Trojanische Pferde
bleiben. »Dem saudischen Geheimdienst zufolge plant eine islamische Terrororganisation, die sich al-Mujari nennt, die Anbieter von Computerserviceleistungen für die Öl- und Gasindustrie zu infiltrieren und den ganzen Betrieb der Branche zu sabotieren.«
»Sie wollen mir also erzählen, dass Ihre Freundin so eine Art Spionin ist und erfahren hat, dass irgendwelche islamistischen Irren vorhaben, meine Firma zu infiltrieren und die ganze Industrie lahmzulegen?«
Daniel verzichtete auf eine Antwort. Er war bereits dabei, ein paar Schritte weiterzudenken: Was würde Jantzen mit dieser Information anfangen? Wahrscheinlich gar nichts. Wie sollte Daniel seine nächste Unterhaltung mit Stan McDonald von Dresner Technologies angehen? Am besten von Angesicht zu Angesicht.
»Altes Haus, ich glaube, Sie ziehen mit den falschen Tussen durch die Gegend. Sie sollten aufhören, mit Ihrem kleinen Daniel statt mit dem Kopf zu denken, und diesen Hasen abservieren. Wenn ich meine Computerfuzzis mit so einer hirnverbrannten Story zu den Kunden schicke, lassen die mich doch fallen wie eine heiße Kartoffel.«
»Dick, mir ist klar, dass das alles ziemlich schwer zu glauben ist. Aber ich würde es für unverantwortlich halten, wenn Sie es einfach ignorierten.«
Jantzen schwieg für eine Weile. Daniel hörte das Rauschen in der Leitung, die Verbindung bestand also noch. »Okay, ich sag Ihnen, was ich tun werde. Ich setz meinen Spezialisten drauf an, er soll das System überprüfen und gucken, ob sich jemand eingeschlichen hat. Falls er irgendwas findet, lass ich von mir hören. Aber kommen Sie mir nicht noch mal mit diesem Thema, es sei denn, Sie hätten die CIA oder den saudischen König in der Leitung.« Jantzen lachte, dann wurde die Verbindung abgebrochen.
Daniel legte sein Handy auf den Küchentisch, blickte auf und sah Lydia mit dem Rücken an den Tresen gelehnt, beide Hände um die Kante geklammert, die Arme angespannt. Ihre Lippen bildeten eine schmale Linie. »Das lief ja prächtig«, sagte sie.
Daniel zuckte die Achseln. »Ich hätte wahrscheinlich nichts anderes erwarten dürfen.«
»Was machen wir jetzt?«
»Daraus lernen. Wenn ich mit Stan McDonald von Dresner Technologies spreche, werde ich ihm wohl vorschlagen, dass ichnach Houston fliege und ihn besuche. Solche Angelegenheiten sollte man vielleicht lieber persönlich besprechen.«
»Und ohne deine Spionagetussi.«
Daniel lachte, eine willkommene Gelegenheit, Spannung abzulassen. »Das hast du gehört?«
»Wie hätte ich’s vermeiden können, der Mann redet ja mit mindestens neunzig Dezibel.«
»Ja, und man könnte ihn als schwierig charakterisieren.«
Lydia legte den Kopf zur Seite. »Liebling, der Mann ist das, was man allgemein als Arschloch bezeichnet.«
S EPTEMBER, LAUFENDES J AHR . H OUSTON , T EXAS .
Daniel flog am nächsten Morgen nach Houston. Während er im Konferenzraum von Dresner Technologies saß und auf Stan McDonald wartete, ließ er noch einmal die Endlosschleife der Gedanken ablaufen, die ihn im Flugzeug bedrängt hatten. Dick Jantzens Haltung war ja nicht so ganz abwegig. Warum wandten sie sich nicht einfach an die CIA oder das FBI? Etwa deshalb, weil Daniel sich nicht vollkommen sicher war und befürchtete, sich zum Narren zu machen? War er so sehr in Lydia – Sasha – verliebt, dass er bereitwillig in der Blase ihrer Wahnvorstellungen lebte? Warum nicht einfach Jassar anrufen und allen Zweifeln ein Ende machen? Aus Angst, er würde damit demonstrieren, dass er Lydia nicht rückhaltlos vertraute?
Daniel starrte durchs Fenster auf die Bürotürme aus Glas und Stahl, die sich ringsum aus der ausgedörrten Prärie erhoben. Noch war er nicht mit sich ins Reine gekommen, als Stan McDonald den Raum betrat. Daniel begrüßte ihn mit einem festen Händedruck, stellte Augenkontakt her und ging die Zusammenkunft an wie eine beliebige Kundenpräsentation. Zurückhaltend. Die Perspektive des Kunden mitdenken, erwartbare Fragen, auch skeptischer Art, von sich aus ansprechen. Rundum überzeugen.
Eine halbe Stunde später saß Daniel Ellbogen an Ellbogen mit Jim Frederickson, dem für Systemsicherheit zuständigen Vizepräsidentenbei Dresner, an dessen Schreibtisch. Frederickson deutete auf seinen Bildschirm. »Ich kann Ihnen nicht zeigen, wie die Firewall funktioniert. Ich kann Ihnen nur den Ausdruck unserer Sicherheitskontrollen zeigen, eine Liste der versuchten Eingriffe und den Katalog der von uns aufgespürten Viren, Netzwerkwürmern und
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