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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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Wir machen es gemeinsam. Bitte – Vater, lass mich bei dir bleiben. Sag, dass du mir vergibst.« Er schlang die Arme noch fester um sie, und das war die Antwort, die sie brauchte. Sie erwiderte die Umarmung, umfing ihn mit ganzer Seele und empfand eine Erfüllung, die alle Irrungen und Wirrungen ihres Lebens ins Lot zu bringen schien.

KAPITEL 30
    A UGUST, LAUFENDES J AHR . N EW Y ORK C ITY .
Daniel lief ruhelos auf und ab, von einem Ende seines Wohnzimmers zum anderen. Er hatte das Gefühl, dass seine Eingeweide sich selbst auffraßen. Er sah zur Badezimmertür, hinter der Lydia sich frisch machte, emotional erschöpft offenbar nach ihrer Beichte. Und doch hatte sie ihm noch nicht mehr als einen skizzenhaften Überblick gegeben. Wie viele Schichten würden beim Schälen dieser Zwiebel zum Vorschein kommen? Und als wäre er nicht schon verwirrt und angespannt genug, musste er sich nun auch noch Sorgen um sie machen.
    Eine surreale Situation: Er war mit einer Frau liiert, die, ihren Angaben nach, ein Leben führte, das einem der Thriller hätte entnommen sein können, die er im Urlaub las. Ein Leben auf der Flucht vor schattenhaften Gestalten, mithilfe zahlreicher Pässe, zwischendurch Gelegenheitsjobs – für wen? Darüber hatte sie sich nicht näher ausgelassen. Er fragte sich, ob sie wohl schon mal jemanden getötet hatte. Aber diesen Gedanken verdrängte er ganz schnell wieder.

    Sasha betrachtete sich im Badezimmerspiegel. Ihr war weinerlich zumute, Tränen standen ihr in den Augen. Daniels Worte bewegten sie, nicht nur weil sie so unerwartet gekommen waren.
Er liebt mich. Und er sagt, wir werden die Sache gemeinsam durchstehen
. Wie sollte sie nicht gerührt sein, wenn sie so etwas von ihm hörte? Sie hielt den Kopf stolz erhoben.
    Und jetzt war sie sich auch über ihre eigenen Gefühle im Klaren: Sie liebte ihn. Das war, selbstverständlich, der eigentliche Grund gewesen, warum sie nach dem feurigen Abgang aus seinem Wochenendhaus im Anschluss an ihre Entlarvung zu ihm zurückgekommen war. Nicht wegen ihrer Mission, sondern weil sie sich in ihn verliebt hatte. Wie konnte ihr das bisher verborgen geblieben sein? Es war genau das, was sie sich immer gewünscht hatte. Jemand, der sie liebte und den sie wiederliebte, und etwas, an das sie beide glauben konnten.
    Sie holte tief Luft, lehnte sich zurück und genoss die Kühle des Wandheizkörpers, an dem sie sich festhielt, um sich gleichsam zu erden.
Ich liebe ihn.
Nach all den Jahren war es endlich passiert. Aber was konnte, was musste sie tun, um dieses Glück festzuhalten? Es war doch merkwürdig, dass einen das Leben gerade dann von den Füßen holte, wenn man es am wenigstens erwartete. Oh, und was für eine Veränderung das mit sich brachte.
Jetzt ist nichts mehr wie zuvor.
    Sie rief sich den ersten Tag in Riad mit Nafta, ihrer Mitkonkubine, in Erinnerung, als sich das unvorstellbare Leben gerade erst in Umrissen abzeichnete. Kindheitssehnsüchte nach »stürmischer Verliebtheit« und »Wogen der Leidenschaft« – zermalmt und verweht. Jetzt war sie im Begriff, zu dem Geliebten zu gehen, den sie sich selbst erwählt hatte, und ihre Liebe zu ihm loderte heftig auf. Ja, das war die Erfüllung ihrer Träume, die sie an jenem Tag im königlichen Palast vorerst hatte begraben müssen, die aber immer weiter in ihr geschlummert hatten. Die Endsumme ihres Gefühlslebens.
    Sie wusste, was sie zu tun hatte. Ihm alles erzählen und ihn dann entscheiden lassen. Und ihm zeigen, was sie empfand; aufrichtig sein.
    Sie öffnete die Tür, verharrte für einen Moment, um Daniel anzusehen, dann ging sie auf ihn zu.

    Wie ein Boxer, der zwischen den Runden locker bleiben will, war Daniel immer noch am Auf- und Ablaufen, als Lydia aus dem Bad trat. Er wandte sich ihr zu mit der Absicht, ohne Umschweife zur Sache zu kommen, doch ihr Gesichtsausdruck brachte ihn völlig aus dem Konzept.
    Sie stand in der Tür und strahlte ihn an, als wäre sie gerade erwacht am Morgen nach ihrer ersten Liebesnacht. Ihr Blick besaß eine träumerische Weichheit, drückte aber dennoch Klarheit und Vernunft aus. Sie bot ihr typisches Bild, aufrecht stehend, die Schultern durchgedrückt. Die Anmut selbst.
    »Danke, dass ich mich ein bisschen sammeln durfte, Liebling«, sagte sie. »Ich fühle mich schon besser.« Daniel ließ sie auf sich wirken, ihre Körpersprache, ihren Tonfall, ihr Verhalten, alles. Ganz schön abgebrüht, wie sie ihm versicherte, alles sei in Ordnung. Ihn beruhigte,

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