Trixie Belden entdeckt das Haus im Moor
nicht
dazugekommen, Bobbys Fahrrad zu reparieren“, fiel Trixie rasch ein. „Ist es
Ihnen recht, wenn ich es mit nach Hause nehme? Klaus kann sich morgen früh
darum kümmern.“
Reger machte ein etwas schuldbewußtes Gesicht. „Donnerwetter, das hatte ich im
Trubel ganz vergessen. Eigentlich widerstrebt es mir ja, ein Versprechen nicht
zu halten, das ich gegeben habe, aber... Hier geht wirklich alles drunter und
drüber. Ich wäre schon ganz froh, wenn du’s wieder mitnehmen würdest, Trixie.
Es steht drüben im Werkzeugschuppen.“
Voller Spannung lief Trixie über den
Hof. Wenn ihre Vermutung stimmte, war Bobbys Fahrrad gar nicht dort im
Schuppen, sondern an einer ganz anderen Stelle. Sie stieß die alte Holztür auf
und sah sich um. Das Fahrrad war verschwunden.
Einen Augenblick lang stand sie
unbeweglich auf der Schwelle. Was sollte sie jetzt tun? Vielleicht war es am
besten, noch einmal nach Martins Brühl zurückzukehren und das Fahrrad zu
untersuchen, das beim „Hexenhaus“ im Gebüsch lag. Wenn es wirklich Bobby gehörte,
würde Lilli rasch gefunden werden.
Trixie sah auf ihre Armbanduhr. In
knapp zwei Stunden war es Zeit zum Abendessen. Konnte sie das schaffen?
Plötzlich hörte sie aus dem Stall erneut Ladys ungeduldiges Gewieher. Das
brachte sie auf eine Idee. Im Sturmschritt kehrte sie zum Stall zurück, wo sich
Reger gerade mit Tom Delanoy , Herrn Willers Chauffeur, unterhielt.
„Ich dachte, du wolltest Bobbys Fahrrad
holen!“ rief ihr Reger entgegen.
„Ach, das kann warten. Ich würde jetzt
viel lieber mit Lady ausreiten. Heute bin ich den ganzen Tag noch nicht
geritten, und ich dachte...“
Reger strahlte. „Fabelhaft, Trixie, das
wäre eine große Hilfe für mich. Aber reite nicht zu schnell, der Boden ist
schlüpfrig vom Regen.“
Mit seiner Hilfe war Lady im
Handumdrehen gesattelt, und es dauerte nicht lange, bis Trixie die Stute in
gemächlichem Trab zum Wald lenkte. Doch kaum war sie außer Sichtweite, trieb
sie Lady stärker an, und sie ritten in vollem Galopp zur Talstraße.
Glücklicherweise herrschte an Samstagnachmittagen nur wenig Verkehr; so
erreichten sie die Stelle, an der die vom Blitz gespaltene Eiche stand,
ungewöhnlich schnell. Von dort aus war es nur noch ein kurzer Ritt zu dem
kleinen weißen Haus.
Das Kinderfahrrad lag noch am gleichen
Platz wie vor Stunden. Trixie stieg vom Pferd, zog das Rad aus dem Gebüsch und
besah es sich genauer. Kein Zweifel — es gehörte ihrem Bruder Bobby!
Nun wußte sie, daß ihre Vermutung
richtig gewesen war: Lilli war heimlich mit dem Fahrrad losgefahren und hatte
wahrscheinlich ihren Pudel in einem Körbchen mitgenommen. Bis hierher war sie
offenbar ohne Unfall gekommen und dann in den schlammigen Graben am Wegrand
gestürzt. Doch wo mochte sie jetzt sein?
„Mal
überlegen“, murmelte Trixie. „Wohin wäre ich gegangen? Hm, ganz einfach —
geradewegs in das weiße Haus, um ins Trockene zu kommen und mich aufzuwärmen.“
Sie band Ladys Zügel an einem Baum fest
und ging entschlossen auf den blühenden Garten zu. Die Pforte quietschte wie am
Vormittag, doch diesmal erschien keine knochige Hand am Fenster. Trixie klopfte
an die Haustür — etwas schüchtern zuerst, dann immer lauter. Doch niemand kam,
um ihr zu öffnen.
Trixies Hoffnung, Lilli hier in
Sicherheit zu finden, schwand. War die Kleine ins Moor gewandert? Sie versuchte
es von neuem und klopfte noch ungestümer. Als alles still blieb, wandte sie
sich ab, ohne zu wissen, was sie tun oder wohin sie gehen sollte. Da hörte sie
plötzlich schrilles Gebell.
Trixie hob den Kopf und lauschte. Sie
war ganz sicher, das Gekläff des Pudels „Schneewittchen“ wiederzuerkennen. Es
klang genau wie am Vortag, als er mit Reddy durch den
Obstgarten jagte. Das Geräusch schien nicht aus dem Innern des weißen Hauses zu
kommen. Es klang nun gedämpfter, doch es gab keinen Zweifel, daß der Hund
irgendwo ganz in der Nähe sein mußte. Trixie ging durch den Garten und stieß
die Tür des alten Stalles auf.
Auf der Schwelle blieb sie stehen. Ihre
Augen gewöhnten sich nur langsam an das Halbdunkel. Es roch nach altem Leder
und staubigem Heu.
„Lilli!“ rief sie. „Bist du hier? Ich
bin’s, Trixie Belden. Ich bin gekommen, um dich heimzubringen.“
Aus den finsteren Winkeln des Stalles
kam keine Antwort. Nur ein dünner Lichtstrahl fiel durch das von Staub und
Spinnweben überzogene Dachfenster. Trixie spürte, wie ihr ein Schauder über den
Rücken kroch, doch sie
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