Trojanische Pferde

griff nach seiner Hand. »Und bisher keine weiteren Zwischenfälle.«
    »Vielleicht kommen wir doch nicht zu spät«, sagte Sasha.
    »Vielleicht. Aber die PeakOil Challenger wirft ein anderes Problem auf, und Tom möchte, dass wir uns darum kümmern, sobald wir bei IR Systems sind. Es geht darum, die logische Bombe zu finden, die auf die Bohranlage angesetzt wurde, und auch dafür ein Gegenmittel zu entwickeln.« Er wandte den Kopf, sein Blick verlor sich im Unbestimmten. »Und selbst wenn wir das hinkriegen, kann es immer noch schlimmer kommen. Wir müssen uns also beeilen.«
    Sasha erschrak, als sie die neu aufflammende Sorge in Daniels Augen sah.

KAPITEL 40
    S EPTEMBER, LAUFENDES J AHR . H OUSTON , T EXAS .
Es war bereits nach fünf Uhr nachmittags, als sie in den Büroräumen von Intelligent Recovery Systems eintrafen. Mit Staunen sah Sasha, wie viele Leiber aus den SUVs hervorquollen. Anscheinend waren fast zwei Dutzend Techniker von CIA und diversen anderen Bundesbehörden an Bord genommen worden, mehr jedenfalls, als sie noch im Flugzeug gesehen hatte. Der Konferenzraum, den sie betraten, war sparsam beleuchtet, wie für eine abendliche Tanzveranstaltung. Sie nahm an, dass Dick Jantzen der Mann war, der in der Mitte des im rechten Winkel vor dem langen Konferenztisch aufgestellten Haupttisches saß. Sein Aufzug war nachgerade lächerlich: pinkfarbene Hose, grünes Golfhemd und Krokodillederschuhe ohne Socken. Sie begegnete Daniels Blick, der mit dem Kopf zu dem Mann hindeutete und nickte. Ja, er war es also. Ein grauhaariger Mann von etwa sechzig saß rechts von Jantzen. Links und rechts flankiert wurden die beiden von je vier weiteren Personen.
    Daniel marschierte ans obere Ende des Konferenztisches, so nahe an die Jantzen-Gruppe heran wie möglich. Ohne Sasha anzusehen, sagte er: »Ist es dir recht, anzufangen?«
    Sie sprach in ihre Handtasche hinein: »Hast du mich schon mal schüchtern erlebt?«
    Er kicherte leise. »Ich glaube, dass wir hier mit deinem Bezug zum Computerterrorismus trumpfen sollten. Du hast Jantzen am Telefon gehört. Leg das Schwergewicht auf den saudischen Geheimdienst, auf die al-Mujari. Trag ordentlich dick auf, Liebste. Der Typ rechts neben ihm ist Stanley Walters, Seniorpartner seiner Anwaltskanzlei.«
    Sasha wartete, bis alle Teilnehmer in dem Raum Platz gefunden hatten, dann erhob sie sich, bevor jemand anderes Gelegenheit hatte, das Wort zu ergreifen.
Okay, jetzt ist Improvisation gefragt.
»Meine Damen und Herren, vielleicht kann ich Sie kurz mit einigen Hintergrundinformationen versorgen. Ich bin Agentin des saudi-arabischen Geheimdienstes und arbeite in dieser Krisensituation mit den zuständigen US-amerikanischen Stellen zusammen. Wir haben es hier, nach inzwischen gesicherten Erkenntnissen, mit einem höchstwahrscheinlich von der al-Mujari geplanten terroristischen Komplott zu tun, mit dem Ziel, die Öl- und Gasindustrie lahmzulegen, im weiteren Verlauf die saudische Regierung zu stürzen und die gesamte Nahostregion zu destabilisieren.«
    Sie sprach Jantzen direkt an. Er machte große Augen und beugte sich zu seinem Anwalt, um ihm etwas zuzuflüstern.
    »Ihre Strategie ist es, die Programme der Softwareanbieter mithilfe von sogenannten Trojanern zu infiltrieren, die ihrerseits sogenannte logische Bomben abwerfen, um Schlüsselprozesse des Öl- und Gasbetriebs zu sabotieren. Die Folgen haben Sie heute bei der Explosion der PeakOil-Challenger-Bohranlage erleben können. Drei weitere logische Bomben wurden bislang in Raffinerieprogrammen gefunden.«
    Walters nickte Jantzen zu und fasste Sasha dann scharf ins Auge, als wollte er sie einschüchtern.
    »Eine davon war allerdings nur ein Ablenkungsmanöver, an dem ich beteiligt war, indem ich mich als Komplizin eines Computerhackers ausgab und den Terroristen Zugang zur Saudi-Aramco-Raffinerie in Dharam verschaffte. Wir fanden die logische Bombe, die sie gelegt hatten, und verständigten daraufhin die CIA. Mit deren Hilfe wurde ein Patch für die logische Bombe entwickelt. Im Rahmen meiner verdeckten Tätigkeit wurde ich darauf aufmerksam, dass in vorderster Linie Intelligent Recovery Systems den Terroristen als Vehikel dienen soll, um deren Abnehmer auf dem Wege routinemäßiger Software-Updates aufs Korn zu nehmen.«
    Walters erhob sich und wollte den Mund aufmachen, doch Sasha gebot ihm mit erhobener Hand Einhalt.
    Sie fuhr fort: »Alle vier bisher aufgefundenen logischen Bomben waren in den Softwarecode von Intelligent