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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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was sie da taten, aber versuchen wollte, die Situation zu entschärfen. »Wissen Sie nicht, dass dieser Mann ein Mitglied der saudischen Königsfamilie ist? Er genießt diplomatische Immunität!«
    Ibrahim drehte sich zu ihr um, sein Blick ruhig und gelassen, als leuchtete ihm das, was sie sagte, völlig ein.
    »Halten Sie Abstand. Sonst nehmen wir Sie auch fest«, sagte der kleine Mann, der die Hand bereits an der Türklinke hatte. Der Bullige nahm Ibrahim am Arm und führte ihn zum Ausgang.
    Sasha bekam es mit der Angst zu tun. Eilig schnappte sie sich ihre Handtasche. »Ich gehe mit ihm!«, erklärte sie. Warum in Gottes Namen war Ibrahim so ruhig, rätselte sie. Wen konnte sie verständigen, wenn sie ihn tatsächlich einbuchteten?
    »Nicht, wenn Sie nicht auch verhaftet werden wollen!«, rief der kleine Mann, schon außer Sichtweite. Sasha rannte die drei Treppen hinunter, während die drei Männer im gläsernen Fahrstuhl nach unten fuhren. Wo würden sie Ibrahim hinbringen? Er war offensichtlich in eine Falle geraten. Sie fühlte, wie ihr Herz gegen die Rippen schlug, und fragte sich, wie in Frankreich mit Drogendelinquenten – herrje, das klang irgendwie nach amerikanischem Fernsehen – umgesprungen wurde, und dann,
Oh, meinGott,
was war überhaupt mit Saudi-Arabien, wo der Gebrauch von Drogen nicht nur gegen das Gesetz, sondern auch gegen die Religion verstieß? Sie erreichte die Lobby nur wenige Sekunden nach den Männern und folgte ihnen, unbekümmert um die Blicke des Hotelpersonals, durch die Ausgangstür.
    Als sie in die kalte Abendluft hinaustrat, bereute sie, ihren Mantel zurückgelassen zu haben, sprang in ein Taxi und sprach, als das Polizeiauto sich in den Verkehr einfädelte, tatsächlich die Worte aus: »Folgen Sie diesem Wagen.«
    Der Streifenwagen setzte Ibrahim in einer Gasse hinter einer Polizeiwache im Zweiten Arrondissement ab. Sasha war gezwungen, die Wache durch den Vordereingang zu betreten, nachdem ein Gendarm dem Taxi die Einfahrt in die Gasse verwehrt hatte.
    Das Innere der Polizeiwache präsentierte sich grell: Neonbeleuchtung, ein gelblich glänzender Anstrich auf nackten Betonwänden. Die folgenden Stunden durchlitt sie Höllenqualen, wälzte in Gedanken immer wieder die Frage, wie Jassar darüber denken würde, was er tun würde und wie sie es ihm überhaupt beibringen sollte. Und worin war Ibrahim da verwickelt? Handelte es sich nur um eine »normale« Polizeiaktion gegen den Drogenhandel oder war er gezielt in die Falle gelockt worden, um die Saudis in Verlegenheit zu bringen? Sie hatte keine Vorstellung, wie sie ihn hier rausholen, geschweige denn, die zu erwartenden Folgen unter Kontrolle halten sollte.
    Sie bat darum, Ibrahim sehen zu dürfen. Nein. Noch einmal. Jetzt noch nicht. Was war zu tun? Sie zwang sich, ruhig nachzudenken. Sie kannte einen Richter, einen Freund Christinas, aber wie war noch mal dessen Name? Dann stand ihr wieder Jassar vor Augen, sein abwechselnd trauernder und zornentflammter Blick. Wie sollte sie ihm das erklären?
    Drei Stunden jetzt schon.
Wieder bat sie um Zugang zu Ibrahim. Später. Jetzt quälte sie die Sorge um ihn – wie er sich wohl fühlte? Sie spürte, wie alle Kraft durch ein Vakuum im Magen aus ihr herausfloss, dann wurde sie von dem verzehrenden Wunsch gepackt, ihn in den Arm zu nehmen. Sie wollte ihm sagen, wie sehr er ihram Herzen lag, wie sehr sie ihn … äh, was? Liebte? Was für ein Moment, was für ein Ort, sich diese Frage zu stellen. Das musste auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, wenn sie sich besser konzentrieren konnte und ihr Kopf nicht so wehtat. Ihre Gedanken aber ließen sich nicht abstellen. Was empfand Ibrahim eigentlich wirklich für sie? Er hatte es ihr nie gesagt, dass er sie liebte. Begehren, ja gewiss, aber …?
    »Mademoiselle Del Mira«, bellte der dickbäuchige Sergeant schließlich von seinem Schreibtisch aus. Sasha näherte sich ihm. Er deutete mit dem Kopf auf eine Tür, in der ein junger Beamter stand. »Nur zehn Minuten.« Sasha ging auf die Tür zu, ihr Mund war knochentrocken.
    »Sie werden sich durchsuchen lassen müssen.« Der Beamte musterte ihre Handtasche, dann ihren Körper.
    Sie sah ihm fest in die Augen. »Das wird wohl kaum nötig sein«, sagte sie. Der Mann nickte und führte sie durch den Flur zu einem Raum, vor dessen Tür er stehen blieb, um sie eintreten zu lassen. Drei Stühle und ein Tisch. Eine Glaswand, der klassische Einwegspiegel. Eine zerknüllte Zeitung auf dem

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