Trügerisches Spiel (German Edition)
sich die Haare in ihrem Nacken auf. Der Polizist neben ihr setzte sich auf, sein Blick glitt von einem Fenster zum anderen. »Ist die Verstärkung schon eingetroffen?«
Er wandte sich ihr nicht zu, als er antwortete. »Nein, sie wurden in einem Stau aufgehalten. Es kann noch etwas dauern, bis sie hier sind.« Als würde er ihre Unruhe spüren, blickte er sie an. »Das ist kein Problem, wir können Sie schützen. Wir fahren jetzt in die Tiefgarage und verschanzen uns dann in der Suite, bis wir wissen, was Sache ist.«
Das klang nicht schlecht, aber es beruhigte Jocelyn nicht wirklich. Denn um dorthin zu kommen, würden sie entweder mit dem Fahrstuhl nach oben fahren oder das Treppenhaus nehmen müssen. Sie konnte sich nicht entscheiden, was schlimmer war. Im Zweifelsfall vermutlich der Fahrstuhl. Der Wagen fuhr in die Tiefgarage, und es wurde schlagartig dunkel, bevor sich ihre Augen an das Kunstlicht gewöhnten. Langsam rollten die beiden Autos durch die Garage zu den Türen, die zum Fahrstuhl und dem Treppenhaus führten.
Wie schon vorher würden sie mit ihrer Polizeieskorte aussteigen und die Wagen wegfahren. Das war vermutlich der gefährlichste Moment, wenn sie den Schutz der Fahrzeuge verließen und noch nicht die Sicherheit des Treppenhauses erreicht hatten. Jocelyns Herz begann schneller zu pochen, als ihr Wagen zum Stehen kam und sich die Polizisten zum Aussteigen bereit machten.
»Warten Sie im Wagen, bis ich Ihnen ein Zeichen gebe. Halten Sie sich immer zwischen uns.« Ernst sah der Polizist sie an. »Alles in Ordnung?«
»Ja, danke.« Jocelyn löste den Gurt und rutschte zur anderen Tür durch, die näher am Treppenhaus war, als der Polizist aus dem Wagen stieg.
In seiner Hand hielt er deutlich sichtbar seine Waffe, während er sich aufmerksam umsah. Schließlich schien er überzeugt zu sein, dass sie alleine waren und gab ihr ein Handzeichen. Rasch schob sie ihre Beine aus dem Wagen und richtete sich auf. Sofort wurde sie sanft zwischen die Polizisten befördert, einer ging vor ihr und hinter ihr schloss sich Kevin samt seiner Eskorte an. So waren sie von allen Seiten geschützt. Ein Druck senkte sich auf ihre Brust, als sie darüber nachdachte, dass diese sechs Männer sich zwischen die Gefahr und sie stellten und bereit waren, für sie verletzt oder vielleicht sogar getötet zu werden. Sie musste unbedingt daran denken, ihnen zu danken, wenn sie in Sicherheit waren.
Wie in einem Kokon geschützt bewegte sie sich langsam vorwärts, bis sie im Gang waren, der zu den Fahrstühlen führte. Unwillkürlich blieb sie stehen.
»Miss Callaghan?«
»Es tut mir leid, ich kann nicht.«
Zuerst blickte der Polizist vor ihr genervt, doch dann sickerte Verständnis durch. »Okay, Treppe.«
Dankbar lächelte sie ihn an. Mit einem knappen Nicken drehte er sich wieder um und führte die Prozession die Treppe hinauf. Vor jeder Stockwerktür wurde erst die Sicherheit geprüft, bevor sie vorbeigeführt wurden. Die Kleidung klebte an ihrem Körper, als sie endlich im fünften Stockwerk ankamen. Was weniger an der körperlichen Betätigung als vielmehr an der nervlichen Anspannung lag. Der Polizist öffnete die Glastür und führte Jocelyn und Kevin schnell den Gang zu den Zimmern entlang. Sie waren beinahe bei der Suite angekommen, als ihnen plötzlich mehrere vermummte Männer in den Weg traten. Ein leises Ploppen ertönte. Der Polizist neben ihr torkelte und fiel auf die Knie, Blut sickerte durch seine Uniformjacke.
Jocelyn, die das Geräusch noch in ihren Alpträumen hörte, reagierte sofort. »Kevin, runter!« Inzwischen erklang auch das Knallen von Polizeipistolen, eine Kugel bohrte sich direkt vor ihr in die Wand. Schmerzenslaute waren zu hören, sie sah weitere Polizisten zu Boden fallen. Unsanft wurde sie von ihrem Bewacher in den Eingang zu einem anderen Zimmer geschoben, damit sie wenigstens ein wenig vor den Schüssen geschützt war. Mit dem Rücken presste Jocelyn sich an die Tür und schrie erschrocken auf, als diese nachgab und sie in das Zimmer fiel.
»Joss!« Kevin warf sich hinterher und kam neben ihr zum Liegen.
Einen Moment lag sie nur schwer atmend da und versuchte zu verstehen, was passiert war. Dann setzte sie sich ruckartig auf und sah sich hektisch um. Ihr Blick landete auf einem Paar Beine, das in einer Anzugshose steckte. »Sir, wir müssen die Polizei rufen, gerade wird …«
»Das glaube ich eher nicht.« Die amüsierte Stimme erklang hinter ihr. Jocelyn wirbelte herum und erstarrte.
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