Tropfen im Ozean
versprühten...
Robs Augen brannten vor Wut, er machte einen Schritt auf Ralf zu und deutete mit dem Zeigefinger zur Tür.
„Schau zu, dass du deinen abgemagerten Hintern hier rausbringst“, fauchte er.
Elisha und ich sahen uns ratlos an. Dann ging sie auf Ralf zu und flüsterte ihm was ins Ohr. Er schüttelte den Kopf und setzte sich demonstrativ und mit einem ekelhaft anmaßenden Gesichtsausdruck auf ausgerechnet Robs Bürostuhl.
In diesem Moment stürzte Rob so schnell auf ihn zu, dass mir ein Laut des Schreckens entfuhr. Zeitgleich stürmte J ins Zimmer, genau zwischen die beiden, und ich war noch nie so froh gewesen, ihn zu sehen.
„Hey, Leute!“ schrie er und wedelte mit einem Packen Papier. „Ich hab den Pöhlmann – Auftrag bekommen! Was sagt ihr nun? Da seid ihr platt, was? Der will seine Firma gefilmt haben, seine Frau, seine Kinder, seinen sechzigsten und sein Firmenjubiläum! Ein ganzes Paket! Habt ihr schon die Visagistin? Die hab ich ihm nämlich nach Strich und Faden verkauft! Und was mit der Tontechnik? Das iss jetzt auch wichtig!“
„Tontechnik ist gerade angekommen“, sagte ich hastig und deutete auf Elisha.
„Oh, gut“, sagte J mit zunächst flüchtigem Blick auf Elisha. „Ich hoffe, du kannst was!“ Dann ging sein fassungsloser Blick zurück zu ihr „Ach, du meine Fresse, was hast du denn da an... ist das ein Kartoffelsack?“ fragte er entgeistert. „Also beim Kunden kannste das nich anziehen, das sieht ja voll Scheiße aus. Für die Besprechung heute Abend geht’s mal. Kannst gleich dableiben... und jetzt gibt es erst mal eine Runde Schampus! Yippiiiiiieeeeh!“
Irgendwie hatte Elisha es geschafft, Ralf trotz seiner Drohungen „Wehe, du trinkst das Zeug!“ nach Hause zu schicken und war tatsächlich zur Abendbesprechung geblieben. J hatte ihr ein Glas Sekt in die Hand gedrückt und Elisha, die normalerweise keinen Alkohol anrührte, wollte nicht schon wieder unangenehm auffallen und nahm ein paar vorsichtige Schlucke, was ihr sofort rote, hektische Bäckchen, glänzende Augen und eine gelöste Stimmung bescherte. Sie sah zauberhaft aus.
In dieser Stimmung wandte sie sich Rob zu, lächelte ihn schüchtern an und sagte:
„Rob, tut mir so Leid wegen dem verpatzten Einstieg. Ich hoffe so sehr, dass wir uns verstehen und gut zusammenarbeiten!“
Und auch diese Reaktion war nicht Rob-typisch. Fast war er vor ihr etwas zurückgewichen. Er starrte Elisha an und sein Blick war unergründlich. Langsam nahm er einen Schluck aus der Bierflasche und stellte diese dann bedächtig auf dem Tisch ab, als überlege er, ob er die nächsten Worte sagen sollte oder nicht. Elisha kam sich unterdessen blöd vor, weil er so lange keine Antwort gab. Ihr Lächeln hatte tiefer Unsicherheit Platz gemacht und die Spannung zwischen den beiden war so spürbar, dass die Gespräche im Raum verstummten. Die Stille gab Robs Worten mehr Gewicht, als ihm vielleicht lieb war.
„So ne Esoterik – Tuss im Jute-Outfit hat mir gerade noch gefehlt“, knurrte er. „Ich hoffe, du brennst hier keine Räucherstäbchen ab und vollführst irgendwelche Voodoo-Zauber – aber eines kann ich dir sagen: Wenn dein Bio - Blödel noch einmal hier durch diese Tür kommt, schmeiß ich ihn eigenhändig raus!“
Uff. Keine netten Worte. Elisha war auf die Toilette verschwunden, ich wusste, dass sie weinte. Und ich war mir sicher, Rob wusste das auch. Ich verstand ihn nicht.
Elisha machte einen grandiosen Job. Und sie blieb. Welche Kämpfe sie das zuhause kostete, wollte ich gar nicht erst wissen. Ab und zu erzählte sie mir davon und ich fragte sie regelmäßig, was sie denn an Ralf hielt. Darauf schwieg sie ebenso regelmäßig und ihr Blick richtete sich in die Ferne.
Doch für Rob war Elisha ab diesem Tag sein persönliches Opfer. Immer, wenn sie mit ihrer Japa-Mala, einer Gebetskette, ohne die sie nie ging, an ihm vorbei lief oder mit ihm im Zimmer saß, prasselten seine Witze auf sie herab.
„Ey, Elisha!“ Das war sein Schlachtruf.
Alles Weitere verlief nach Schema X: Wir horchten auf, Elisha drehte die Augen nach oben. Und zack! Los ging’s!
„He Elisha! Kennst du den? Was hat Barack Obama mit einer Intimrasur gemeinsam?“
„Ach, Rob...“
„ ... der Bush iss weg!“
Wenn auch Robs Witze aufgrund Elishas offensichtlichen Fähigkeiten mit der Zeit nicht mehr ganz so bissig klangen und seine angeborene Heiterkeit durchdrang, blieb ihr Verhältnis zueinander gestört. Rob respektierte ihr
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