Trojanische Pferde
war sie vor acht Monaten hier gewesen, nur wenige Wochen, bevor Jassar in die Schweiz gekommen war, um sein Angebot zu unterbreiten. Sie spielte probehalber ein paar der Wiedersehensgespräche im Kopf durch. Dir geht’s also gut. Und Christina? Verjubelt ihr Millionenhonorar. Und was hast
du
so getrieben? Och, im Großen und Ganzen hab ich nur im saudischen Königspalast herumgelegen. Und wie ist das so? Besser, als wenn einem jemand mit einem kalten Fisch ins Gesicht schlägt.
Nein, das kam nicht infrage. Sie hatte sich in ihrem ganzen Leben noch nie für etwas geschämt. Warum jetzt damit anfangen? Wenn die Leute, die sie kannte, damit nicht klarkamen, war das deren Problem.
Blick nach vorn und wart ab, was als Nächstes kommt
. Außerdem hatte das, was sie machte, auch nicht mehr mit Geld und Käuflichkeit zu tun als das, was in vielen Ehen und weniger heiligen Beziehungen vor sich ging, die sie in Christinas Kreisen unter den Baronen, Salonlöwen, Prätendenten und Snobs beobachtet hatte. Trophäenfrau. Konkubine. Wo war der Unterschied?
Während Ibrahim mit den Anmeldeformalitäten beschäftigt war, bewunderte Sasha die vertrauten blank polierten Marmor-und Messingflächen in der Lobby des Hotels Le Bristol. Es würde ein schöner Aufenthalt werden, dachte sie. Irgendwie hatte sie das Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Nicht unbedingt im Le Bristol, obwohl sie hier immer wieder abgestiegen waren, so lange sie zurückdenken konnte, aber in Paris an sich. Sie erblickte Renee,einen der frostigen Portiers, der aber stets lächelnd dahingeschmolzen war, wenn sie als kleines Mädchen auf ihn zustürmte, um ihm brühwarm zu erzählen, was sie zum Frühstück gegessen hatte, oder ihn zu fragen, wo denn all die Servierwagen die Nacht über blieben. Jetzt wäre sie gern zu ihm hingelaufen, um ihn noch einmal wie damals zu umarmen, doch allein der Gedanke daran machte ihr bewusst, wie fern die Welt, die sie hinter sich gelassen hatte, inzwischen war.
In der Suite angelangt, packte Sasha ihren Reisekoffer aus und summte eine indische Melodie dazu. Jetzt merkte sie erst, wie müde sie war. Doch als sie ihr Negligé aus dem Koffer zog, spürte sie ihr Verlangen nach Ibrahim und bekam einen Energieschub. Bislang war er der Gefährte gewesen, den sie sich erhofft hatte. Nüchtern, würdevoll und verbindlich, wenn auch schwer zu durchschauen. Ein bisschen Mysterium war aber okay. Sogar sexy. Sie hörte ihn im Wohnzimmer der Suite telefonieren, auf Französisch. Er nannte jemandem ihre Zimmernummer und legte dann auf.
»Was beim Zimmerservice bestellt?«, fragte sie.
»Nein. Eine kleine geschäftliche Sache.«
Sasha spürte ein Ziehen im Magen. Was war da los? Sein Tonfall gab zu erkennen, dass er nicht die Absicht hatte, sich näher zu äußern. Sie wandte sich von ihrem Koffer ab und überlegte, wie sie nachfragen konnte, ohne dass er, der gerade wieder an ihr vorbei Richtung Wohnzimmer eilte, explodierte. »Irgendwas, wo ich mich nützlich machen kann?«, versuchte sie sich an einem unbeschwerten Ton, musste aber feststellen, dass es ihr nicht gegeben war, fröhliche Lässigkeit überzeugend rüberzubringen.
»Nein, ich komme klar«, säuselte er zurück und zeigte ihr, wie es gemacht wird, wenn auch in einem Ton, der für Sashas Geschmack einen Hauch zu viel Herablassung anklingen ließ. Jetzt waren ihre Antennen ausgefahren.
Will er Drogen kaufen?
Es klopfte. Von der Schlafzimmertür aus sah sie, wie zwei Männer die Suite betraten. Sie begutachtete sie skeptisch. Der eine, der wie ein hohlwangiger Dealer aussah, wandte schuldbewusst denBlick ab. Helle Empörung kochte in ihr hoch, und ihr wurde bewusst, dass sie noch nie eine von Ibrahims Drogenkäufen miterlebt hatte. Noch nie hatte sie sich gefragt, woher er das Zeug bezog.
Der Großteil der Transaktion war ihren Blicken entzogen, da Ibrahim sich mit dem Rücken zu ihr aufgestellt hatte, die Schultern hochgezogen, als würden ihm Sashas Blicke die Haut versengen. Ein Bündel Geldscheine wanderte aus seiner Tasche in die Hand seines Gegenübers, und das war’s.
Dann war es das aber doch nicht, denn es geschah etwas Seltsames. Der andere Mann, größer und kräftiger, zog etwas Glänzendes – Handschellen! – aus der Tasche, legte sie blitzschnell um Ibrahims Handgelenke und erklärte, den melodramatischen Effekt auskostend, in seinem kehligen Pariser Französisch: »Sie sind hiermit verhaftet.«
»Was tun Sie da?«, rief Sasha, die vollkommen begriff,
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