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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Schauer.
    Der Kerl schien ein Faible für schwarze Kapuzenshirts zu haben. Er hatte das Batman -Shirt gegen eines mit dem weißen Aufdruck NEW ZEALAND ALL BLACKS eingetauscht.
    Zum ersten Mal konnte Ellen sein Gesicht erkennen. Auf die Entfernung sah sie es zwar nicht deutlich – Himmel, ja, sie brauchte endlich eine Brille oder wenigstens Kontaktlinsen, Eitelkeit hin oder her -, aber was sie sah, wirkte auf den ersten Eindruck nicht bedrohlich. Im Gegenteil, irgendwie kam der Typ daher wie der nette Kerl von nebenan. Ein Wolf im Schafspelz.
    Er trug etwas unter dem Arm, das zunächst wie eine Aktentasche aussah, doch als er Mark den Gegenstand reichte, erkannte Ellen den Laptop wieder.
    Ihren Laptop, aus ihrem Büro!

    Egal, wie kurzsichtig sie auch sein mochte, es war ihr Laptop, kein Zweifel. Die beiden großen Aufkleber auf dem Deckel waren unverkennbar: ein Smiley und daneben ein Warndreieck, in dem ANFÄNGER stand, wie man sie üblicherweise auf den Autos von Führerscheinneulingen sah – ein typischer Scherz von Chris.
    Mark nickte, legte den Laptop in seinen Wagen, und dann gingen die beiden in Richtung Klinikgelände. Ellen folgte ihnen in sicherer Entfernung.
    Was hatten sie nur vor?
    Die Männer waren zu sehr mit ihrer Unterhaltung beschäftigt, als dass sie Ellen bemerkt hätten. Dabei fuchtelte der Schwarze Mann mit den Armen, als müsse er ein ganzes Orchester dirigieren. Ja, er hatte Temperament, das konnte ihr schmerzender Rücken nur bestätigen.
    Plötzlich blieb Ellen wie angewurzelt stehen. Unmittelbar neben sich hatte sie etwas gehört. Ein Geräusch, das eine Assoziation in ihr weckte.
    Auf einmal wusste sie, wo sich die Frau ohne Namen befand.
     
    Im Grunde genommen war das unterirdische Tunnelnetz der Waldklinik das Ergebnis von Angst.
    Als die Welt während der Kubakrise 1962 knapp vor dem Ausbruch eines Dritten Weltkriegs stand, hatte die Furcht vor einem möglichen Atomschlag zum Bau zahlreicher Schutzbunker in Deutschland geführt. Die netzartige Anlage der Waldklinik war einer davon gewesen.
    Wäre es jemals zur Katastrophe gekommen, hätten mehr als vierhundert Menschen in den Tunneln Zuflucht gefunden. Schwere Stahltore hätten sich geschlossen, und die
Lüftungsschächte, die überall im Parkgelände aus dem Boden ragten, wären hermetisch abgeriegelt worden.
    Als ein Jahr später eine leichte politische Entspannung eingetreten war, die der Politiker Egon Bahr einen Wandel durch Annäherung genannt hatte, begann man, den Tunnel auch anderweitig zu nutzen und die bis dahin oberirdische Versorgung unter die Erde zu verlegen. Vier Elektrobahnen transportierten Essen, Bettwäsche und weiteren Stationsbedarf zwischen den einzelnen Gebäuden und dem Versorgungszentrum hin und her.
    Jede der Bahnen war mit einem oder zwei Blechanhängern ausgestattet. Der Betrieb dieser Elektrobahnen war günstiger und weniger wartungsintensiv als die beiden bis dahin genutzten Lastwagen mit den absenkbaren Ladeflächen. Außerdem waren die Bahnen leiser und weniger auffällig, so dass man sie nicht nur zum Transport von Gütern verwendete. Gelegentlich fanden sie auch Verwendung, wenn verstorbene Patienten zur klinikeigenen Leichenhalle oder schwerst Verwirrte auf andere Stationen oder zu Therapieräumen gefahren werden mussten. Letztere hätten auf dem Weg durch den Park zu viel Unruhe verbreitet. Dank der Tunnel konnte man sie im Klinikpark allenfalls dann schreien hören, wenn sie an einem der Lüftungsschächte vorbeigeführt wurden.
    Und einer dieser Lüftungsschächte war es, neben dem Ellen nun stand und das metallische Scheppern wiedererkannte, das sie während des Telefonats mit dem Schwarzen Mann und der Frau ohne Namen gehört hatte.
    Ellen starrte das Endstück des Schachts an, das zwischen zwei Büschen aus dem Boden ragte und einer vergitterten Hundehütte aus Edelstahl glich.

    Die entführte Frau musste dort unten sein. Aber wo? Zwar glichen die Tunnel einem wahren Labyrinth, was bei der Größe des Krankenhausgeländes nicht verwunderlich war, doch es herrschte durch den Versorgungsbetrieb viel zu viel Unruhe, um jemanden unbemerkt dort verstecken zu können. Zumindest nicht über mehrere Tage hinweg.
    Ellen überlegte, ob es dennoch eine Möglichkeit gab. Ihr Blick fiel auf eine Grünfläche, in deren Mitte eine von einigen Parkbänken umringte Skulptur stand. Die Skulptur zeigte eine erwachsene Person mit ausgebreiteten Armen, um die sich Kinder scharten. Es handelte sich um eine

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