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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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ich stinke immer so?“
    Ich konnte mich nicht beherrschen und lachte laut los. Ich fand den Witz so gut, dass ich gar nicht aufhören konnte. Erst nach einer Zeit erfasste ich Elishas Blick. Eisig flüsterte sie: „Du hast ihm das von Ralf erzählt!“
    „Von Ralf? Was hat der damit zu tun?“ fragte ich entgeistert. Dann fiel es mir ein. Der Knofi-Sex!
    „Keine Spur, Elisha!“ sagte ich. „Das war jetzt echter Zufall! Lach doch mit – der Witz ist es wert!“
    Aber Elisha war in einer grässlichen Laune, sie warf mir einen undefinierbaren Blick zu und ließ die Perlen ihrer Holzkette durch die Finger gleiten. Ihre Kiefer mahlten aufeinander, als sie verbissen, Perle für Perle ihr Mantra wiederholte.
    Ich seufzte. Inzwischen wusste ich um die Kraft der Mantren, aber ob das Sinn machte, wenn sie es in dieser Geisteshaltung wiederholte, stellte ich in Frage. Ich hoffte trotzdem, dass es sie beruhigte. 
    Zwanzig Minuten später schlugen wir an der vereinbarten Adresse auf. Ein Reihenhaus mit kleinem Gärtchen und einer Garage, über deren Front sich ein Riesenbanner spannte. Darauf war eine Gruppe von Engeln zu sehen, die um einen weiteren Engel herumtanzte, der wiederum vom Erzengel Gabriel gesegnet wurde.
    „Oh, mein Gott, ich fass es nicht“, sagte Rob, als er ausstieg. Überall standen Engelsfiguren und Buddhas in allen möglichen Variationen, Traumfänger baumelten an der Haustür, die Fensterbretter strotzen vor Elfen, Gnomen, Drachen, Gargoyles und Amuletten. Die Außenfront des Hauses war dekoriert bis zum letzten Dachziegel, aber Rob schaute gar nicht auf diesen Kram, sondern auf das Banner, vornehmlich auf das Gesicht des mittigen Engels.
    „Sag bitte nicht, dass sie das ist“, raunte er mir zu und wirkte überzeugend unglücklich. In diesem Moment ging die Tür auf und Adelgunde kam heraus. Im Nachthemd. Oder so etwas Ähnlichem zumindest. Sie war es. Der Engel in der Mitte. Dauergewellt, selig, die Arme nach uns ausstreckend, ein süßes Lächeln im Gesicht, kam sie auf uns zugeschwebt, umarmte jeden von uns mit einem göttlichen Seufzer.
    „Die Zeit ist gekommen!“, trällerte sie mit ersterbender Stimme. „Die Zeit ist gekommen!“
    Unter glücklichen Seufzern wedelte sie uns ins Haus, aus dem Sphärenklänge schallten, während ihre Hände Mudras und Segensgebärden verteilten. Robs Mund stand permanent offen. Elisha aber sah sich entzückt um, was Adelgunde äußerst erfreute und sie sofort zu ihrem auserwählten Opfer machte. Ich wechselte mit Rob einen vorsichtigen Blick.
    Wir hatten gedacht, in vier Stunden wäre der Käse gegessen, aber Adelgunde machte uns einen gehörigen Strich durch unsere profane Rechnung. Sie wolle einen Film über sich, der jeden Rahmen sprenge und ihre, wie sie sagte, „sinnlichen“ Fähigkeiten offenbare.
    „Sie meinen sicher sensitiv“, korrigierte Elisha sanft und sah sie unsicher an. Wie auch immer, sagte die Dame. Sie müsse uns zunächst die fantastische Geschichte kundtun, wie sie diese sinnlichen Fähigkeiten entdeckt und Gott zu ihr gesprochen habe:
    „Begreift“, sang sie. „welch Wunder sich in diesen Wänden abspielte! Ach!“ Ergriffen fasste sie sich ans Herz, sank halb auf den Sessel, mit erhobenen, verzückten Augen, einen kontrollierenden Blick in den Spiegel gegenüber werfend. Fasziniert sog sie sich fest an ihrem eigenen Bild, begutachtete ihre Pose und schloss dann kurz die Augen.
    „Ich beginne nun die Geschichte der Adelgunde zu erzählen“, säuselte sie. Dann stoppte sie abrupt, machte die Augen auf und sagte, deutlich weniger säuselnd: „Könnt ihr das nicht gleich aufnehmen?“
    Unsanft aus unserer Lähmung gerissen, kamen wir nur langsam in Bewegung. „Ähm... berichten Sie doch erst mal“, räusperte sich Rob. „Wenn wir Ihre Story kennen, können wir Sie vielleicht hernach noch besser in Szene setzen“.
    Adelgunde lächelte zufrieden, postierte sich erneut in ihre schmachtende Stellung.
    „Mein Bekannter“, erzählte sie und verdrehte in Verzückung die Augen nach oben, „hatte Schulterprobleme. Jahrelang. Er kam einmal in der Woche zu mir zum Kaffeetrinken. ‚Adelgunde’, sagte er immer. ‚Ich weiß nicht... aber bei dir fühle mich so wohl...’ er hat das genau gespürt! Schon vor mir! Ach, wie blind ich doch war!“
    Entrückt von sich selbst schaute sie wieder in den Spiegel und in ihren Augen schwammen Tränen.
    „Es kam der Tag“, wisperte sie. „dieser Tag. Der Tag. Mein Tag. Da hab ich ihm Kaffee

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