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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Weise auch zutraf -, aber dennoch stand das Bild so deutlich vor ihm, als sei es erst ein paar Minuten alt. Er sah den jungen Soldaten, an dessen Namen er sich nicht mehr erinnern konnte, aber sehr wohl an seinen Blick. Sah, wie dieser Soldat, das Gewehr noch immer im Anschlag, auf den leblosen Körper in der Todeszone starrte, nur wenige Meter vom heilversprechenden Westen entfernt. Dieser junge Soldat hatte genauso vor sich hingestarrt wie die Frau aus dem Volvo.
    Sie hielt direkt auf ihn zu.
    »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte Masurke und wurde sich sogleich der Unsinnigkeit seiner Frage bewusst. Denn wenn es im Augenblick jemanden in dieser Gegend gab, der Hilfe brauchte, dann diese Frau.
    Sie stammelte etwas Unverständliches und schob die Hand in ihre Jackentasche.
    Da stand er nun, und sie wusste, dass sie den weiten Weg nur seinetwegen gemacht hatte. Schwarz, den Kopf hinter der Maske des bösen Wolfs verborgen, mit funkelnden Augen und lechzendem Maul. Der Hund im Tunnel war nur eine seiner Gestalten gewesen. Jetzt sah sie sein wahres Ich. Hässlich und stinkend.

    An seinem Arm hing ein Korb, und sie konnte sehen, was unter dem rotweiß karierten Tuch herauslugte. Kinderhände. Kleine, weiße Kinderhände. Eingesammelt bei seinem Streifzug durch den Märchenwald, wo der böse Wolf die kleinen Mädchen frisst.
    »Komm, Dummerchen, komm«, hechelte er ihr entgegen. »Ich will dich zum Lachen bringen.«
    »Ich werde kommen, damit du mir endlich glaubst, dass ich kein Angsthase bin«, flüsterte sie. »Ich bin jetzt nämlich groß, weißt du.«
    Sie griff in ihre Jackentasche, während sie weiter auf ihn zuging. Mit den Fingern ertastete sie die beiden Einwegskalpelle, die ihr noch aus dem Kliniktunnel geblieben waren. Sie umfasste einen der Plastikgriffe und streifte mit dem Daumen den Schutz von der Klinge.
    »Ja, komm her«, geiferte der Schwarze Mann. »So ist es gut.«
     
    Allmählich wurde es Masurke mulmig. Wer immer diese Frau auch war, sie hatte nicht mehr alle Kerzen am Christbaum, wie man bei ihm zu Hause zu sagen pflegte. Zum Weglaufen war es jetzt zu spät. Ungeachtet dessen war er auch zu alt für einen Spurt durch den Wald.
    Man darf Irre nicht reizen, schoss es ihm durch den Kopf. Mehr fiel ihm nicht ein. Also beschloss er, es mit ruhigem und freundlichem Zureden zu versuchen.
    »Ganz langsam, gute Frau.« Vorsichtig stellte er den Korb mit den Pilzen ab. Besser, er hatte jetzt beide Hände frei. »Mein Auto steht gar nicht weit von hier, und ich kann Sie …«
    Er sprach nicht zu Ende, da sie erneut zu murmeln begann,
den Blick starr auf ihn gerichtet. Viel davon konnte er nicht verstehen, aber er glaubte sie sagen zu hören, dass jemand sie allein gelassen hätte und dass dieser Jemand zu ihr zurückkäme.
    »… ganz gleich, wie lang es dauert.«
    Kaum einen Meter vor ihm blieb sie stehen. Ihr Gesicht glänzte vor Schweiß.
    »Kommen Sie, Mädchen«, sagte Masurke auf die liebenswürdigste und sanfteste Art, zu der er in seiner Aufregung fähig war, »ich bringe Sie zu einem Arzt. Sie haben sich ja ganz schön wehgetan.«
    Behutsam griff er ihren linken Arm, der herabhing, als gehöre er nicht zu ihr. »Nun kommen Sie, ich tu Ihnen doch …«
    Sie riss die andere Hand aus der Jackentasche und stach zu. Masurke sah noch das Blitzen der Klinge, doch er reagierte nicht schnell genug. Tägliche Waldspaziergänge hin oder her, er war sechsundsiebzig und keine zwanzig mehr. Die Klinge bohrte sich zuerst in seinen Bauch, knapp oberhalb des Gürtels.
    Der Stich brannte, als wäre die Schneide glühend heiß gewesen.
    Er schrie, ließ sie los, wollte sie von sich stoßen. Doch schon trafen ihn zwei weitere Stiche. Diesmal höher.
    Stöhnend sank Wolfram Masurke zu Boden, während weitere Stiche auf ihn niedergingen wie ein Regen aus Rasierklingen.

Kapitel 39
    Steine prasselten gegen den Boden des alten Volkswagens, der über den unebenen Waldweg polterte und dabei wie betrunken hin und her schwankte. Mark hielt sich krampfhaft auf dem Beifahrersitz fest.
    »Nach dem, was damals passiert ist, habe ich nie wieder von Lara gehört«, berichtete Nicole, wobei sie konzentriert auf den Weg sah und den Schlaglöchern so gut es ging auswich. »Ich hätte sie vorhin auch fast nicht wiedererkannt. Als Kind hat sie ihre langen Haare geliebt, sie wollte sie niemals kurzschneiden lassen. Auch war sie damals nicht so dünn. Aber ihre Augen, ihre Augen sind dieselben geblieben.«
    »Was ist denn damals nur

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