Trigger - Dorn, W: Trigger
weiter, und bei jeder neuen Seite schlug ihr Herz noch heftiger. Es waren ausschließlich Bilder von ihr in diesem Album.
Ellen auf Station. Ellen beim Betriebsausflug vor der Imperia -Statue in Konstanz. Ellen bei einer Fortbildungsreise in Leipzig und so weiter und so fort.
Viele der Bilder kannte sie, konnte sich sogar noch an den Augenblick erinnern, in dem sie aufgenommen worden waren. Aber es gab auch Bilder, die sie nicht kannte. Schnappschüsse, die – wie es aussah – heimlich von ihr aufgenommen worden waren.
Ellen beim Laufen auf dem Donauweg, fotografiert durch die Zweige eines Strauches. Ellen beim Sonnenbaden am Baggersee, der sich unweit der Waldklinik befand. Ellen während der Mittagspause, lesend auf einer Bank im Klinikpark. Ellen beim …
Nein! Das gibt’s doch gar nicht!
Ellen beim Ausziehen ihres T-Shirts, aufgenommen durch das Schlafzimmerfenster im Personalwohnheim.
Sie klappte das Album so heftig zu, dass es sich wie ein Pistolenschuss anhörte. Überraschung, Scham und vor allem Zorn tobten in ihr.
»Du verdammter Spanner, jetzt verstehe ich endlich!«
Bebend vor Wut und Aufregung lief sie in den Flur und schnappte sich ihre Jacke. Raus hier! Sie musste so schnell wie möglich weg.
Jetzt hatte sie endlich einen Beweis. Dieses Album zeigte eindeutig das Motiv für Marks Aktionen – oder vielleicht sollte sie besser sagen, für die Aktionen des Schwarzen Mannes. Für Ellen bestand nun kein Zweifel mehr daran, dass es Mark war. Wenn sie damit zur Polizei ging, würde ihr dieser Kröger endlich glauben müssen. Und wenn sie seinen Kollegen Wegert anrief – den Polizisten, der schon mehr Scheiße als ein Abflussrohr gesehen hatte -, würde Mark nichts mehr zu lachen haben. So viel stand fest.
Sie griff schon nach der Klinke, als ihr einfiel, dass es ein Fehler war, das Album aus Marks Wohnung zu tragen. Nein, es war besser, die Polizei fand es hier. Das war eindeutiger. Immerhin stand ja nicht Marks Name darin.
Sie lief zurück zum Regal, schob das Album zurück in die Lücke, in die es gehörte, und ging wieder zur Haustür. Dort fiel ihr der blinkende Anrufbeantworter neben der Garderobe auf.
Ellen drückte die Wiedergabetaste. Vielleicht war es Instinkt, vielleicht eine Vorahnung, möglicherweise nichts als die Bewahrheitung des Klischees von weiblicher Intuition – warum auch immer, sie tat es einfach.
Nach der Ansage einer mechanisch klingenden Stimme, die darauf hinwies, eine neue Nachricht sei eingegangen, und danach Datum und Uhrzeit nannte, hörte Ellen eine Männerstimme.
»Hi, ich bin’s.« Als Ellen die Stimme des Mannes erkannte, schrak sie zusammen, als sei er erneut auf ihren Rücken gesprungen. »Ich habe alles wegen dieser Ellen vorbereitet. Ruf mich an, und wir können loslegen!«
Zwei!, schoss es Ellen durch den Kopf. Ich Idiotin, natürlich, sie sind zu zweit!
In diesem Moment hörte sie einen Wagen vors Haus fahren. Durch das geriffelte Glas der Haustür erkannte sie die schwarze Silhouette von Marks Volvo.
Kapitel 26
Das Gehirn eines Menschen besteht aus ungefähr hundert Milliarden Nervenzellen, die durch mehr als hundert Billionen Synapsen miteinander kommunizieren. Dabei entstehen einzelne Gedanken in so unglaublich hoher Geschwindigkeit, dass man sie längst verarbeitet hat, ehe sie im Geiste zu Worten geformt sind.
Noch ehe Mark die Fahrertür seines Volvos zuschlug, hatte Ellen bereits zwei Möglichkeiten gegeneinander abgewogen. Entweder sie blieb in seinem Haus und stellte ihn zur Rede – sowohl, was das makabre Spiel betraf, das er mit ihr trieb, als auch, was den Verbleib der Frau ohne Namen anbelangte -, oder aber sie sah zu, dass sie unbemerkt aus dem Haus kam.
Für die zweite Alternative sprach, dass sie nur so die Möglichkeit haben würde, Marks Komplizen ausfindig zu machen. Dann konnte sie die Polizei einschalten, ohne dass Mark in der Lage wäre, den Namen des anderen zu verschweigen. Vorher wäre es zu riskant, wenn sie nicht das Leben der entführten Frau aufs Spiel setzen wollte.
Sie hörte schon seine Schritte auf dem Kiesweg, der zum Haus führte, und hastete durch das Wohnzimmer zur Terrassentür.
Es folgte das Klacken seines Haustürschlüssels, der sich im Schloss drehte. Es kostete Ellen zwei wertvolle Sekunden, die schwergängige Terrassentür zu öffnen und hinter sich zuzuziehen. Der Garten des Dreiparteienhauses war ziemlich groß. Mark würde hier sein und sie sehen, noch ehe sie die Straße erreicht hatte.
So
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