Trinity (German Edition)
Amerikaner bei der Entwicklung einer Atombombe schlagen.
»Ich brauche das schriftlich, Herr Reichsminister«, sagte Esau. »Von Ardenne sollte kein Problem sein – ich glaube sogar, dass er froh sein wird, unter geeigneterer Führung zu arbeiten, als sie das Postministerium darstellt. Das unterstreicht die Bedeutung seiner Arbeit. Aber Diebner wird nicht kooperationsbereit sein. Er besteht darauf, unabhängig mit seinen eigenen Leuten zu arbeiten. Er hat mir schon mehrfach Schwierigkeiten gemacht.«
Esaus Beurteilung schien Speer gleichgültig. »Ich glaube nicht, dass Diebner ein Problem sein wird. Nicht nach dem heutigen Tag.«
Er ging ohne ein weiteres Wort zur Tür hinaus. Esau warf verwirrt noch einmal einen Blick auf die Laborjournale, die er noch nicht überprüft hatte, und folgte dann dem Reichsminister eilig in den Hof.
Heisenberg stand ganz alleine auf dem schlammigen Gelände. Esau genoss die sichtliche Demütigung des Mannes. Das würde seinen Hochmut brechen, ihn kooperativer machen. Vielleicht würde Heisenberg in Zukunft endlich aufhören, sich den Kopf über esoterische Theorien zu zerbrechen und sich mehr auf die praktischen Aspekte seiner Arbeit konzentrieren. Von nun an sollte er sich jedenfalls Esau gegenüber fügsamer erweisen.
Major Stadt hatte veranlasst, dass die Scheinwerfer eingeschaltet wurden und das ganze Gelände in grelles weißes Licht tauchten. Das Virushaus und die Nebengebäude sahen aus wie eines von Himmlers Arbeitslagern. Die Holzverkleidung zeigte Sprünge, wo der Regen das unbehandelte Holz aufgerissen hatte. Der Stacheldraht, der das ganze Gelände umgab, sah in der Nacht wie silberne Spinnennetze aus.
Als sich die anderen Wissenschaftler auf den Kieswegen versammelt hatten, stapfte Major Stadt auf Heisenberg zu. Seine Stiefel drückten sich tief im weichen Boden ab.
»Ich möchte, dass Sie jetzt alle sehr gut aufpassen.« Stadt hob die Stimme, und Esau hatte das Gefühl, dass er sich bemühte, Hitler zu imitieren. Das taten heutzutage eine Menge Leute.
»Dieser Mann, Ihr Professor Heisenberg, Gewinner der höchsten Anerkennungen, die es in Ihrem Beruf gibt, ist ein Verräter an seinem Land, an seinem Führer und an Ihnen allen. Er hat schwere Sabotageakte gegen dieses Projekt verübt, das uns die Möglichkeit verschaffen könnte, diesen Krieg zu gewinnen. Er hat die Arbeit verzögert, er hat Laborergebnisse gefälscht und mit dem Feind zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die Bemühungen Deutschlands um die Entwicklung einer Atombombe scheitern.«
»Das ist nicht wahr.« Heisenberg richtete sich auf. Es war offensichtlich, dass er das dem Gestapomajor schon mehrere Male gesagt hatte, aber ohne damit etwas zu bewirken. Stadt ignorierte ihn.
»Wegen der Fehler dieses Mannes, wegen seiner Verzögerungen und wegen seines Verrates hat Professor Werner Heisenberg den Tod zahlloser deutscher Soldaten verursacht. Wenn diese Waffe für unseren Angriff auf Stalingrad zur Verfügung gestanden hätte, hätten wir jene Stadt einnehmen können, ohne dass das Leben auch nur eines einzigen deutschen Soldaten hätte geopfert werden müssen. Wir hätten Moskau in einem Tag erobern können, statt Monaten des Scheiterns.«
Während Stadt das sagte, entfernte er sich von Heisenberg, ging zurück, auf die versammelten Wissenschaftler zu. Esau wartete neben Reichsminister Speer und beobachtete. Langsam gelangte er zu der Ansicht, dass das jetzt zu weit gegangen war. Wenn Heisenberg hier völlig zerbrochen wurde, würde er für die weiteren Forschungsarbeiten nicht mehr zu gebrauchen sein.
»All diese Toten, all diese Misserfolge lasten auf den Schultern eines einzigen Mannes. Er ist des Hochverrates schuldig.«
Stadt wandte sich den beiden Wachen zu, die sie auf ihren Motorrädern geleitet hatten, und deutete mit einer geringschätzigen Handbewegung auf den Physiker, der alleine im Hof stand. »Erschießen Sie ihn.«
Die anderen Wissenschaftler standen vor Schreck erstarrt da, dann erhob sich Gemurmel. Otto Hahn trat empört einen Schritt vor. Heisenberg selbst riss erstaunt die Augen auf und richtete sich auf, aber seine Stimme schien wie gelähmt, und kein Wort des Protests kam über seine Lippen. Selbst Esau konnte nicht glauben, was er gerade gehört hatte. Darum ging es doch gar nicht …
Aber Reichsminister Speer stand bloß stumm da, als würde er das alles billigen.
Die beiden Wachen sahen einander ähnlich verwirrt an. Offenbar hatte man ihnen bisher noch nie
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