die Obduktion abgeschlossen ist.«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber noch eine allerletzte Frage: Wurde der Mann mit bloßen Händen geschlagen?«
    Der Mediziner seufzte tief. »Ja, sehr wahrscheinlich.«
    »Von einem Mann oder einer Frau?«
    »Herr Kalkbrenner, das ist jetzt schon Ihre zweite Frage.«
    »Mann oder Frau?«
    Der Gerichtsmediziner verdrehte genervt die Augen. »Das würde auf die Frau drauf ankommen.« Damit und mit großen Schritten, als hätte sich der Mörder höchstpersönlich an seine Fersen geheftet, eilte der Arzt zum Fahrstuhl.
    Dr. Bodde klemmte sich die widerborstige Strähne hinters Ohr. »Leider dürfen Sie gegenwärtig auch von mir nicht mehr erwarten. Wir haben zwar massenhaft Fingerabdrücke, Hautschuppen und Haare sichergestellt – eben ein typisches Hotelzimmer –, aber es wird noch eine Weile dauern, bis alle Spuren ausgewertet sind.«
    »Könnten Sie den Vernehmungsbeamten in der Lobby vielleicht ein Porträt der Leiche aushändigen? Mit ein wenig Glück erkennt einer der Hotelgäste das Opfer. Es sei denn, es …«
    Ein Klingeln verkündete die Ankunft des Fahrstuhls. Schnellen Schrittes kam Muth aus der Kabine geeilt. »Paul, wir haben ihn!«

11
    Nach ein paar Runden auf dem Tanzparkett fand sich der außer Atem gekommene Sackowitz in Begleitung von Magda an der Bar wieder. Mit einem Taschentuch tupfte er sich den Schweiß von der Stirn. So viel Anstrengung war er nicht mehr gewohnt, und vom Arzt war ihm übermäßige Leibesertüchtigung sogar ausdrücklich verboten worden.
    »Sie tanzen aber gut«, lobte Magda erstaunt.
    Das letzte Mal, dass er das Tanzbein geschwungen hatte, lag mittlerweile gut und gerne sieben Jahre zurück. Mit Karin war er auf der dritten Hochzeit ihres Bruders Wolfgang gewesen, in einer kleinen Kneipe in Spandau. »Ich tanze gerne«, log er.
    »Solche Männer trifft man nicht oft.«
    »Die wissen eben nicht, was ihnen entgeht – noch dazu mit einer vortrefflichen Tanzpartnerin wie Ihnen.«
    »Das haben Sie aber nett gesagt, Harald.«
    »Das ist nur die Wahrheit.« Seine Finger umschlossen schüchtern ihre Hand. »Was möchten Sie trinken, Magda?«
    Ohne einen Blick in die Cocktailkarte zu werfen, entschied sie sich für einen Angel’s Face mit Gin, Brandy und Calvados. Sackowitz wählte einen Velvet Cream, alkoholfrei natürlich.
    »Da sind Sie schon wieder eine Ausnahme«, sagte sie. »Ein Mann im
Café Verdun
, der keinen Alkohol trinkt.«
    »Ist wegen meiner Pumpe.« Er tätschelte zärtlich seinen Brustkorb.
    »Was ist mit Ihrem Herzen?«
    »Ach, halb so wild. Ich muss nur etwas sorgsamer mit ihm umgehen.«
    »Ja«, seufzte sie. »So ist das in unserem Alter.«
    Er pflichtete ihr bei, obwohl seine Vorsicht am allerwenigsten dem Alter geschuldet war, sondern eher seiner jüngst überwundenen Vergangenheit: dem Suff und dem Herzinfarkt. »Erzählen Sie mir: Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade tanzen? Was arbeiten Sie?«, wollte er wissen.
    »Ich glaube nicht, dass Sie mein Job interessiert. Außerdem«, traurig rührte sie mit dem Strohhalm ihren Cocktail um, »außerdem habe ich keine Arbeit mehr.«
    »Das glaube ich Ihnen aber nicht«, gab er sich empört. »So alt sind Sie doch noch nicht.«
    »Harald, Sie schmeicheln mir. Aber das hat auch nichts mit meinem Alter zu tun.«
    »Sondern?«
    »Ach.« Sie seufzte und nippte in Gedanken versunken an dem Drink.
    »Jetzt machen Sie mich aber neugierig. Wer will mit einer so bezaubernden Dame wie Ihnen nicht zusammenarbeiten?«
    »Nein, das ist es nicht. Wissen Sie, mein Chef ist gestorben. Und seit dem Tod von Herrn …« Sie atmete tief durch und trank erneut einen Schluck. »Also, seitdem bin ich jedenfalls ohne Arbeit.«
    »Wie schrecklich für Sie. Und jetzt? Existiert die Firma nicht mehr?«
    »Nein, es war keine Firma. Es war … Ach, lassen wir das lieber.« Mit einer überraschenden Bewegung erhob sie sich. »Entschuldigen Sie mich für einen Augenblick. Ich möchte mich kurz erfrischen.«
    Als die Toilettentür hinter ihr zuschlug, fragte sich Sackowitz besorgt, ob er Magda mit seinen Fragen vielleicht zu sehr bedrängt hatte.
Zum Teufel mit der Einsamkeit
,
sang die Tanzkapelle
. Durch diese Hölle geh ich nie mehr. Du kamst genau zur rechten

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