Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Tag wünschte. Ein mitfahrender Kontrollwagen notierte ihren Halt, dann näherten sich die beiden Insassen dem Hasenklein. Mac überließ den Oberlehrer seinem Schicksal und fuhr an ihnen vorbei.
»Wat für ’n Idiot.«
»Frau Oberlehrer wird ihn vermutlich in handliche Stücke zerlegen. Sie machte auf mich bereits einen etwas enervierten Eindruck.«
»Ja, aber wir ham die Verspätung und den Halt an der Backe.«
»Das ist nun mal so.«
Eine halbe Stunde später erreichten sie den Kontrollpunkt am Alten Markt in Potsdam, wo eine große Menschenmenge ihre Einfahrt bejubelte. Es gab Kaffee und Kuchen, Blumenkränze und Wimpel, eine Kapelle spielte zackige Marschmusik, aber lange hielten sie sich nicht auf. Die letzten dreißig Kilometer sollten noch vor fünf Uhr abends gefahren werden.
»Jetzt geht es durch den Grunewald, Fritz. Königsallee.«
»Noch nicht die Avus?«
»Nein, die ist erst morgen fällig. Kennst du die Rennstrecke?«
»Ick war öfters ma da. Manchmal ham se mir rinjelassen. Een Motoradrennen hab ick ooch ma jesehn. Mann, det war hart. Da sind paar üble Löcher inner Piste, Mac. In den schlechten Jahrn, da ham se ville rausklamüsert, die Leute. Außerdem jibt et Wellen im Boden. Da hat’s die Motorradfahrer ziemlich jewürfelt.«
»Im Krieg – da war ich für einen Oberstabsarzt Chauffeur – bin ich zweimal die Avus hoch- und runtergefahren. Mit seinem Benz«, murmelte Mac. »Der Alte hatte seinen Spaß dran.«
»Aber keen Rennen?«
»Nein, wir haben die Benutzungsgebühr gezahlt und sind einfach drauflosgedonnert. Ich hatte auch meinen Spaß dran.«
Er grinste Fritz an.
»Ick träume manchmal davon.«
»Na, dann erfüllt sich dein Traum ja morgen. Allerdings nicht mit Höchstgeschwindigkeit. Die Blechliesel schafft gerade mal hundert Kilometer in der Stunde, und das auch nicht zu lange.«
»Denn werden Se det Rennen nich jewinnen.«
Das klang schon wieder niedergedrückt.
»Fritz, erstens sind die anderen Wagen auch nicht viel schneller – keiner fährt hier einen Rennwagen. Und zweitens kommt es ja auch auf die Leistung des Fahrers an.«
»Ja, det stimmt natürlich.«
Und das hörte sich weit zuversichtlicher an.
»Wir liegen gut in der Wertung. Mit dem Sieg beim Geschwindigkeitsrennen könnten wir den ungeplanten Halt von eben wiedergutmachen.«
»Warum wollen Sie jewinnen, Mac?«
Er war ein höchst neugieriger Geselle, der Fritz. Aber was sollte es, er konnte es ihm wohl erzählen.
»Die Fordwerke haben in Berlin eine neue Fabrik aufgemacht, die im Januar mit der Produktion der Fahrzeuge für Deutschland beginnt. Ich habe mich beworben. Aber, Fritz, ic h habe leider keine Papiere, du weißt schon, Zeugnisse, Gesellenbrief, Meisterbrief, die auf den Namen MacAlan lauten. Das haben sie natürlich auch gemerkt, als ich mich vorgestellt habe. Als ich dann aber davon gesprochen habe, dass ich mit dem Modell T an der Rallye teilnehmen würde, waren sie von der Idee angetan, dem Sieger eine gute Stellung zu geben.«
»Ham Se denn ’nen Meistertitel?«
»Ja, ich bin Mechaniker, ich habe in Bonn gelernt und meinen Abschluss gemacht.«
»Könn Se da nich die Papiere wiederkriejen? Ick meene, bei die Handwerkskammer oder so?«
»Fritz, ich bin tot. Gefallen in Ypern.«
»Scheiße. Echt?«
»Meine Uniform habe ich unterwegs weggeworfen, meine Kennmarke MacAlan umgehängt. Und ich glaube nicht, dass bei den vielen Toten sich jemand die Mühe gemacht hat, mich zu identifizieren.«
Fritz schwieg, offenbar erschüttert. Mac allerdings kam plötzlich eine Idee. Er hatte nie die Möglichkeit gehabt, nachzuforschen, ob man ihn wirklich für tot erklärt hatte. Emmalou würde es vermutlich wissen. Denn die Gefallenenmeldung musste an seine Adresse im Hotel gesandt worden sein.
»Passen Se uff, Mac, Sie werden zu langsam. Die drängeln!«
»Oh. Danke.«
Der rote Morris hing ihm an der Hinterachse, und Mac erhöhte die Drehzahl. Der Motor schnurrte lauter, sie gewannen an Fahrt.
Der Funkturm kam in Sicht, und jetzt musste Fritz tatsächlich losten. Er tat es mit Umsicht und Effizienz, und so erreichten sie die abgesperrte Fläche am Messegelände. Ihr Bordbuch wurde von einem Kontrolleur entgegengenommen, und man wies ihnen einen Abstellplatz zu. Hier warteten Eimer mit Wasser, Bürsten und Lappen auf sie. Eine Stunde hatten sie Zeit, ihre Fahrzeuge zum Blinken zu bringen. Mit Feuereifer stürzte Fritz sich auf die Utensilien. Mac suchte die Rennleitung auf, um die
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