Trojanische Pferde
sich nicht zu schämen.
»Du bist süß.« Sie strich ihm über die Stirn. »Und es ist nicht nur für deinen Vater, auch ich würde mich freuen, wenn du dich auszeichnest. Du hast so ein großes Potenzial.«
Du meine Güte.
Ihre Worte kamen von Herzen, wie sie überrascht feststellte.
Ibrahim küsste ihre Hand. Dann erhob er sich und ging zum Fenster, um es zu öffnen. »Ist dir immer noch kalt? Ich bin am Schmelzen.«
Sasha nickte.
»Nächstes Mal, wenn ich in Paris bin, erinnere mich daran, dass ich dir ein paar Pullover kaufe. Und okay, ich geh nach dem Unterricht zu meinem Vater ins Ministerium.«
Einer kleiner Erfolg, aber immerhin ein Erfolg.
Fünfzehn Minuten später kam er, das Handtuch um die Hüfte geschlungen, aus dem Bad, schritt zielstrebig zum Schreibtisch und begann sich zwei Linien Kokain auszulegen.
»Ibrahim!«, rief Sasha. »Ich kann nicht glauben, dass du das vor deinem Religionsunterricht machst! Und hinterher triffst du deinen Vater im Ministerium! Was um Himmels willen denkst du dir dabei?«
Ibrahim warf ihr einen unwilligen Blick zu, dann beugte er sich vor, um die Linien zu schnupfen.
»Ibrahim! Wie kannst du deinem Vater gegenüber so respektlos sein?«
»Du musst mir nicht erklären, wie ich mit meinem Vater umzugehen habe.«
»Offensichtlich ja doch, wenn du dich so benimmst!«
Er machte zwei Schritte auf sie zu, sein Mund war verzerrt. »Lass gut sein! Forder dein Glück nicht heraus!«
Sasha sprang aus dem Bett und stürmte mit fliegenden Haaren ins Bad.
Sturer Bock
. Sie verhöhnte sich dafür, ihm eben noch so zugetan gewesen zu sein, und eilte unter die Dusche, weil sie sich plötzlich unrein fühlte und sich seinen Geruch vom Körper waschen wollte.
Als sie aus dem Bad kam, hatte sie sich weitgehend beruhigt. Auch Ibrahim schien zur Versöhnung bereit, denn er beobachtete sie mit einem Lächeln, während er letzte Hand an seine Kleidung legte. »Fühlst dich jetzt besser?«
Ihr entging nicht die Herablassung, die in der Unterstellung lag, sie sei diejenige gewesen, die die Beherrschung verloren hätte. »Und du?«
Er lächelte ihr zu. »Komm her.« Sie rührte sich nicht. »Na, komm schon.« Sie ging zu ihm, er zog sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. Als er ihr das Handtuch vom Körper ziehen wollte, gebot sie ihm Einhalt.
»Nicht jetzt«, sagte sie. »Du hast mich wütend gemacht.«
»Tut mir leid. Aber du brauchst nicht meine Polizistin zu sein.«
»Ich mache mir nur Sorgen um dich. Du nimmst immer mehr von dem Zeug, und immer öfter.«
»Ich habe das im Griff«, sagte er.
Sie war nicht davon überzeugt. »Es ist nicht gut für dich, das weißt du selbst.« Sie sah ihm in die Augen. »Du bist zu klug, das nicht zu erkennen. Es untergräbt deinen ganzen Ehrgeiz. Wenn du eine Weile aufhören würdest, könntest du vielleicht besser beurteilen, ob du es im Griff hast.«
Er nickte, dann küsste er sie noch einmal. »Danke«, sagte er. Sie betrachtete seine Pupillen, bevor er sich zum Gehen wandte.Sie waren geweitet. Mit Bedauern sah sie voraus, dass Jassar es bemerken würde. Vorausgesetzt, Ibrahim würde sich überhaupt im Ministerium blicken lassen. Trotz aller Frustration musste sie sich eingestehen, dass sie sich Sorgen um ihren Liebhaber machte. Was konnte sie tun, um ihn zu überzeugen?
Für die Party am Abend hatte Sasha ein Abendkleid angezogen. Sie fühlte sich weder träge noch apathisch, sondern einfach ruhig, sicher, ein bisschen, als wäre der Palast ihr höchsteigenes Revier. So seltsam es war, gab sie sich diesem Gefühl doch ganz hin. Vielleicht hatte es mit der erhöhten Aufmerksamkeit zu tun, mit der Ibrahim sie in letzter Zeit bedachte, ungeachtet seiner scharfen Worte am Nachmittag. Und ihre Zuversicht wuchs, dass er sich mehr in die Arbeit seines Vaters einklinken würde. Vielleicht, wer wollte das ausschließen, entwickelte er ja sogar noch ein echtes Interesse für Politik.
Sasha folgte der Musik durch den Flur zum Ballsaal, ließ ihre Sandalen auf den Marmorfußboden klatschen. Zwei der allgegenwärtigen Königsgardisten in Uniform hatten zu beiden Seiten der Doppeltür Aufstellung genommen, assistiert von einem Pagenmädchen in weiß und gold betresster Tracht.
»Miss Sasha.« Das Mädchen öffnete ihr die Tür.
Strahlendes Licht, ein mächtiger Klangteppich, Düfte von Blumen und Parfüm und Eleganz. Der kreisförmige Ballsaal hatte einen Durchmesser von etwa fünfundzwanzig Metern und erhob sich mindestens zwanzig Meter
Weitere Kostenlose Bücher