Trixie Belden entdeckt das Haus im Moor
holprigen Weges schlief die kleine Lilli gegen
Ende der Fahrt ein, und Uli trug sie in Fräulein Rachels Haus, um sie nicht
aufzuwecken. Der Pudel folgte ihm dicht auf den Fersen.
„Ach, das arme Lämmchen“, flüsterte
Fräulein Rachel, als sie Lillis blasses kleines Gesicht sah, das im Schlaf
zuckte. „Leg sie hierher aufs Sofa, ich wickle sie in eine Decke.“
Eine Viertelstunde nach ihrer Ankunft
begann es zu regnen. Trixie streckte den Kopf aus dem Fenster. Es wurde rasch
dunkler, und blauschwarze Wolken jagten über den Himmel. „Zum Teufel!“ murmelte
sie. „Hoffentlich ziehen sie ab, und das Wetter klart auf, sonst fällt unsere
Versteigerung buchstäblich ins Wasser.“
Doch statt aufzuhören, verwandelte sich
der leichte Regen bald in eine wahre Sintflut. Sogar Fräulein Rachel, die sich
alle Mühe gegeben hatte, zuversichtlich zu wirken, machte ein
niedergeschlagenes Gesicht. Lilli schlief noch immer, und ihr Pudel hatte sich
zu ihren Füßen zusammengerollt.
Die alte Dame und ihre jungen Helfer
saßen eine Weile schweigend in der Küche und warteten auf Motorengeräusche,
doch kein Wagen näherte sich über den holprigen Pfad. Schließlich sagte Trixie:
„Es ist furchtbar, so untätig herumzusitzen. Können wir denn gar nichts mehr
tun?“
„Ich fürchte, wir haben schon alles
erledigt“, erwiderte Fräulein Rachel seufzend. „Aber wie wär’s, wenn wir die
letzten Kräuter abschneiden, verpacken und etikettieren würden?“ Sie machte ein
trauriges Gesicht. „Ich werde nur noch einen kleinen Teil davon brauchen, aber
ihr könnt sie vielleicht im Unterricht verwenden und den Rest euren Müttern
mitbringen.“
Trotz des strömenden Regens arbeiteten
die „Rotkehlchen“ mit der alten Dame fast eine halbe Stunde im Kräutergarten,
um die restlichen Heilpflanzen einzusammeln. Dann trugen sie ihre Ausbeute in
den Schuppen hinter dem Haus, wo alles in Tüten und Gläser verpackt und
sorgfältig beschriftet wurde.
Plötzlich war es Trixie, als hörte sie
Schneewittchen bellen. Die anderen waren in ihre Arbeit vertieft und hatten
nichts bemerkt. Trixie zog die Kapuze ihres Anoraks über den Kopf und öffnete
die Schuppentür. „Ich sehe mal nach Lilli“, sagte sie hastig. Während sie zum
Haus lief, sah sie sich hoffnungsvoll nach einem Wagen um. Doch kein Käufer war
gekommen, und die Moorlandschaft war von dichten Regenschleiern verhangen.
Als Trixie ins Haus kam und die
Wohnzimmertür leise öffnete, fand sie das Sofa leer. Lilli und ihr kleiner Hund
waren verschwunden — genau wie die Reisetasche, die Uli neben der Tür
abgestellt hatte.
Trixies Schatz
Trixie rannte zur Vordertür und stieß
sie auf. Die kleine weiße Gartenpforte stand offen. Diesen Weg mußte Lilli also
gegangen sein — doch in welche Richtung? Zum Moor oder zur Ruine des
Herrenhauses?
Ich muß sie finden, dachte Trixie
verzweifelt. Entweder will sie nach dem Vermögen von Fräulein Rachels
Urgroßvater suchen, oder sie hofft, den Räuberschatz im Moor zu finden.
Plötzlich war Trixie sicher, daß Lilli auf dem Sofa im Wohnzimmer nicht
wirklich geschlafen hatte. Vermutlich hatte sie nur gewartet, bis alle das Haus
verließen, um sich dann mit ihrer Reisetasche fortzustehlen, in der sie dann
wohl den Schatz unterbringen wollte. Die Vorstellung war traurig und lächerlich
zugleich.
Trixie stürzte blindlings durch den
Garten und zur Pforte. Der Regen strömte mit solcher Gewalt nieder, daß auf der
schmutzigen, aufgeweichten Straße keinerlei Fußspuren mehr zu erkennen waren.
Mit einemmal hörte sie einen Hund
bellen. Das Geräusch kam aus der Richtung, in der die Ruine stand. Trixie
begann zu laufen, so rasch es im peitschenden Regen und den stürmischen
Windböen ging.
Im Wald kam ihr Lillis Hund entgegengerannt — ein durchnäßtes ,
schmutzbespritztes kleines Bündel, das aufgeregt bellte und dann stehenblieb,
sich umdrehte und Trixie offensichtlich veranlassen wollte, ihm zu folgen.
„Schon gut, Schneewittchen, ich komme!“
rief Trixie und lief dem Hund nach, so schnell sie konnte. Der Pudel sprang vor
ihr her durch die Pfützen und hielt nur ein paarmal an, um sich zu vergewissern, daß sie ihm noch immer folgte.
Er führte sie um das alte Herrenhaus
zum Rosengarten, doch dort war keine Spur von Lilli zu sehen. Die Erdhügel, die
die Männer vor wenigen Tagen bei ihrer Schatzsuche aufgehäuft hatten, waren
völlig aufgeweicht. Ein kleiner Strom aus Regenwasser floß zwischen ihnen
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