Truthahn um zwölf
Und Mrs. Lee denkt, Sam sei viel
zu gut für mich«, und Larry lachte wieder verzweifelt.
»Das kann ja heiter werden. Wie
willst du sie denn alle unterbringen?«
»Sam und ich haben beschlossen,
ein Zelt im Garten aufzubauen. Dann haben wenigstens wir da draußen unsere
Ruhe. Und Mrs. Lee wird das Vergnügen haben, am Weihnachtsmorgen bei
Tagesanbruch von den lieben Kindern geweckt zu werden.«
»Sie mag sie doch sehr gerne?«
»Eigentlich nicht, obwohl sie
ein schreckliches Theater gemacht hat, als die liebe kleine Hilary sich vier
Jahre lang Zeit gelassen hat. Aber dem Himmel sei Dank für Lydia.«
Lydia kann herrlich mit Kindern
umgehen, und unsere hängen sehr an ihr. Obwohl sie Richard O’Connor geheiratet
hatte, war es ein schwerer Schlag gewesen, als sie uns verließ. Ich dachte voll
Neid an Sam und Larry in ihrem Zelt und fragte: »Hast du deinem Onkel erzählt,
daß Mrs. Lee kommt?«
»Natürlich nicht. Er würde
nicht kommen, und es hätte so ausgesehen, als wollten wir ihn nicht bei uns
haben. Nein, das wird eine hübsche Weihnachtsüberraschung geben. Gott sei Dank
kommt Mrs. Lee erst nach dem Sportfest. Sicher verpfusche ich den letzten
Sprung mit Babette, und es würde mich verrückt machen, wenn sie mir dabei zuschaut.
Ursula wird ihr gefallen. Ganz ihr Geschmack«, was eine der größten
Unverschämtheiten war, die ich Larry je über ihre Schwiegermutter sagen hörte.
Die Zahl meiner Gäste wuchs
beängstigend. Und es würde bestimmt Schwierigkeiten geben. Wenn ich daran
dachte, wie Mrs. Lee an Larry herumnörgeln und wie Onkel Richard Mrs. Lee
anstarren würde, und wie Ursula herumrennen, die Männer bedienen und die Frauen
herablassend behandeln würde, dann verlor ich allen Mut. Schon das Essen war
ein Problem, obwohl natürlich alle etwas beisteuern würden. Ich mußte alles
sehr genau planen.
Als ich Paul die Lage
eröffnete, schrieb er nur einen großzügigen Scheck aus und schlug vor, wir
sollten die Turnhalle mieten. Der Colonel jedoch erwies sich als eine größere
Hilfe; er war hocherfreut, Mutter wiederzusehen, und eine große Familienfeier
war ganz nach seinem Geschmack. Ich glaube, er hätte mit Freuden das ganze Fest
in seinem Haus veranstaltet, das für so etwas viel besser geeignet war, wollte
mich aber mit diesem Vorschlag nicht beleidigen.
Er sagte: »Jetzt müssen wir
alle zusammen überlegen. Ihr Mädchen dürft nicht zu viel machen, und wir werden
alle helfen«, und ich war dankbar, die Leitung des Ganzen, die mir zugestanden
hätte, einem so geschickten Organisator zu übergeben.
Wir beschlossen, daß das Wetter
schön zu sein hatte. Dann konnten wir im Freien essen, auf dem Rasen und
unserer großen, altmodischen Veranda. »Und wenn es regnet«, sagte Larry »können
die Kinder in der Küche herumtoben, und wir müssen uns eben im Wohn- und
Eßzimmer zusammendrängen.« Pauls Gesicht verdüsterte sich beim Gedanken an ein
Essen im Freien. Ich kann nie verstehen, warum unsere Männer, die doch
angeblich so versessen sind auf große, weite Räume, es so hassen, dort auch zu
essen. Sie wollen im Haus an einem Tisch essen, auf einem bequemen Stuhl sitzen
und behaglich zurückgelehnt über die Freuden des Lebens im Freien reden.
Diesmal jedoch würden sie sich
mit dem abfinden müssen, was man im allgemeinen ein »kaltes Buffet« und was
Paul »die Hölle auf Erden« nannte. Aber ich machte ihm klar, daß er seinen
Teller irgendwie auf den Knien balancieren müsse und sich nicht eine leere
Kiste als Tisch suchen dürfe.
»Nur — was sollen wir
eigentlich auf unsere Teller tun?«
Sams Frage war nicht
unbegründet, und Paul ging mit bitterböser Miene hinaus und schoß zwei große
Truthähne. Wir seufzten bei ihrem Anblick und dachten an das einfache, leichte
Essen, das wir geplant hatten.
»Aber wir müssen uns natürlich
Mühe geben«, sagte Larry. »Ich möchte nicht, daß Mrs. Lee in die Stadt
zurückfährt und allen ihren Freunden erzählt, der liebe, arme Sam habe so
wenige Annehmlichkeiten. Sie redet immer von Annehmlichkeiten, und das hatte
ich letztes Mal so satt, daß ich sie fragte, was sie damit meinte, wir hätten
schließlich eine Toilette mit Wasserspülung. Sie blickte mich bekümmert an und
sagte, das würde ich nie verstehen. Aber ich wußte genau, daß sie damit eine
gebildete Frau meinte, die keine Hunde im Haus hat, und deren Kinder gut
erzogen sind.«
»Jetzt verbohr dich doch nicht
so in deinen Haß! Denk dran, daß Weihnachten ist.«
»Ich
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