Trübe Wasser sind kalt
gut zu sehen war. Keine zehn Meter davon entfernt ankerte der dunkelgrüne Aluminiumkahn mit dem langen schwarzen Schlauch, der vom Kompressor wegführte und auf der Passagierseite in einer Ummantelung steckte. Der Boden des Bootes war mit Werkzeugen, Tauchausrüstung und anderen Gegenständen übersät, die, wie ich vermutete, jemand ziemlich nachlässig untersucht hatte. Mir wurde eng ums Herz, denn ich war wütender, als ich nach außen hin zeigen wollte.
»Er ist womöglich einfach ersoffen«, sagte Green gerade. »Beinahe jeder Tauchertod, den ich zu Gesicht bekommen habe, ist durch Ertrinken verursacht worden. Man kann selbst in so seichtem Wasser sterben.«
»Auf jeden Fall finde ich seine Ausrüstung ungewöhnlich.« Ich ignorierte seine Anmaßung in medizinischen Fragen.
Er blickte auf den Kahn, der von der Strömung kaum bewegt wurde. »Eine hookah, ein Niederdrucktauchgerät. Ja ja, das ist hier ungewöhnlich.«
»Lief sie, als das Boot gefunden wurde?«
»Kein Benzin mehr.«
»Was können Sie mir darüber sagen? Eigenbau?«
»Handelsüblich«, sagte er. »Ein 5-PS-Kompressor mit Benzinmotor, der die Außenluft durch einen Niederdruckschlauch ansaugt, der mit einem Stufenregler verbunden ist. Er hätte vier, fünf Stunden unten bleiben können. So lange, wie das Benzin reichte.« Er blickte immer noch von mir weg. »Vier oder fünf Stunden? Wofür? Das würde mir einleuchten, wenn jemand auf Hummer oder Abalonen scharf ist.« Er schwieg.
»Was ist da unten?« fragte ich. »Und sagen Sie jetzt nicht, Bürgerkriegsrelikte, weil wir beide wissen, daß die hier nicht zu finden sind.«
»In Wahrheit ist nicht die Bohne da unten.«
»Aber er hat gedacht, da wäre was«, meinte ich. »Unglücklicherweise hat er sich geirrt. Sehen Sie bloß diese Wolken da. Es wird uns ganz bestimmt erwischen.« Er stellte den Mantelkragen hoch. »Ich nehme an, Sie haben einen Tauchschein.«
»Seit vielen Jahren.«
»Sie werden ihn mir vorzeigen müssen.«
Ich blickte hinüber zu dem Kahn und dem nahegelegenen U-Boot, während ich mich fragte, wie unkooperativ diese Leute wohl noch sein würden.
»Sie müssen ihn bei sich haben, wenn Sie da runtergehen wollen«, sagte er. »Ich dachte, Sie wissen das.«
»Und ich dachte, diese Anlage untersteht nicht dem Militär.«
»Ich kenne die Bestimmungen. Wem sie untersteht, ist nicht maßgeblich.« Er schaute mich an. »Verstehe.« Ich starrte zurück. »Und vermutlich brauche ich eine Genehmigung, wenn ich mein Auto hier auf diesem Kai abstellen will, damit ich meine Tauchausrüstung nicht einen halben Kilometer schleppen muß.«
»Sie brauchen allerdings eine Genehmigung, um auf dem Kai zu parken.«
»Die habe ich aber nicht. Ich habe meine offizielle Zulassung zum Rettungstauchen oder mein Tauchbuch nicht dabei. Und auch nicht meine Bescheinigungen, daß ich in Virginia, Maryland und Florida als Ärztin tätig sein darf.« Ich sprach sehr sanft und leise, und weil er mich nicht aus der Ruhe bringen konnte, wurde er nur um so entschiedener. Er blinzelte ein paarmal, und ich konnte seinen Haß spüren. »Ich werde Sie jetzt ein letztes Mal bitten, mir die Ausübung meines Berufs zu gestatten«, fuhr ich fort. »Es hat hier einen unnatürlichen Todesfall in meinem Zuständigkeitsbereich gegeben. Wenn Sie nicht kooperieren wollen, kann ich gerne die Staatspolizei, de n U.S. Marshal oder das FBI anrufen. Die Wahl überlasse ich Ihnen. In zwanzig Minuten kann ich wahrscheinlich jemanden hierherbekommen. Ich habe mein Handy hier in der Tasche.« Ich klopfte darauf.
»Sie wollen tauchen« -er zuckte mit den Achseln -»dann tun Sie das. Aber Sie werden eine Verzichtserklärung unterschreiben müssen, womit Sie den Anlagenbetreiber von aller Verantwortung freisprechen, sollte Ihnen ein Unglück zustoßen. Und ich bezweifle ernsthaft, daß es hier Formblätter dafür gibt.«
»Verstehe. Jetzt muß ich etwas unterschreiben, was Sie nicht haben.«
»Stimmt.«
»Na fein«, sagte ich. »Dann werde ich für Sie eine Verzichtserklärung aufsetzen.«
»Das müßte ein Anwalt machen, und es ist Feiertag.«
»Ich bin Anwältin und arbeite an Feiertagen.« Seine Kiefer verkrampften sich. Ich wußte, er würde sich nicht mehr mit Formblättern abgeben, da er nun eines bekommen konnte. Wir gingen wieder zurück, und mein Magen zog sich vor Unbehagen zusammen. Ich wollte gar nicht tauchen und mochte auch die Leute nicht, die ich an diesem Tag getroffen hatte. Gewiß hatte ich mich schon
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