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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Gespräch mit den Amerikanern hatte Mac merklich aufgebaut.
    Tags darauf befanden sie sich wieder auf dem Rückweg nach Paris. Sie hatten dazu diesmal zwei Plätze im Nachtzug reserviert. Die Alternative wäre gewesen, in Köln in einem Hotel zu übernachten und am nächsten Tag weiter nach Paris zu fahren. So aber würde die Bahnreise von Berlin bis in die französische Hauptstadt mit allen Zwischenhalten nur gut sechzehn Stunden dauern. Die ersten sieben davon fuhr der Zug durch die Nacht.
    Das Zweite-Klasse-Abteil bot Mac und Hans zwei schmale, übereinanderliegende Betten, die tagsüber zu einer Sitzbank zusammengeklappt waren. Sie legten ihre Taschen auf den Polstern ab und schlossen die Tür hinter sich. Mac schob das Fenster bis zur Hälfte hinunter, um die stickige Wärme entweichen zu lassen, und schaute hinaus. Bis ihre Fahrt beginnen würde, war noch eine halbe Stunde Zeit. Auf dem Perron ging es lebhaft zu, Reisende eilten zum Schnellzug nach Wien auf dem Nachbargleis, Gepäckträger kämpften sich mit Koffern und Hutschachteln ab, ein Schaffner ließ seine Trillerpfeife erklingen. Mac schloss hastig das Fenster, denn Rußwolken entströmten der mächtigen Dampflok, die roten Pleuelstangen nahmen ihre Arbeit auf, und die Waggons rollten langsam aus der Halle.
    »Das ist schon eine bemerkenswerte Demonstration großer Kraft«, sagte Hans leise. »Eintausendzweihundert Pferdestärken.«
    »Aber ein Auto ist weit flexibler. Die Zukunft wird zeigen, ob Kraft oder Wendigkeit siegt.«
    Eine Dame in einem hellen Kostüm, einen rundlichen Herrn im Schlepptau, kam mit eiligen Trippelschritten angelaufen, ein behäbiger Gepäckträger mit einem Kofferberg folgte ihnen. Der Herr fuhr ihn ungehalten an, die Dame erklomm die Trittstufen des Waggons. Zwei ältere Damen führten je zwei flauschige weiße Pudel an der Leine, die vor dem Stahlkoloss offensichtlich eine Höllenangst hatten. Heulend und kläffend standen sie vor der Tür und mussten von dem unwilligen Schaffner einzeln hineingetragen werden.
    Mac wandte sich von der Szenerie ab und räumte seine Tasche aus.
    »Oben oder unten?«
    Hans zog eine Münze aus der Börse.
    »Kopf oder Zahl?«
    Kopf gewann, und Mac nickte zufrieden. Die untere Koje war ihm lieber.
    Auf dem Gang war Gepolter zu hören, Türen klappten, die Trillerpfeife ertönte, und mit einem Ruck setzte sich der Zug in Bewegung. Langsam, dann immer schneller zog das Bahnhofsinnere an ihnen vorbei, öffnete sich die Halle zu den Gleisanlagen unter freiem Himmel, glitten Häuser und Alleen an ihnen vorbei. Die Dämmerung war herabgesunken, Straßenlaternen leuchteten, Scheinwerfer von Autos huschten vorüber, hinter Fenstern ging das Licht an.
    »Gehen wir in den Speisewagen«, schlug Mac vor.
    »Geh alleine, ich hab mir Brote eingepackt.«
    »Mensch, Hans …«
    »Es schickt sich nicht, dass ich mit Ihnen speise, Sir.«
    Mac rollte mit den Augen. Aber Hans hatte recht. Er war Alasdair MacAlan, Hans sein Diener. Zumindest in der Öffentlichkeit.
    Der Speisewagen überraschte ihn mit seiner luxuriösen Ausstattung. Weiß gedeckte Tische, an der einen Waggonseite für vier, an der anderen für zwei Personen, warteten auf die Gäste. Einige hatten sich schon eingefunden, und Mac war froh, dass er aus seinem kleinen Fundus von Bekleidung einen präsentablen Nachmittagsanzug gewählt hatte. Ein Kellner wies ihm einen Platz in Fahrtrichtung zu und reichte ihm die Karte. Angeboten wurde ihm darauf ein fünfgängiges Menü, doch auf Rindfleischbrühe, Forelle, Roastbeef, Wildschwein, Kompott und Käseplatte hatte er keinen Appetit. Der Schlaf während der Zugfahrt würde sowieso nicht besonders tief sein, mit einem schweren Essen wollte er seinen Magen nicht belasten. Zudem schreckte ihn das Brimborium, mit dem die Speisen serviert wurden. Aber auf der zweiten Seite bot man Kleingerichte an, und er bestellte sich eine Käseplatte mit Brot und Butter und dazu ein Glas Bier.
    Immer mehr Reisende betraten den Speisewagen, und an dem Tisch vor ihm nahmen die junge Dame in dem hellen K ostüm und ihr rundlicher Begleiter Platz. Dessen von feinem Wollstoff bedeckten Rücken konnte Mac offen betrachten, das Gesicht der Frau jedoch heimlich bewundern. Sie hatte eine zarte, helle Haut, sodass die rotgoldenen Locken, die unter ihrem Hut hervorquollen, sicher ihre natürliche Haarfarbe zeigten. Ihre Augen hatte sie irgendwie betont, wie Frauen das eben so machten, und sie wirkten dunkel und von Trauer umschattet.

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