Trinity (German Edition)
fühle mich so, wie ich bin, recht wohl«, sagte sie. »Und außerdem muss ich immer noch an Jeff denken.« Nach zwei Monaten, dachte Elizabeth. Zwei Monate!
»Das verstehe ich, meine Liebe«, sagte Mrs. Canapelli und tätschelte ihre Hand. »Frischen Kaffee?«
»Vielen Dank.« Elizabeth nahm die Tasse entgegen, die die ältere Frau ihr hinhielt. Ihr morgendlicher Spaziergang bot ihr die Gelegenheit, Einladungen von den anderen »Mädchen« aus dem Wege zu gehen, sich doch ihnen anzuschließen.
Sie hielten sie für überspannt und hochnäsig; sie andererseits betrachtete sie als langweilige Klatschtanten.
Mrs. Canapelli folgte Elizabeth nach draußen auf die hintere Veranda des Wohnheims. Elizabeth nippte an ihrem Kaffee; unterdessen hatte sie sich an den eigenartigen Geschmack gewöhnt, den die aus Rationierungsgründen beigefügte Zichorie dem Kaffee verlieh.
Von der Veranda aus hatte man einen grandiosen Blick auf die Spitzen der Sandiaberge. Elizabeth hatte das Gefühl, sie brauchte bloß die Hand auszustrecken, um die Wüste zu berühren, die sich in der Tiefe vor ihr ausdehnte. »Ich bin Ihnen wirklich für alles das dankbar, was Sie für mich getan haben. Am nächsten Zahltag gebe ich Ihnen das restliche Geld zurück, das Sie mir bei der Ankunft geliehen haben.«
»Das hat keine Eile, Liebes. Ich kann mich noch gut erinnern, was ich mitgemacht habe, als Ronald damals gestorben war. Außerdem sollten Sie nie versuchen, den Leuten etwas zurückzuzahlen – zahlen Sie nach vorn, indem Sie dem nächsten Menschen helfen, der Schwierigkeiten hat.«
»Danke.« Elizabeth lächelte, als Mrs. Canapelli in die Küche ihres Wohnheims zurückging. Auch das war ein Zeichen einer einfacheren Welt, wenn man jemandem, der Pech gehabt hatte, so hilfsbereit und vertrauensvoll entgegenkam.
Elizabeth hatte noch etwa eine Viertelstunde Zeit, bis sie gehen musste; genau wusste sie es nicht, weil sie ihre Digitaluhr – die 1943 deplatziert gewesen wäre – bei ihren Sachen versteckt hielt.
Sie setzte sich und lehnte sich an die raue Außenwand. Sie fühlte sich hier wohl, genoss den frühen Morgen. Aber hinter dieser Behaglichkeit lauerte stets ein nagendes Gefühl, eine innere Stimme, die ihr sagte, dass sie angefangen hatte, zu stagnieren. Sie konnte sich nicht die ganze Zeit einreden, dass das alles nur eine Wahnvorstellung war. Und was hatte es schon zu besagen, wenn es tatsächlich eine Wahnvorstellung war und nie zu Ende ging?
Zwei Monate. Sie hatte die Nachrichten verfolgt und versucht, sich aus vielen Bruchstücken ein Bild des Zweiten Weltkriegs zusammenzusetzen – und selbst diese Bezeichnung musste sie sich abgewöhnen, weil ihn noch niemand so nannte. In Italien war Mussolini gestürzt worden; die Alliierten bombardierten Deutschland, Italien und die Pazifikinseln, und die Kämpfe auf den Solomon-Inseln schienen ewig zu dauern. Und hier fühlte sie sich so vom Rest der Welt isoliert.
Ihr Eintritt in Johnny von Neumanns Kalkulationsgruppe hatte sich ganz natürlich vollzogen. Elizabeth machte die Arbeit nichts aus, obwohl sie sie als recht monoton empfand: Addieren, Multiplizieren, Subtrahieren oder eine Zahl dividieren, die ihr die Frau neben ihr gab. Wenn sie Glück hatte, musste sie einmal einen Logarithmus nachschlagen oder sogar einen Exponentialwert. Oh, Mann! Die ganze Aufgabe, die sie hätte erkennen lassen, was das jeweilige Modell aufzeigen sollte, bekam sie nur selten zu sehen, selbst wenn die Physiker es ihr und ihren Kolleginnen vor Beginn der jeweiligen Rechenarbeiten erklärten.
Sie wünschte sich, sie hätte einen einfachen Taschenrechner mitgebracht. Ihr war es ein Rätsel, wie die Wissenschaftler von Los Alamos es je schaffen sollten, das Modell einer Atomexplosion zu errechnen, ohne dafür einen Computer zur Verfügung zu haben, weil der ja noch gar nicht erfunden war.
Das würde von Neumann einmal tun, aber erst später.
Aber größtenteils ging ihr die Arbeit leicht von der Hand. Elizabeth fiel es nicht schwer, sich einzufügen und das zu tun, was man von ihr verlangte – und das beunruhigte sie. Ihr Leben hier gefiel ihr. Es gefiel ihr, an den Nachmittagen mit Graham Fox zusammenzusitzen und zu plaudern oder schweigend die Umgebung zu genießen; er hatte zu ihrer großen Erleichterung nie irgendwelche Annäherungsversuche gemacht. Das Bild Jeffs brannte immer noch in ihrem Herzen. Aber sie und Fox hatten genügend gemeinsam, um faszinierende Gespräche zu führen. Um irgendwelche
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