Trübe Wasser sind kalt
vorbeifuhr, die bald Virginias biomedizinische Forschungsanstalt beherbergen sollten. Eines Tages würde auch meine Abteilung dorthin verlegt werden.
Einsatzfahrzeuge der Polizei zogen stumm vorbei, und ich hielt an der Ampel beim Marriott hinter einem an. Ich sah, wie der Beamte vor mir sein Innenlicht anknipste und etwas auf eine metallene Schreibunterlage notierte. Er war sehr jung, mit blondem Haar, und griff nach seinem Funkmikro und sprach hinein. Ich konnte die Bewegungen seiner Lippen sehen, als er auf die dunkle Silhouette des kleinen Häuserblocks an der Ecke blickte. Er beendete seinen Funkspruch und trank etwas aus einem Pappbecher, und ich wußte, daß er noch nicht lange bei der Polizei war, weil er seine Umgebung nicht richtig überprüft hatte. Er schien nicht zu merken, daß er beobachtet wurde. Ich fuhr weiter und bog nach links auf die Broad ab, kam an einem Drogeriemarkt und dem alten Kaufhaus Miller & Rhoads vorbei, das seine Pforten für immer geschlossen hatte, als immer weniger Leute in der Innenstadt einkauften. Auf der einen Straßenseite war die gotische Granitfestung des alten Rathauses zu sehen und auf der anderen der Campus des Medizincolleges, der wohl mir vertraut war, aber nicht Danny. Ich bezweifelte, daß er das Skull & Bones kannte, wo medizinisches Personal und Studenten aßen. Ich bezweifelte, daß er gewußt hätte, wo er mein Auto hier hätte abstellen können.
Ich glaubte, er hatte das getan, was jeder gemacht hätte, der sich in einer Stadt nicht richtig auskannte und den teuren Wagen seiner Chefin fuhr. Er wäre geradeaus gefahren und hätte beim ersten anständigen Lokal angehalten, auf das er stieß. Das war vermutlich das Hill Café. Ich kreiste um den Block, wie er es vermutlich getan hatte, und parkte in südlicher Richtung, wo wir seine Tüte mit den Essensresten gefunden hatten. Als ich unter dem herrlichen Magnolienbaum eingeparkt hatte, stieg ich aus und steckte die Pistole in meine Manteltasche. Augenblicklich setzte das Bellen hinter dem Maschendrahtzaun wieder ein. Es mußte ein großer Hund sein, der dort so kläffte, als hätte ich mir schon früher seinen Haß zugezogen. Im oberen Stockwerk des kleinen Hauses seines Herrchens gingen Lichter an. Ich überquerte die Straße und betrat das Café, in dem es wie üblich voll und laut war. Daigo mixte gerade Whiskey Sours und bemerkte mich erst, als ich an der Bar einen Hocker zu mir heranzog.
»Sie sehen aus, als brauchten Sie heute was Starkes, meine Liebe«, sagte sie und ließ eine Orangenscheibe und eine Kirsche in jedes Glas gleiten.
»Das stimmt, aber ich bin im Dienst«, sagte ich. Das Bellen des Hundes hatte aufgehört.
»Das ist das Problem mit Ihnen und dem Captain. Ihr seid immer im Dienst.« Sie winkte einem Kellner.
Er kam her und holte die Drinks, und Daigo machte sich an die nächste Bestellung.
»Kennen Sie den Hund direkt gegenüber? An der 28. Straße?« fragte ich leise.
»Sie müssen Outlaw meinen. Zumindest nenne ich dieses Mistvieh so. Haben Sie 'ne Ahnung, wie viele Gäste der räudige Köter schon verscheucht hat?« Sie blickte mich an, während sie ärgerlich eine Limone aufschnitt. »Wissen Sie, er ist halb Schäferhund, halb Wolf«, fuhr sie fort, bevor ich etwas sagen konnte. »Hat er Sie belästigt oder so?«
»Er bellt nur sehr wild und laut, und ich frage mich, ob er gestern abend, als Danny Webster wegging, auch gebellt hat. Besonders, da wir annehmen, daß er unter dem Magnolienbaum geparkt hat, der auf dem Grundstück steht, wo der Hund ist.«
»Der verdammte Köter bellt die ganze Zeit.«
»Dann erinnern Sie sich also nicht -ich würde auch gar nicht denken…«
Sie schnitt mir das Wort ab, während sie eine Bestellung las und eine Bierflasche öffnete. »Freilich erinnere ich mich. Wie schon gesagt, er bellt die ganze Zeit. War auch bei dem arme n Jungen nicht anders. Outlaw hat, als er ging, wie verrückt gebellt. Dieser verdammte Köter bellt auch den Wind an.«
»Wie war es, bevor Danny ging?« fragte ich. Sie überlegte eine Weile, dann leuchteten ihre Augen auf. »Jetzt, da Sie es erwähnen, glaube ich, der Hund hat am frühen Abend beinahe ständig gebellt. Ich habe sogar irgendeine Bemerkung gemacht, daß es mich in den Wahnsinn treibt, und ich hatte schon halb vor, den Besitzer des verdammten Viehs anzurufen.«
»Wie war es mit anderen Gästen?« fragte ich. »Sind viele Leute hereingekommen, als Danny hier war?«
»Nein.« Sie war sich sicher. »Zunächst
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