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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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erledigen.«
    »Das ist gar kein Problem. Ich finde es schon toll, dass du überhaupt einen Bericht über mich schreiben willst.«
    »Wozu hat man denn einen Vater bei der Zeitung, wenn nicht dafür?«
    Sackowitz beendete das Gespräch und entriegelte die Tür seiner Rostlaube, als eine schwarze Limousine mit quietschenden Reifen hinter ihm zum Stehen kam. Die Jagd nach freien Parkplätzen in Mitte schien immer bizarrere Züge anzunehmen.
    Doch dann entsprangen dem BMW muskulöse, dunkelhäutige Jugendliche, und ein Glatzkopf packte Sackowitz am Kragen. »Hey, du bist doch der Reporter, oder?«

27
    Kalkbrenner nahm den Aufzug in den dritten Stock des Präsidiums. Über fleckiges Linoleum gelangte er zu den Büros des Morddezernats Berlin-Mitte. Im Vorzimmer erwartete ihn Rita schon mit einem nachsichtigen Lächeln. »Du bist spät dran«, begrüßte sie ihn.
    »Ging leider nicht früher.« Im Konferenzsaal hatten sich bereits Berger, Sera Muth, die Kriminaltechnikerin Dr. Bodde und der Gerichtsmediziner Dr. Wittpfuhl um den kleinen Tisch gruppiert. Am Kopfende wippte der Dezernatsleiter Dr. Dietmar Salm ruhelos auf seinem Stuhl. »Der Chef ist sauer?«
    »Wie immer.«
    »Na, dann mal los.«
    »Ach was, der hat mittlerweile so lange gewartet, da sind fünf Minuten mehr auch schon egal. Schaden tut’s ihm jedenfalls nicht.«
    »Mir auch nicht«, fand Kalkbrenner.
    »Wunderbar. Möchtest du Kuchen?«
    Ritas Kuchen, vor allem aber deren Kalorien, waren genauso berühmt wie berüchtigt. »Nein danke.«
    »Wie, du verschmähst meinen Kuchen?«
    »Ich habe schon zu Hause gegessen.«
    »Und was?«
    »Äh, Brot.« Das war glatt gelogen, aber dass er eine Konserve von Fielmeisters Besten dem Nusskuchen von Rita vorgezogen hatte, machte eine Notlüge akzeptabel.
    Ihr Wickelrock flatterte Rita um die wohlgenährte Hüfte, während sie zum Kühlschrank watschelte. Winters wie sommers trug sie stets Wickelröcke mit geblümter Bluse, an der sie mit Vorliebe Broschen befestigte. Dazu kombinierte sie im Sommer Sandalen und, sobald es kälter wurde, Turnschuhe. Sportschuhe waren zwar ein glatter Stilbruch zu ihrem sonstigen Outfit, aber »so was von bequem«, wie sie nie zu betonen vergaß.
    Auch ihren Kuchen hatte sie nicht vergessen. Plötzlich tauchte ein Teller unter Kalkbrenners Nase auf. »Mein Gott, was ist das denn?«
    Rita strahlte über ihr ganzes fülliges Gesicht. »Ich hab verstanden, dass ihr keinen Nusskuchen mehr sehen könnt, und deshalb habe ich mich an etwas Neuem versucht.«
    Kalkbrenner unterzog den Kuchen, der unter einer monströsen Ladung Sahne versank, einer genaueren Prüfung. »Und was soll das sein?«
    »Karottenkuchen.«
    Vor die Wahl gestellt war der Chef zweifelsohne das kleinere Übel. Hastig verschwand Kalkbrenner Richtung Konferenzsaal. In dem Raum, der normalerweise mit einem Tisch und vier Stühlen hinreichend ausgefüllt war, drängten sich jetzt sechs Personen. Die Temperatur hätte einer Sauna zur Ehre gereicht. Aus unerfindlichen Gründen war die Heizung im letzten Sommer kaputtgegangen und ließ sich seitdem nicht mehr ausschalten. Die Möbel in Eiche rustikal und das Holzfurnier an den Wänden unterstrichen das heimelige Sauna-Ambiente, an dem auch Pinnwand, Fernseher und Kaffeemaschine nichts ändern konnten.
    »Mensch, Kalkbrenner, da sind Sie ja endlich«, raunzte ihn Dr. Salm an, der sich auch als leitender Dezernent des Kriminalkommissariats beharrlich weigerte, Menschen nicht auf ihre Nachnamen zu reduzieren. »Ich habe Ihren Kollegen gerade mitgeteilt, dass Gustav Fielmeister, der Vater des Ermordeten, regelmäßig Golf mit dem Potsdamer Oberbürgermeister spielt. Der wiederum ist ein guter Freund vom Polizeichef, meinem Schwager. Sie können sich also denken, dass dem Fall Fielmeister ganz besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden wird.«
    Welchem Fall wird das nicht?
Kalkbrenner setzte sich auf den letzten freien Stuhl neben dem Chef. Der Sessel quietschte, als er sich niederließ, das verräterische Ächzen in die Jahre gekommener Behördenmöbel. Rita platzierte ihren Sahneberg mit Kuchen als Unterlage auf dem Tisch, bevor sie mit Engelsgeduld Tellerchen und Gabeln verteilte.
    »Frau Barnitzke, muss das jetzt sein?« Dr. Salms Halsschlagader trat bedrohlich hervor.
    »Falls jemand Hunger hat.« Unbeirrt weiterlächelnd erweiterte sie das Büfett um Gläser, Tassen sowie Wasserflaschen und einen Pott Kaffee. »Falls jemand Durst hat.« Erst dann nahm sie auf dem Stuhl Platz, der zur

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