Trixie Belden entdeckt das Haus im Moor
widerstand der Versuchung, umzukehren und wegzulaufen.
„Lilli!“ rief sie wieder. „Ich weiß,
daß du hier bist! Komm heraus!“
Niemand antwortete. Sie ging tiefer in
den alten Stall hinein. Eine altertümliche Kutsche stand an der Wand, und eine
Leiter, deren unterste Sprosse fehlte, führte zum Heuboden hinauf, wo man die
dunklen Umrisse von Truhen, Koffern und mächtigen Fässern sah.
Plötzlich hörte Trixie ein leichtes
Rascheln in einer der Pferdeboxen. Sie ging auf Zehenspitzen hinüber und
streckte den Kopf über den Bretterverschlag in der Erwartung, Lilli und ihren Hund
dort versteckt zu finden. Statt dessen erhob sich
etwas Weißes aus dem Heu und flog ihr mit wildem Geflatter entgegen. Trixie
stieß einen Schrei aus und duckte sich, als eine Legehenne laut gackernd über
sie hinwegflog und irgendwo in den Dachsparren Zuflucht
suchte.
Trixie erwartete, ein Kichern zu hören,
doch nichts rührte sich. Plötzlich verspürte sie eine unbestimmte Furcht.
Vielleicht hatte sich Lilli ernstlich verletzt, als sie vom Rad gestürzt war.
Womöglich war die alte Frau fortgegangen, um einen Arzt zu holen — das hätte
auch erklärt, weshalb niemand auf ihr Klopfen antwortete.
Unvermittelt beschloß Trixie, ins Haus
zu gehen und sich umzusehen. Sie wandte sich ab, kehrte hastig ins Freie zurück
und schloß das Tor hinter sich. Dann ging sie zum Haus zurück und trommelte
erneut gegen die Tür. Dabei dachte sie: Ich warte zwei Minuten, und wenn sich
keiner meldet, sehe ich nach, ob sich die Tür öffnen läßt. Zwar ist es
verboten, in anderer Leute Häuser einzudringen, aber
ich habe immerhin einen guten Grund dafür!
Diesmal aber hatte sie kaum angeklopft,
als leichte Schritte im Haus erklangen. Die Tür wurde aufgerissen, und eine
kleine, hagere alte Frau mit weißen Haaren erschien auf der Schwelle. Trixie
erkannte ihr Gesicht sofort wieder — sie hatte es zusammen mit Brigitte vor
wenigen Stunden am Fenster gesehen.
Trixie war einen Moment lang so
erschrocken, daß sie kein Wort hervorbrachte.
Da rief die alte Dame verärgert: „Wer
bist du, und was willst du? Und weshalb polterst du hier gegen meine Tür? Du
hast doch wohl begriffen, daß ich nicht aufmachen wollte! Und was hattest du in
meinem Stall zu suchen?“
„Ich... tut mir leid“, stammelte
Trixie. „Ich suche nach einer Freundin.“
„Meinetwegen, aber nicht hier. Dies ist
ein Privatgrundstück.“
„Es ist ein kleines Mädchen“, sagte
Trixie rasch. „Ein kleines Mädchen mit blonden Locken. Sie spielt auf der
Geige.“
„Ist mir gleich, und wenn sie auf der
Harfe spielt und sie mit sich herumträgt!“ erwiderte die alte Dame barsch. „Sie
ist nicht hiergewesen , und ich erwarte sie auch
nicht. Also verschwinde!“ Damit trat sie zurück und schlug Trixie die Tür vor
der Nase zu.
Trixies Gesicht war rot vor Zorn.
„Danke für die freundliche Aufnahme!“ rief sie, drehte sich um und ging zur
Gartenpforte zurück. Als sie sich vorbeugte, um die Klinke niederzudrücken,
bemerkte sie etwas Glitzerndes im Gras. Ein Stück Glas, dachte sie und hob den
Gegenstand unwillkürlich auf.
Zu ihrer Überraschung war es ein hübsch
geschliffener Bergkristall, der wie ein Edelstein funkelte. Sie ließ ihn auf
ihrer Handfläche hin und her schaukeln und beobachtete mit gerunzelter Stirn,
wie sich das Licht in ihm brach. Hatte sie nicht vor kurzem gleich mehrere
solcher Steine gesehen? Aber wo und in welchem Zusammenhang?
Plötzlich fiel es ihr wieder ein: Das
unechte Diamanthalsband von Lillis Pudel war mit lauter derartigen Steinen
verziert gewesen. Trixie hatte es sofort bemerkt, als der kleine Hund am
vergangenen Tag auf Reddy zulief.
Daß sie diesen Bergkristall
ausgerechnet an dieser Stelle fand, bedeutete, daß Lilli hier im Garten gewesen
sein mußte. Sie konnte also noch immer im Haus bei der seltsamen alten Dame
sein — ganz gleich, was diese auch immer behaupten mochte.
Doch weshalb hatte sie nicht zugegeben,
daß Lilli bei ihr war? Die Sache wurde immer geheimnisvoller.
Trixie wollte unbedingt herausfinden,
ob Lilli wirklich hier war — doch wie? Bestimmt würde die alte Dame ihr nicht
noch einmal öffnen, so sehr sie auch an die Tür hämmerte.
Ausnahmsweise mußte sich Trixie einmal
eingestehen, daß sie allein nicht weiterkam. Sie wußte, daß sie Hilfe brauchte.
Kriegsrat im Klubhaus
Auf dem Heimweg kam Trixie zum Klubhaus
und bemerkte, daß die Tür nur angelehnt war. Da sie den übereifrigen
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