Trojanische Pferde
Aufgabe war, dich kennenzulernen und eine Beziehung anzuknüpfen, Informationen weiterzugeben und vor allem darauf zu achten, ob sich die Hinweise auf terroristische Aktivitäten der al-Mujari verdichten würden.«
Ihr Redefluss sprudelte immer schneller, sie wollte es hinter sich bringen. Währenddessen ließ sie sein Gesicht nicht aus den Augen. Es war eingefroren, wie eine Totenmaske.
»Und das haben sie: Die Terroristen planen, die saudische Regierung zu stürzen, eine fundamentalistische Schiitenherrschaft zu errichten und die westliche Welt von den Ölquellen abzuschneiden. Die Spur ihres Komplotts führt direkt zu dir und deinenKunden. Sie werden sich in die Computersysteme der Industrie einhacken und deren Betriebssoftware manipulieren. Und allem Anschein nach wollen sie als Einfallsfenster vor allem deine Kundenkontakte nutzen. Sicherlich gibt es auch noch andere, vermutlich über andere Investmentberater der Industrie. Ich bin selbst als Computerhackerin tätig, unter dem Pseudonym Alica, um mehr über ihr Vorgehen zu erfahren. Darum habe ich mich auch in deinen Computer eingeschlichen.« Mit bebendem Herzen suchte sie nach einer Reaktion in seinem Gesicht. »Wirst du mir wieder vertrauen können, Daniel? Wirst du uns helfen? Auch ich habe mich in dich verliebt und ich möchte dich nicht verlieren.« Ihre Stimme war ganz dünn geworden. »Es tut mir leid, Liebling, so furchtbar leid.«
Ihre Nerven lagen blank und schienen mit Schmirgelpapier bearbeitet zu werden, aber ihr Verstand war klar. Sie konnten das schaffen, sie beide zusammen. Diese Sache bewältigen und ins Leben finden. Nur noch ein bisschen durchhalten. Sie ergriff Daniels Hände.
Lass ihn nicht entgleiten, nicht jetzt, nicht nach allem, was war.
»Daniel, bitte zweifle nicht an meiner Liebe.« Sie warf sich neben ihn aufs Sofa.
»Psst, sag nichts mehr, lass gut sein«, sagte er.
Sie fühlte seine Arme um sich, sank an seine schwer atmende Brust. Sie wollte ihm sagen, dass sie ihn niemals verlassen würde, blieb aber still. Worte waren jetzt überflüssig, denn sie spürte die Entschiedenheit seiner Umarmung und wurde von einem jubilierenden Gefühl der Vervollständigung beseelt. Es war, als wäre sie unversehens an ein schwer zugängliches Ziel gelangt und die freudige Überraschung hätte sie vollkommen überwältigt, alle Gedanken ausgelöscht und es ihr unmöglich gemacht, ihre Empfindungen auszudrücken. Mit einem Mal war da ein Singen und Klingen in ihrem Innern, das aber weniger zu hören als vielmehr zu fühlen war, in wunderbar kitzelnden Schwingungen, als würde ihre Seele summen. Welch eine Art und Weise, seiner Liebe inne zu werden! Die Suche, das wusste sie mit Gewissheit, war vorbei.
Daniel kostete noch die Erleichterung darüber aus, das verminte Terrain seiner Ängste halbwegs unbeschadet durchquert zu haben. Keine Gefahren drohten mehr von dem Treibgut ihrer stürmischen Vergangenheit, denn diese konnten sie, davon war er überzeugt, hinter sich lassen. Entscheidend war: Er wurde wiedergeliebt. Jetzt ging es nur noch um die gemeinsame Zukunft. Sich zurücklehnend, nahm er Lydias Anblick in sich auf. Sie sah ihn angespannt an, voller Dringlichkeit. Dann, als sie seine Zugewandtheit erkannte, legte sich Freude über ihr Gesicht, und sie war plötzlich wieder die kleine Tänzerin, die er im Partysaal bei Gary und Jonathan kennengelernt hatte. Daniel erlebte sie noch einmal ganz frisch und neu, ihr Lächeln, die Verbindung von Trägheit und Energie. Er konnte es kaum fassen, konnte die Intensität dieser Wahrnehmung kaum ertragen. Doch schon im nächsten Moment schien alles ganz selbstverständlich, ganz anstrengungslos. Er seufzte und hatte ein Gefühl der Vollkommenheit. Nein, nicht Vollkommenheit, so etwas gab es nicht, jedenfalls nicht für ihn, aber diese Frau, die war für ihn, für so lange, wie er sich das verdienen konnte.
Lydia betrachtete ihn mit friedvoll entspanntem Blick, dann sprach sie weiter: »Als mir klar wurde, dass ich dich liebe, war mir, als hätte meine Seele es schon längst gewusst, als wäre die Liebe immer dagewesen, und ich hätte sie nur noch erkennen müssen. Es war nicht vorherbestimmt, dass ich dich finde, aber da unsere Seelen sich einst schon berührt hatten, konntest du uns beiden helfen, unsere Liebe mit Glauben zu nähren und uns das zu lehren, was als Wissen in uns angelegt war.«
Daniel antwortete nicht, fand keine Stimme zum Sprechen, selbst wenn er in der Lage gewesen wäre, die
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