Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Möglicherweise konnte ich sie zumindest verstehen. Aber es würde noch einige Zeit brauchen, und im Augenblick war ich mir nicht sicher, ob ich jemals jemanden aus dieser Familie wiedersehen wollte.
Meine Sachen waren schnell gepackt. Ich hatte nur meine Kleider in die vorhandenen Schränke und Laden geräumt, persönliche Dinge, so stellte ich beim Packen fest, hatte ich in den vergangenen Jahren nicht angehäuft. Gut, die Bibliothek im Haus war umfangreich, Geraldines Schellackplatten-Sammlung ließ kaum Wünsche offen, das Zimmer, in dem ich gewohnt hatte, war mit allem ausgestattet, sogar mit viel zu viel Nippes, und die beiden Bilder von Annalisa und meinen Eltern in ihren Silberrahmen ließen sich problemlos unter Pullovern und Strümpfen verstauen.
»Fräulein Emmalou!«
Schon wieder das Mädchen.
»Ja, was ist?«
»Frau Jordan hat ein paarmal angerufen, Fräulein Emmalou. Sie bittet dringend um Ihren Rückruf.«
Berte, nun ja, sie war gewiss neugierig, denn sie hatte mich ja auf diese Rallye aufmerksam gemacht. Vielleicht gar keine schlechte Idee, sich mit ihr zu unterhalten. Möglicherweise hatte sie doch noch mitbekommen, was sich in der Redaktion getan hatte. Wenn ich am Montag dort vorsprach, konnte es recht nützlich sein zu wissen, wie die Stimmungslage war.
»Stellen Sie ein Gespräch her, Rieke«, gab ich dem Mädchen zur Aufgabe. Sie knickste und begab sich zum Telefon.
Zwei große Taschen und ein Koffer waren gefüllt, damit war erst einmal alles erledigt. In eine kleinere Tasche packte ich, was ich für ein, zwei Übernachtungen brauchte. Die wollte ich mitnehmen, das restliche Gepäck würde hier bis Dienstag stehen bleiben können. Dann würde ich entweder jemanden mit einem Automobil finden, der es zum Bahnhof fuhr, oder ich würde eine Droschke mieten.
»Ihr Gespräch, Fräulein Emmalou!«
Ich ging zum Telefonapparat und meldete mich.
»Emmalou, wie geht es dir?«
»Vermutlich besser als vor einer Woche.«
»Hast du eine Stunde Zeit, um mich zu besuchen?«
»Ich müsste so gegen sechs im Adlon sein.«
»Wir können uns auch dort treffen. In einer Stunde im Wintergarten.«
»Also gut. Bis nachher.«
Ich machte mich auf die Schnelle noch etwas frisch und zog mich um: Faltenrock, Bluse und Pullover, flache Schuhe. Eine passende dunkelblaue Filzglocke, Trenchcoat. Die effiziente Emmalou, die ihren neuen Weg beschritt.
Mit der Stadtbahn diesmal.
Das Adlon war noch ein wenig prächtiger als das Dom-Hotel . Und einen Augenblick lang flog mich der Gedanke an, dass Fritz diese Pracht und Herrlichkeit erschlagen würde. Hoffentlich nahm Will ihn unter seine Fittiche. Ein freundlicher Page führte mich zum Wintergarten, dort wurde ich von einem ebenso freundlichen Kellner zu Berte an den Tisch geleitet.
Sie sah erholt aus, hatte eine neue Frisur und eine leuchtend rote Seidenrose an ihr graues Kostüm gesteckt.
»Es war anstrengend, Emmalou?«
So viel zu meinem Aussehen.
»Abenteuerlich. Und vermutlich in vielerlei Hinsicht das Ende meiner Karriere.«
Ihre gezupfte Augenbraue hob sich.
»Tee, Petit Fours, einen trockenen Sherry. Dabei solltest du einen ungeschminkten Bericht liefern können. Dazu bist du hoffentlich noch in der Lage.«
»In zweihundert Worten, ja.«
Ich ließ mir den blassgelben Darjeeling einschenken, wählte ein Schokoladenküchelchen und berichtete über die Höhe- und Tiefpunkte in kürzestem Nachrichtenstil. Sie hörte schweigend zu und machte dann aus meinem Bericht die Schlagzeilen.
»Tote und Vermisste sind wieder aufgetaucht, Geraldine wurde fast zur Mörderin und hat sich selbst gerichtet, du bist vom Himmel gefallen und hast dir einen gefährlichen Feind geschaffen – keine schlechte Ausbeute.« In Zusammenfassungen war Berte schon immer gut. Sie fügte aber nun hinzu: »Schade, dass man dir auch hier Steine in den Weg geworfen hat. Ich fürchte, Jürgen du Plessis ist das hinterhältige Schwein, das einen Teil dieser Tragödie inszeniert hat. Ich habe letzte Woche noch einmal die Redaktion aufgesucht, um meine Papiere abzuholen. Dabei sind mir einige Gerüchte zu Ohren gekommen. Wie es scheint, hat du Plessis dem Herausgeber nahegelegt, dich auf diese verrückte Tour zu schicken, um dir anschließend zu beweisen, dass du unfähig bist, eine derartige Berichterstattung durchzuführen. Gleichzeitig hat Koch eine neue Redakteurin für den Frauenteil eingestellt, die eher seinen Heimchen-am-Herd-Artikeln gerecht wird.«
»Das habe ich mir schon fast
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