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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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falschen Alarm heute waren verschwunden, doch die Totenscheine, die Rose aufgehängt hatte, waren ein gespenstischer Anblick. Ich setzte mich an den Schreibtisch und rief Marino zurück. »Wo zum Teufel steckst du?« sagte er augenblicklich. »Im Büro«, sagte ich und starrte auf die Uhr. »Also ich glaube, das ist der letzte Ort, an dem du dich jetzt aufhalten solltest. Und ich wette, du bist allein. Hast du schon gegessen?«
    »Was soll das heißen, der letzte Ort, an dem ich jetzt sein sollte?«
    »Treffen wir uns, dann werd ich's dir erklären.« Wir verabredeten uns im Linden Row Inn, das in der Innenstadt lag und sehr gemütlich war. Ich ließ mir Zeit, weil Marino auf der anderen Seite des Flusses wohnte, aber er war schnell. Als ich eintraf, saß er bereits an einem Tisch vor dem Kamin. Da er nicht im Dienst war, trank er ein Bier. Der Barkeeper war ein kauziger, älterer Mann mit einer schwarzen Fliege. Er trug gerade einen großen Kübel Eis herein, im Hintergrund erklang Pachelbel. »Was ist los?« sagte ich zu Marino, als ich mich setzte. »Was ist jetzt schon wieder passiert?«
    Er trug ein schwarzes Golfhemd, und sein Bauch drückte gegen den Stoff und schwappte über den Bund seiner Jeans. Der Aschenbecher war bereits mit Kippen übersät, und ich vermutete, das Bier, das er gerade trank, war weder sein erstes noch sein letztes.
    »Möchtest du die Geschichte von deinem falschen Alarm heute nachmittag hören, oder hat sie dir schon jemand erzählt?« Er hob den Krug an die Lippen.
    »Niemand hat mir besonders viel erzählt. Obwohl ich ein Gerücht gehört habe, über Panik vor Radioaktivität oder so«, sagte ich, als der Barkeeper mit Obst und Käse erschien. »Pellegrino mit Limone, bitte«, bestellte ich. »Offenbar ist es mehr als ein Gerücht«, sagte Marino. »Was?« Ich runzelte die Stirn. »Und wieso solltest du mehr über die Vorgänge in meinem Büro wissen als ich?«
    »Weil diese Radioaktivität etwas zu tun hat mit Beweismaterial in einem Mordfall in dieser Stadt.« Er trank noch einen Schluck Bier. »Dem Mord an Danny Webster, genauer gesagt.« Er ließ mir einen Augenblick Zeit, um zu verstehen, was er gesagt hatte, aber ich blieb begriffsstutzig.
    »Willst du damit sagen, daß Dannys Leiche radioaktiv war?« fragte ich, als sei er übergeschnappt.
    »Nein. Aber der Schmutz, den wir aus deinem Auto gesaugt haben, ist es offenbar. Und ich sage dir, die Leute, die da dran waren, haben eine Heidenangst, und ich bin auch nicht glücklich darüber, weil ich auch in deinem Wagen herumgestöbert habe. Das ist so eine Geschichte, mit der ich verdammte Probleme habe, so wie manche Leute mit Spinnen oder Schlangen. Das ist so wie bei den Typen, die in Vietnam Agent Orange abbekommen haben und nun an Krebs sterben.«
    Ich sah ihn ungläubig an. »Du sprichst vom Vordersitz meines schwarzen Mercedes?«
    »Ja, ja, und an deiner Stelle würde ich ihn nicht mehr fahren. Wie willst du wissen, daß dieses Zeug nicht über längere Zeit auch an dich kommt?«
    »Ich fahre das Auto nicht mehr«, sagte ich. »Keine Sorge. Aber wer hat dir gesagt, daß die abgesaugten Partikel radioaktiv waren?«
    »Die Dame mit dem ERM-Dings.«
    »Dem Elektronenrastermikroskop.«
    »Ja, ja. Das hat Uran aufgespürt, was den Geigerzähler ausgelöst hat. Was noch nie vorgekommen ist, wie ich mir habe sagen lassen.«
    »Sicherlich nicht.«
    »Und dann entsteht eine Panik unter den Wachleuten, die gleich am Ende des Flurs sind, wie du weißt.«, fuhr er fort. »Und einer dieser Wachmänner trifft die folgenschwere Entscheidung, das Gebäude zu evakuieren. Bloß als er die Scheibe im roten Kästchen eindrückt und den Hebel umlegt, vergißt er dummerweise, daß damit auch die Sprinkleranlage in Gang gesetzt wird.«
    »Meines Wissens«, sagte ich, »ist sie nie zum Einsatz gekommen. Ich könnte verstehen, daß das jemand vergißt. Er könnte sogar überhaupt nichts davon gewußt haben.« Ich dachte an den Betriebsleiter und wußte, was er dazu sagen würde.
    »Meine Güte. Das ist alles wegen meines Autos passiert. Meinetwegen, in gewissem Sinne.«
    »Nein, Doc.« Marino sah mir mit steinerner Miene in die Augen. »Das ist alles passiert, weil irgendein Arschloch Danny umgebracht hat. Wie oft soll ich dir das noch sagen?«
    »Ich glaube, ich möchte ein Glas Wein.«
    »Hör auf, dir selber die Schuld zu geben. Ich weiß, was du machst. Ich weiß, wie du dich anstellst.«
    Ich schaute mich nach dem Barmann um, und mir wurde am

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