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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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an die Schnur, während ich meinen Schreibtisch in Ordnung brachte. »Was um alles in der Welt erzählen Sie da?« fragte ich. »Das ist alles, was ich weiß. Davon haben sie auf dem Parkdeck gesprochen.« Sie faßte sich ins Kreuz und blickte sich um. »Ich kann's nicht fassen, wie schnell das Zeug trocknet. Das ist wie in einem Sciencefiction-Film.« Sie hängte einen Totenschein auf. »Ich glaube, alles wird wieder gut.«
    Ich gab keinen Kommentar, weil ich wieder an mein Auto dachte. Die Vorstellung, den Mercedes zu sehen, entsetzte mich ernsthaft, und ich bedeckte das Gesicht mit den Händen. Rose wußte nicht ganz genau, was sie machen sollte, weil sie mich nie hatte weinen sehen.
    »Kann ich Ihnen einen Kaffee bringen?« fragte sie. Ich schüttelte den Kopf. »Das ist so, als ob hier ein kräftiger Sturm durchgeweht wäre.
    Morgen ist es so, als wäre nichts geschehen.« Sie versuchte, mich aufzuheitern.
    Ich war dankbar, als ich sie hinausgehen hörte. Sie schloß leise meine beiden Türen, und ich lehnte mich erschöpft im Stuhl zurück. Ich nahm den Telefonhörer ab und probierte Marinos Nummer, aber er war nicht da, und so suchte ich di e Nummer von McGeorge Mercedes und hoffte, daß Walter nicht verreist war.
    Er war da.
    »Walter? Hier Dr. Scarpetta«, sagte ich ohne Einleitung. »Können Sie mir bitte einen Wagen besorgen?« stammelte ich. »Ich schätze, ich muß das erklären.«
    »Keine Erklärungen nötig. Wie sehr ist er beschädigt?« fragte er. Er hatte eindeutig die Nachrichten gehört. »Für mich ist es ein Totalschaden«, sagte ich. »Für einen anderen ist er so gut wie neu.«
    »Ich verstehe und kann es Ihnen nicht verdenken«, sagte er. »Was wollen Sie machen?«
    »Können Sie ihn gleich gegen einen anderen eintauschen?«
    »Ich hab einen fast identischen Wagen. Aber der ist gebraucht.«
    »Wie gebraucht?«
    »Kaum. Er hat meiner Frau gehört. Ein S-500, schwarz mit Lederbezügen.«
    »Können Sie jemand damit auf meinen Parkplatz schicken, und wir tauschen?«
    »Ich bin schon unterwegs, meine Liebe.«
    Er traf um halb sechs ein, als es draußen schon dunkel wurde, für einen Händler eine gute Zeit, um einer so verzweifelten Person wie mir einen Gebrauchtwagen vorzuführen. Aber in Wahrheit hatte ich mit Walter schon seit Jahren Geschäfte gemacht und hätte den Wagen sogar unbesehen gekauft, weil ich ihm so sehr vertraute. Er war ein distinguiert aussehender Mann mit einem makellosen Schnurrbart und kurzgeschorenem Haar. Er war besser gekleidet als die meisten Anwälte, die ich kannte, und trug ein goldenes Armband mit dem Hinweis, daß er gegen Bienen allergisch sei.
    »Es tut mir wirklich leid für Sie«, sagte er, während ich meinen Kofferraum leerräumte.
    »Mir tut es auch leid.« Ich machte keinen Versuch, freundlich zu sein oder meine Stimmung zu verbergen. »Hier ist ein Schlüssel. Betrachten Sie den anderen als verloren. Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich sofort losfahren. Ich möchte nicht zusehen, wie Sie in mein Auto steigen. Ich will bloß weg hier. Wir regeln das mit der Funkausrüstung später.«
    »Ich verstehe. Wir werden die Einzelheiten ein andermal besprechen.«
    Die kümmerten mich momentan überhaupt nicht. Im Augenblick war ich an keiner Kosten-Nutzen-Rechnung interessiert, auch nicht daran, ob dieser Wagen in so gutem Zustand war wie der, den ich in Zahlung gegeben hatte. Ich hätte auch einen Betonmischer fahren können und wäre damit zufrieden gewesen. Mit einem Knopfdruck verriegelte ich die Türen und steckte meine Pistole zwischen die Sitze.
    Ich fuhr auf der 14. Straße nach Süden und bog an der Canal auf die Interstate ab, die ich normalerweise benutzte, doch ein paar Ausfahrten später drehte ich wieder um. Ich wollte der Route folgen, die Danny gestern abend vermutlich genommen hatte, und wenn er aus Norfolk gekommen war, mußte er über die 64 West gefahren sein. Die einfachste Abfahrt für ihn wäre die zum Medizincollege von Virginia gewesen, denn die hätte ihn fast bis zum Leichenschauhaus gebracht. Aber ich glaubte nicht, daß er das gemacht hatte.
    Bis er Richmond erreicht hatte, mußte er schon ans Essen gedacht haben, und in der Nähe meines Büros gab es nichts Interessantes. Danny mußte das gewußt haben, da er einige Zeit bei uns gearbeitet hatte. Ich vermutete, er war an der 5. Straße rausgefahren, wie ich es gerade tat, und dieser bis zur Broad gefolgt. Es war sehr dunkel, als ich an Baustellen und leeren Grundstücken

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