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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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ausgelaugt. Die
vergangenen Nächte hatte sie wieder kein Auge zugetan.
    Die vier Personen saßen in einer der
Nischen, die von den uralten Balken der Fachwerkkonstruktion gebildet wurden.
Auf der Theke, die sich harmonisch in die hölzerne Wandvertäfelung einfügte,
lag ein Adventskranz, an dem drei Kerzen brannten. Der Lärmpegel stieg
unablässig, sodass niemand an den Tischen zu befürchten brauchte, das
Gesprochene könnte nebenan verstanden werden.
    Auch Winfried Neumann, der in dieser Stadt
als erfolgreicher Unternehmer bekannt war, hatte inzwischen aufgehört, mit
gedämpfter Stimme zu sprechen. »Dass ich Jörg auf der ›Göppinger Hütte‹
getroffen hab, ist ein Glücksfall gewesen«, lächelte er in die Runde. Georg
Sander, der der Einladung gerne gefolgt war, nachdem er gehört hatte, dass
dieser Theologe das sogenannte Brummton-Phänomen ernst nahm, meinte zufrieden: »Ich
denke, dass wir das Thema einmal ganz objektiv angehen sollten. Schwachsinn
wird dazu genug verzapft, wenn ich das mal so sagen darf.« Er drehte am dünnen
Stiel des dickbauchigen Weinglases.
    Lilo Neumann, die ein dunkelgraues Kleid
trug, ergänzte mit gewisser Resignation in der Stimme: »Und glauben tut einem
sowieso keiner was.«
    Der Journalist nickte zustimmend. Er, der
sich seit frühester Jugend mit unerklärlichen und übersinnlichen Erscheinungen
befasste, jedoch stets kritisch und mit der nötigen Distanz, hatte oft genug
erfahren müssen, dass die meisten seiner Kollegen alles als Humbug abtaten, was
nicht in ihr Weltbild passte. Von der ansonsten viel gepriesenen Toleranz keine
Spur. Doch er ließ sich davon nicht beeindrucken, zumal er diese
Verhaltensweise als geradezu symptomatisch für die derzeit oberflächliche und
materiell eingestellte Lebensweise hielt.
    »Zunächst«, sagte er, »müssen wir davon
ausgehen, dass da irgendetwas ist. Ob nun messbar oder nicht – jedenfalls gibt
es, wie ich dem Internet entnommen hab, inzwischen eine unüberschaubare Menge
von Berichten, die im Wesentlichen mit dem, was Ihre Frau sagt, übereinstimmen.«
Sander wandte sich an Neumann und ließ seinen Blick dann zu dessen Frau
wandern, die tief einatmete und nervös mit einem Bierdeckel spielte.
    Der Theologe pflichtete dem Journalisten
bei: »Vielleicht kann man sogar noch einen Schritt weitergehen, Herr Sander.
Ist es denn nicht denkbar, dass zwar etwas gemessen wird, man es aber nicht
eingestehen will?«
    Lilo Neumann nickte und fühlte sich
bestätigt. Ihr Mann meinte: »Hab ich mir auch schon gedacht. Nur stellt sich
mir die Frage, ob es gelingen würde, all die Personen, die in solche Mess- und
Versuchsreihen involviert sind, zum Stillschweigen zu verdonnern.«
    Jörg Brobeil, der Theologe, kratzte sich
am Kinn: »Ich hab längst aufgehört, jemandem zu trauen, Winnie. Wenn’s, warum
auch immer, um viel Geld geht, kannst du alles manipulieren. Die Wahrheit liegt
nicht im Wein, sondern im Geld.« Er verzog sein Gesicht zu einem Lächeln. »Geld
regiert die Welt, mehr denn je. Wer Geld hat, hat die Macht – und Einfluss ohne
Ende. Wer was anderes behauptet, lügt.«
    Neumann, der Unternehmer, kniff die Lippen
zusammen. Seine Frau schwieg ebenfalls.
    Sander ergriff wieder das Wort: »Und was
technisch machbar ist, wird gemacht. Wenn da jemand an was rumbastelt, das
diesen Brummton auslöst, dann wird sich dieser Jemand nicht von ein paar
sensiblen Menschen, die darunter leiden, von seinen Zielen abbringen lassen.
Denn allein schon die Tatsache, dass ganz Europa davon betroffen ist, lässt doch
vermuten, dass da offenbar etwas Großes im Gange ist. Und wenn das so ist, dann
steckt so viel Macht dahinter, dass wir gegen eine Wand rennen.«
    Der Theologe nickte. »Haben Sie gewusst«,
sagte er, »dass die Atombombenversuche damals, Anfang der Fünfziger, einfach
gemacht wurden, ohne überhaupt zu wissen, ob die in Gang gesetzte
Kettenreaktion jemals wieder würde gestoppt werden könnten? Stellen Sie sich
das mal vor! Ich hab gelesen, dass einige Wissenschaftler vor der Explosion der
Wasserstoffbombe davor gewarnt hatten, es könne alles Wasser dieser Erde
verschwinden. Und keinen hat’s groß geschert. Man hat’s getan. Ganz zu
schweigen davon, dass die Folgen der Radioaktivität ebenfalls unter den Tisch
gekehrt wurden. Mein Gott«, Brobeil machte eine Pause, »mir wird’s jedes Mal
übel, wenn ich dran denke, welcher Strahlung wir als Babys oder Kleinkinder
damals ausgesetzt waren! Einem Vielfachen dessen, was

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