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Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Titel: Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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nachlässig. Oder provoziert ein Verhängnis. Die Statistik ist eindeutig.
    Nah verwandt der Hausfrau ist der weltweit eifrigste Wichtigtuer, der Businessman. Er tönt hochgestimmt und mit Angeberbrust von den vielen Aufgaben, die er simultan erledigen muss. Um sich – auch darüber liegen Untersuchungen vor – eine ordentliche Depression zu züchten, um reihenweise Fehlentscheidungen zu treffen, um den Umgang mit seinen Mitarbeitern zu ruinieren, um das Superego seines busybody zu füttern. Doch auch unser Wichtig-Mann ist wissenschaftlich nicht auf der Höhe, sonst hätte er längst gehört, dass sich das Hirn nur auf eine Aufgabe konzentrieren kann, ausschließlich und ganz. Natürlich kann ein intelligenter Kopf schneller (als ein dumpfer) eine anfallende Forderung nach der anderen bewältigen. Aber zur selben Zeit, das geht nicht. Doch, klar geht es. Eben dilettantisch und meist so, dass nachgebessert werden muss.
    Vipassana ist ein skrupelloser Beobachter. Wer sich einmal auf das Spiel des genauen Hinschauens – auf sich und die Welt – eingelassen hat, wird nicht fassen, wo und wie oft die Meditationstechnik aushelfen könnte, um den Malheur-Quotienten zu senken und die Glücks-Momente zu heben.
    Hier ein Paradebeispiel. Eine Szene, die jeder Erdenbürger, der nicht mehr auf einem Affenbrotbaum wohnt, schon einmal, nein, zehn Mal, nein, hundert Mal, erlebt hat. Sie ist die banalste und grandioseste Szene, die sich finden lässt, um alle Ingredienzen zu versammeln: Eigenstress, Umweltstress, Ungeduld, ja Ärger, die Absurdität der menschlichen Existenz, die Eitelkeit, das Geschwätz im Universum, Achselschweiß, also alles, was das Leben an Gräulichkeiten bereithält.
    Tatort Supermarkt, Tatort Schlange vor der Kasse, Bildbeschreibung: Der Mensch, dessen Ware soeben eingetippt wurde, hört von der Kassiererin den Betrag, den er zahlen soll. Und jetzt beginnt das Drama, jetzt sehen wir – wir dreizehn hinter ihm – einen Lebenszeit-Stehler und geschulten Multitasker seine Künste vorführen. Er plappert gerade, das Mobiltelefon zwischen linker Backe und linker Schulter und – sucht die Börse. Da er sie zu Hause geistesabwesend eingesteckt hatte, sicher dabei multitaskend noch einen Blick auf die Glotze warf, den Schuhcremedeckel zuschraubte, seine Frau ermahnte, doch nicht immer den Wohnungsschlüssel herumliegen zu lassen, weiß er jetzt nicht mehr – schwer genervt und weiterplappernd –, wo sich das Portemonnaie befindet. Haben wir, die dreizehn Komparsen in dieser läppischen Tragikomödie, Glück, dann kommt nur ein halbes Dutzend Hemden-Jacken-Hosentaschen in Frage, in denen sich Geld und Kreditkarte befinden könnten. Haben wir keines, dann sind es ein Dutzend möglicher Verstecke plus ein kleiner Rucksack auf dem Rücken des Helden. Da unser Weltmann zudem noch flegelhaft ist, redet er weiter in sein »Mehrspaßdennje-iPod«-Telefon (so die offizielle Apple-Werbung * ), wohl zäh mit Tante Marie-Luise über das Tapetenmuster fürs Kinderzimmer diskutierend. Mitgefühl ergreift uns jetzt, wir vergessen den Zeit-Klau und sehen das Würstchen, den Würstchen-Kopf schief, die Stirn schweißgebadet, beide Hände frenetisch nach dem Objekt der Verzweiflung wühlend.
    Ich bin in solchen Situationen besonders milde gestimmt. Weil ich mich selbst erkenne, mich vor etwa fünfzehn Jahren. Als ich noch ein Handy besaß und noch nicht wusste, dass ich mein Leben nicht als Telefonfräulein verbringen wollte. Jene Zeiten, in denen ich schon lange nicht mehr meditierte, schon lange vergessen hatte, dass andere Formen der Annäherung an eine Supermarkt-Kasse existieren. Meine Fortschritte seit diesen Einsichten sind dürftig, aber den Abstieg auf die Bühnen abgründigster Lächerlichkeit, den habe ich hinter mir.
    Beim Frühstück geht es mir gut, obwohl ich wieder wie ein Springteufel auf dem Kissen saß. Obwohl immer auf der Flucht vor dem Schmerz, der automatisch mit mir umzog in jede neue Stellung, die ich einnahm. Obwohl ich wieder mit ein paar Karteileichen meiner Vergangenheit zum Duell antrat und hinterher, auch das noch, Unkeuschheit trieb, mich flirrend unreinlichen Gedanken hingab. Doch allein das Sitzen hilft. Das Durchhalten. Und der feste Vorsatz, sich zu konzentrieren. Bin ich doch nun inniglicher in der Welt als vor zwei Stunden.
    Dazu das Müsli, die Bananen, der Tee, wieder die Freundlichkeit der Helfer, wieder die angenehmen Bewegungen der anderen, von denen keiner drängelt und sein Ego

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