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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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gelingen«, parierte sie bockig.
    »Ich weiß. Du bist ein Sturkopf. So wie ich.«
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Du bist mir also nicht böse?«
    »Weshalb sollte ich dir denn böse sein? Es gibt Sachen im Leben, die du machen möchtest und manchmal sogar machen musst, die deine Mitmenschen aber nicht gerade in Begeisterungsstürme ausbrechen lassen. Ich sagte dir bereits, dass manchmal nicht alles so einfach ist, wie man es gerne hätte.«
    »Jetzt sprichst du aber von dir selbst.«
    »Von mir. Von dir. Eigentlich von allen Menschen. Was ich damit sagen will, ist: Jedem steht sein eigenes Leben zu.«
    Jessy nickte ernst. »Das habe ich begriffen. Und ich weiß auch, dass ich«, sie senkte schamvoll den Blick, »falsch reagiert habe, als ich dich und … also, diese Frau … Wie hieß sie noch? Judith?«
    »Es ist egal. Vorbei. Vergessen und vergeben.«
    »Schon, aber du solltest trotzdem wissen, dass ich mir bewusst bin, dass es dein Leben ist, was du lebst. Wenn du also eine neue Beziehung eingehst, mit wem auch immer, dann ist das ganz alleine deine Sache. Ich muss mich dafür nicht begeistern, aber ich werde dir deshalb auch keine Vorwürfe machen und erst recht keine Steine in den Weg …«
    »Das würde dir sowieso nicht gelingen.«
    Sie lachte. »Weil du ein Sturkopf bist. So wie ich.« Schnell wurde sie wieder ernst. »Du hast ein Anrecht auf dein Privatleben …« Sie stockte. »Genauso wie ich. Aber ich möchte auch, dass uns bewusst ist, dass wir trotzdem zusammengehören. Dass wir, wenn es hart auf hart kommt, füreinander da sind. Kurz gesagt: dass du hinter mir stehst. Ich brauche diese Gewissheit, um nach Paris ziehen zu können.«
    Jessy mochte nach Frankreich ins ferne Paris ziehen, aber doch schien es so, als würde sie gerade die Vorstellung der Entfernung, die bald zwischen ihnen liegen würde, einander wieder näherbringen.
Das ist es doch
,
was du immer wolltest.
»Ich stehe hinter dir. Zu jeder Zeit. Versprochen!«

127
    Das Echo der Frage verhallte zwischen den Häuserfassaden. Der Druck, mit dem die Pistole in Sackowitz’ Rücken gebohrt wurde, wich. Einem Reflex nachgebend warf er sich in den Schnee. Einen Sekundenbruchteil später hörte er ein leises »Plopp«,
gefolgt von einem Schrei.
    »Vorsicht!«
    Ein schwarzer Schatten hechtete über Sackowitz hinweg, der sich instinktiv zur Seite rollte. Eine weitere Kugel zischte an seinem Ohr vorbei und zerpflügte mit einem heißen Zischen die gefrorene Erde.
    Dann herrschte Stille. Nur der Lärm der Stadtautobahn war in der Ferne zu hören. Oder war es das Blut, das aufgeregt durch Sackowitz’ Körper pulsierte und in seinen Ohren rauschte?
    »Ich glaube, er ist weg!« Jemand packte den Reporter am linken Arm. Zu seiner Rechten tauchte eine weitere Gestalt auf. Gemeinsam zogen sie ihn wieder auf die Beine.
    Einen der vier Jugendlichen, die vor Sackowitz standen, erkannte er auf Anhieb. »Öndar?«
    »Gerade noch rechtzeitig, würde ich mal behaupten«, sagte der dunkelhäutige Glatzkopf.
    Der Journalist fand nur langsam seine Stimme wieder. »Aber was macht ihr hier?«
    Öndar zuckte mit den Schultern. »Wir sind hier zu Hause. Schon vergessen? Das ist unser Viertel.«
    Das habe ich nicht vergessen.
»Aber was macht ihr hier? Ich meine, jetzt? Ausgerechnet jetzt?« Sackowitz konnte seine glückliche Rettung noch immer kaum fassen.
    »Wir waren gerade auf dem Rückweg von einer Party, hinten an der Tanke haben wir uns noch was zu rauchen geholt. Und dann haben wir dich hier herumlaufen sehen. Kurz darauf kam dieser Typ da aus dem Park … Und der sah nicht wirklich nach einem Freund aus.«
    Sackowitz’ Augen hetzten über die Straße und die verschneiten Autodächer. »Habt ihr mitbekommen, wo er hin ist?«
    »In den Park. Du hast krasses Glück gehabt, Mann. Die zwei Kugeln waren für dich bestimmt.«
    Mehr als Glück!
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage war er einem Killer entkommen. Nur langsam normalisierte sich Sackowitz’ Puls. »Ihr habt … mir das Leben gerettet.«
    Fast brüderlich legte ihm Öndar eine Hand auf die Schulter. »Betrachte es als kleines Dankeschön. Hast über Celil und Alpa einen ordentlichen Artikel geschrieben.«
    Sackowitz musste seine Gedanken ordnen. Der Mörder war ihm auf der Spur, daran gab es keinen Zweifel mehr. Und er würde erneut versuchen, ihn umzubringen, sobald er die Gelegenheit dazu bekam. Wenn nicht hier, dann woanders. Und dann würden Öndar und seine Freunde nicht mehr als

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