Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
feierten? Er konnte es nicht mehr unterdrücken, er fuhr den Leiter des Amtes unwirsch an.
»Mann, Gempp, das Vaterland ist bedroht!«
»Dessen sind wir uns ständig bewusst, Oberst. Aber wenn wir jetzt ohne Handhabe Männer, vor allem Engländer, verhaften lassen, wird das die subversiven Kräfte im Land nur mit weiterem Zündstoff versorgen. Fassen Sie sich in Geduld, Oberst, bleiben Sie wachsam, und fahren Sie morgen zum Sieg. Wir kümmern uns um den Rest.«
Davon war Otto von Braunlage überhaupt nicht überzeugt, und leise schlich ihn der Verdacht an, dass der Nachrichtenoffizier vielleicht selbst mitten in einer Verschwörung steckte.
»Ach ja, Oberst, und sehen Sie zu, dass Sie Ihre Frau Gemahlin ein wenig an die Kandare nehmen. Es heißt, dass sie einen sehr aufwendigen Lebenswandel führt. Finanzielle Abhängigkeiten, Oberst, sind nicht sehr nützlich für einen Offizier.«
Verdammt, was wusste der Gempp denn noch alles?
»Jawohl, Herr Oberstleutnant«, schnarrte er säuerlich und erhob sich.
»Na, na, von Braunlage. Bisschen nervös, was? Also, voran und siegen für Volk und Vaterland!«
Von Braunlage besann sich auf die strenge militärische Disziplin, obwohl er innerlich kochte. Er grüßte noch einmal zackig und wurde mit einem Nicken entlassen.
Was hatte Trixi jetzt schon wieder angestellt?
Und was war mit dieser du Plessis? Verdammt, er hatte der Frau, die mit ihr zusammen war, dieser Emmalou, ein Interview gegeben. Was hatte er ihr verraten? Wer hatte die auf ihn angesetzt? Die hatte auch Thalheimer in die Zange genommen. Wo war die jetzt?
Frauen. Frauen waren auch alle Verräterinnen.
62. IM ADLON
Just tea for two,
and two for tea.
Irving Caesar
D er Zug lief pünktlich im Bahnhof Potsdamer Platz ein, und ich fand auch gleich Anschluss mit der Elektrischen, die mich zur Uhlandstraße bringen würde. Kurz nach vier stand ich vor dem Haus der du Plessis’, und das Hausmädchen ließ mich ein.
»Fräulein Emmalou, alle sind fort. Nach Olpe, Fräulein, wo doch Fräulein Geraldine liegt«, jammerte sie.
»Schon gut, Rieke. Ich bleibe nicht lange. Macht meinetwegen keine Umstände.«
»Aber Fräulein …«
»Ich packe meine Sachen, und dann ziehe ich in ein Hotel.«
Ich ließ das neugierige Mädchen stehen und begab mich gleich in mein Zimmer. Im Grunde war ich heilfroh, dass ich Jürgen und Lioba du Plessis nicht treffen musste. Zu viel Bitterkeit hatte sich in mir aufgestaut. Inzwischen fragte ich mich wirklich, warum sie mich nach dem Krieg eingeladen hatten. War es nur eine höfliche Geste der Frau gegenüber gewesen, die fast ihre Schwiegertochter geworden wäre? Hatte ich die Einladung schlicht falsch verstanden? Ich war damals so am Boden zerstört gewesen, dass ich darüber nicht nachgedacht hatte. Vermutlich hatte ich die Familie in eine dumme Zwangslage gebracht, als ich plötzlich mit Sack und Pack vor der Tür stand. Sie mussten gute Miene dazu machen, mich raussetzen konnten sie ja nicht. Gut, das Haus war riesig, es gab ausreichend Personal, und ein Gast mehr oder weniger fiel in dem quirligen Haushalt ohnehin nicht auf. In der ersten Zeit war ich auch zu betäubt gewesen, um etwaige Hinweise, ich möge mich verdrücken, wahrzunehmen. Später hatten wir uns offenbar aneinander gewöhnt, und als ich meine Anstellung im Bunten Blatt erhalten hatte, hatte ich auch darauf bestanden, ein Kostgeld zu zahlen.
Es war trotzdem ein Fehler gewesen, das war mir inzwischen klar geworden. Geraldine hatte mich gehasst. Aber sie hatte weder diesen Hass noch ihre ungesunde Liebe zu Titus je zeigen dürfen. Beides hatte ihre Seele zerfressen und sie in die Sucht getrieben. Und schließlich in den Selbstmord. Und nicht nur ihr Vater, Jürgen du Plessis, hatte alles darangesetzt, mich scheitern zu lassen. Vielleicht wäre es nicht so weit gekommen, hätte ich mich nicht für die Rallye interessiert und damit Oberst von Braunlage in unser Leben geholt.
Dass der Mann, der ihren Bruder hatte hinrichten lassen, mit einem Mal leibhaftig in unser Leben getreten war, musste der letzte Auslöser für ihren schlummernden Wahn gewesen sein. Rache war ihr einziges Ziel gewesen, wegen dieser Rache hatte sie mich begleitet.
Ich horchte in mich hinein. Hatte ich Mitleid mit ihr?
Ja, ein wenig schon. Der Verlust eines geliebten Menschen, wie verwerflich diese Liebe auch sein mochte, war entsetzlich schmerzhaft.
Konnte ich ihr verzeihen, dass sie mich betrogen und verraten hatte?
Nein, noch nicht.
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