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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Luft aufgelöst«, meinte der junge Kollege, »aber um
diese Zeit, es war ja schon halb acht oder so, da ist im Landratsamt natürlich
kaum noch Betrieb.«
    »Aber wo geht so einer hin? Der haut doch
nicht einfach ab, lässt Haus und Hof zurück«, überlegte der Chef-Ermittler.
    Bereits während der Rückfahrt am gestrigen
Abend hatten sie sich ausgetauscht und kontrovers diskutiert. Während Häberle
wenig von den Theorien Brobeils und Steinbachs hielt, wonach irgendwelche
Mächte an irgendwelchen technischen Dingen experimentierten und jetzt womöglich
auch dieser Blühm darin verwickelt schien, hielt Linkohr solche Verstrickungen
für durchaus möglich.
    »Die Fakten sprechen eher dafür«, stellte
der junge Kriminalist fest.
    Häberle lehnte sich zurück. »Langsam tu
ich mir tatsächlich mit meinem gesunden Menschenverstand schwer. Wenn diese
Brummtonler mit Blühm Kontakt haben – und danach sieht es unbestrittenermaßen
aus –, dann hat natürlich sein Verschwinden etwas damit zu tun. Auch wenn mir
diese Verfolgungsstorys überhaupt nicht gefallen. Verfolgungswahn nennt man
das. Wer sich was einredet, findet immer etwas. Hab ich schon tausendmal
gehabt. Storys von irgendwelchen Agenten, die im Dunkeln lauern, die kenn ich
zur Genüge.«
    Noch gestern Abend hatten sie über das
Landeskriminalamt die Adresse dieses Braunsteins in Berlin überprüfen lassen.
Das Ergebnis wurde für den Vormittag erwartet. Kollegen in Berlin, so war
vereinbart worden, würden die Adresse in der Bernauer Straße unter die Lupe
nehmen. Strafrechtlich, das hatte man sofort abklären können, lag gegen diesen
Braunstein nichts vor.
    »Was ist eigentlich mit dem Taschentuch?«,
fragte Häberle, um bei den Realitäten zu bleiben.
    »Ist in Stuttgart«, erwiderte Linkohr
eifrig, »es sah gebraucht aus. Wenn wir Glück haben, finden die was. Einmal
reingeschnäuzt reicht«, stellte er fest und meinte damit die Analyse des
Erbguts, des sogenannten DNA, das dem guten alten Fingerabdruck längst den Rang
abgelaufen hatte.
    Während die beiden Kriminalisten über die
Bedeutung des genetischen Fingerabdrucks philosophierten, klopfte es an der Tür
und ein großer blonder Mann trat ein. Es war Rudolf Schmittke, der
frischgebackene Kripo-Chef der Außenstelle Geislingen.
    Häberle und Linkohr standen auf und
schüttelten ihm die Hand.
    »Bin froh, dass ihr da seid«, sagte er, »bleibt
doch sitzen.«
    Sie nahmen alle Platz, während Schmittke
ein Fax auf der weißen Tischplatte ausbreitete. »Berlin hat geschrieben«,
stellte er fest, »wird euch enttäuschen.«
    Häberle griff sich das Blatt und drehte es
zu sich her. Eine Berliner Kriminaldienststelle teilte mit, dass es einen
Michael Braunstein an besagter Adresse in der Bernauer Straße nicht gäbe. Für
einen kurzen Moment war Häberle sprachlos. Dann meinte er: »Vielleicht, junger
Kollege, vielleicht haben Sie mit Ihren Einschätzungen gar nicht mal so
unrecht.«
    Schmittke ließ mit ratlosem Gesicht
erkennen, dass er gern mehr dazu wüsste. Doch sein erfahrener Göppinger Kollege
gab sich zurückhaltend: »Wenn das stimmt, was der Herr Kollege vermutet, steht
uns einiges bevor.«
    »Wem?«, fragte Schmittke ziemlich naiv und
vorsichtig.
    »Der Menschheit«, erwiderte der Ermittler
entwaffnend ehrlich. Schmittke erschrak. Er spürte, dass dies eine Nummer zu
groß für ihn sein könnte. Aber er hatte ja Häberle im Haus.
    Das Telefon schlug an. Linkohr griff zum
Hörer, lauschte, bedankte sich kurz und legte wieder auf. »Die haben Blühms
Auto gefunden – und jetzt raten Sie mal, wo.«
    Die beiden anderen Männer schauten sich
ratlos an.
    Linkohr wirkte theatralisch, als er sagte:
»Dort, wo vor dreieinhalb Jahren schon einmal eines stand.«
    Häberle zögerte, ehe er sich zu einer
Antwort durchrang: »Machen Sie mich nicht schwach.« Dann fügte er mit verengten
Augenbrauen hinzu: »Mit Leiche?«

42
     
    Es war nur eine kleine Runde, die an diesem Spätvormittag des
ersten Advents in einem abhörsicheren Saal des Paul-Löbe-Hauses, gleich neben
dem altehrwürdigen Reichstag, zusammensaß. Der kahlköpfige
Verteidigungsminister visierte das Dutzend Mitarbeiter, alles Männer nahe der
Pensionsgrenze, mit scharfem Blick. Auf dem Tisch waren gruppenweise
Mineralwasser- und Saftflaschen angeordnet und Gläser aufgereiht. Keiner jedoch
griff danach. Jeder Konferenzteilnehmer hatte Aktenordner vor sich liegen, der
Verteidigungsminister die meisten. Ein weißer, eng- und dickmaschiger

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