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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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hörte gar nicht hin, so berauscht war sie von dem neuen Spielzeug. Ich stand im Flur, als Huguette aus der Küche rief: »Maja, deine Mama ist am Telefon.«
    »Ich bin weg«, sagte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Willst du nicht mit Mila sprechen?«
    »Sag du ihr, was los ist.«
    Ich sog die frische Morgenluft ein, spürte die Kälte und zog den Kragen des Mantels hoch. Dann steckte ich die Hände in die Taschen und marschierte los. Der Kies knirschte unter meinen Schuhen.
    In der Anzeige hatte gestanden, der Beginn der Trauerfeier sei um elf Uhr. Obwohl der Friedhof von Huguettes Haus nur wenige Minuten zu Fuß entfernt lag, war ich bereits eine Viertelstunde über der Zeit.
    Ich folgte dem breit angelegten Weg, der vom Eingang aus geradewegs zur Kapelle führte. Links und rechts von Bäumen gesäumt, wirkte er wie eine Allee. Wind kam auf, der sanft durch die kahlen Äste strich. Ich ging vorbei an Gräbern mit prachtvollen Steinen aus Granit und Marmor. Nichts war zu hören außer dem Wind und meinen eiligen Schritten. Inzwischen war ich an der Kapelle angekommen. Als ich die Hand nach der gusseisernen Klinke ausstreckte, hielt ich einen Moment inne.
    Von drinnen war nichts zu hören. War da überhaupt jemand? Hatte ich mich geirrt? Das konnte nicht sein. Der Parkplatz war zugestellt mit Autos, es gab keine freie Lücke mehr. Wagen mit Berliner und Hamburger Kennzeichen fielen mir auf. Ich seufzte und drückte die Klinke herunter.
    *
    Als Erstes kroch mir Weihrauch in die Nase. Aber da war noch etwas anderes: der Geruch, der in einem Raum entsteht, in dem sich viele Menschen aufhalten. Und ein leichter Duft von frischen Blumen. Als Nächstes fiel mir das Licht auf. Das Flackern der zwei mannshohen und armdicken Kerzen neben dem Altar hinterließ an den Wänden der Kapelle schaurig schöne Schattenspiele.
    Der Priester schritt in einem prächtigen Gewand daher, das mit goldenen und roten Stickereien versehen war. In gebührendem Abstand hinter ihm hielten sich zwei junge Messdiener, gekleidet in einfache weiße Soutanen. Wie ein Pendel und mit ausgestrecktem Arm schwenkte der Priester eine Kette, an der eine Kugel hing, die mehrere Öffnungen aufwies. Der austretende Rauch legte sich wie ein Schleier über die Szenerie, langsam kroch der Nebel am Boden entlang und breitete sich im ganzen Raum aus.
    Vor dem Altar in Höhe des Mittelgangs stand auf einem kleinen Tisch eine goldene Urne. Der Tisch war mit Tüchern aus weißem Stoff dekoriert. Um die Urne herum lagen üppige Blumenbouquets. Etliche Kränze mit Schleifen, auf denen letzte Grüße standen, waren auf dem Boden zu einem kunstvollen, das Auge ansprechenden Ensemble drapiert worden.
    Links hinter dem Altar stand ein Klavier. An ihm hatte einer der Messdiener Platz genommen. Die Stimmung war angespannt. Alles wartete darauf, was als Nächstes geschah. Vereinzeltes Räuspern und das Rücken von Stühlen.
    Ich schaute mich um. Die Kapelle war gefüllt bis auf den letzten Platz – es war so voll, dass sich an der Wand eine Reihe gebildet hatte, in der die Leute eng beieinander standen. Es mussten um die achtzig Trauergäste sein. Ich hatte mich direkt neben den Eingang gestellt und lehnte mit dem Rücken an dem kalten Gemäuer.
    Meine Augen hatten sich inzwischen an die Lichtverhältnisse gewöhnt.
    Da entdeckte ich sie. Mark und Don. Sie saßen in der fünften Reihe.
    Wir hatten uns einmal sehr gut gekannt. Ja, ich konnte sagen, Mark und Don waren meine Freunde gewesen. Besonders Mark.
    Doch nachdem das Musikfieber und alles, was damit zusammenhing, jäh geendet hatte, hatten wir uns aus den Augen verloren.
    Richtig war wohl eher, dass keiner von uns den Kontakt aufrechterhielt. Die Ereignisse hatten mehr als nur Schmerz verursacht. Die Wunde war verheilt, aber eine Narbe geblieben. Nach dreiunddreißig Jahren sah ich Mark und Don heute zum ersten Mal wieder.
    »Satti, bist du das?«
    Hördi . Ja, er war es wirklich. Da gab es kein Vertun. Die gleichen langen, fettigen Haare, dem Anlass entsprechend züchtig zu einem Pferdeschwanz gebunden. Natürlich war er älter geworden. Wie wir alle. Sein Haar war von grauen Strähnen durchzogen. Er trug eine alte Regenjacke, den Kragen hochgeklappt. In das freundliche Gesicht mit der markanten Nase hatten sich tiefe Furchen eingegraben. Er sah gesund aus. Etwas dünn vielleicht, doch so war er schon immer gewesen. Ein schmaler Kerl eben, ein Hemd, wie man so sagt, aber unglaublich zäh. Der konnte was vertragen.

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