Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Zukunft auch nur eine Silbe belehrender Art mit ihm über dieses Thema zu reden. Steif ging ich in mein Zimmer, sank auf mein Bett und heulte mir die Seele aus dem Leib.
Michael ließ mir ausrichten, dass er die nächsten Tage unterwegs sei und ich überlegte mir, endlich heim zu fliegen. Ich war allein vom Zuhören schon emotional erschöpft und konnte mir nicht vorstellen, wie man so etwas überleben konnte. Michael lebte. Und nicht nur das: Er konnte noch lachen. Er wollte leben. Er glaubte nach wie vor an Liebe.
Inzwischen war das für mich ein großes Wunder.
Da er immer noch nicht da war, surfte ich im Net. Diesmal suchte ich Aufnahmen von ihm zwischen 2005 und 2007. Es gab wenige. Ein paar nichts sagende Fotos. Dann stieß ich auf ein kleines Video, das ihn zeigte, als er zum Geburtstag einer ihm bekannten Persönlichkeit erschienen war, ein Jahr nach dem Prozess. Mir tat das Herz weh bei seinem Anblick. Eine dunkle Sonnenbrille, übergroß saß auf seiner zierlichen Nase. Er bewegte sich unsicher, langsam, als habe er Schmerzen, als könne er nicht fassen, dass ihn die Leute hier duldeten, dass es noch Menschen gab, die sich mit ihm in der Öffentlichkeit zeigten.
Er schien sich sichtlich unwohl zu fühlen, die Gesellschaft der anderen gleichzeitig ersehnen und ihr entfliehen zu wollen. Das Schlimmste allerdings war sein Lächeln. Michael lächelte mit zusammengepressten Kiefern und es war nicht nötig, unter die Brille zu schauen, um zu wissen, dass das Lächeln in seinen Augen nicht zu finden war. Dieses Lächeln war so voller Qual, so voller Minderwertigkeit, dass ich entsetzt und deprimiert Computer runterfuhr.
XX /2008 am Schreibtisch
„Mach mehr Druck über die Kinder!“, knarrte die Stimme und sie klang wütend. Dieser Mensch stand immer noch! Dieser Scheißkerl gab einfach nicht auf!
„Die Kinder sind sein Ein und Alles. Wenn wir die treffen, ist er völlig erledigt.”
Der, der schon so viele Befehle ausgeführt hatte, zögerte.
„Die Kinder?“, wagte er zu fragen. „Reicht es nicht schon?“
„Ich hab gehört, er plant ein Comeback. Es gibt kein Comeback. Wer verdammt noch mal auf dieser verfickten Erde will dieses rotzige, schwarze Miststück noch hören?“
„Dann…“, wagte sich, der, der Befehle normalerweise ohne zu zögern annahm, weiter vor, „… besteht ja an sich keine Gefahr…“
„Wir lassen es keine werden“, raunzte XX zurück und grinste diabolisch. „... wir lassen es keine werden.“ Und dann beugte er sich mit einer so abrupten Bewegung nach vorne und stierte dem anderen kalt in die Augen:
„Bereite alles vor – für den Ernstfall. Er schützt seine Kinder? Nimm ihnen den Schutz. Wir müssen nichts tun...es reicht ne Drohung. Den Rest erledigt die Angst.“
Der Befehlsgewohnte nickte lässig. Vermied es, zu schlucken.
XX: „ Was ist mit dem Arzt? Warst du in Vegas?“
„Sicher“, war die Antwort. „Wir haben jemand.“
„Es geht doch nichts über Strohmänner“, griente XX und seine Lippen kräuselten sich, „Sorg immer dafür, dass einer für dich hängt. Es gibt genug käufliche Idioten auf dieser Welt.“
Der Befehlsgewohnte ging. Er hatte ein heftiges Problem. Eines, das man in seinem Beruf, in seiner Stellung, in seinem Rang, mit seinem Ruf nie haben durfte: Er hatte längst Gefühle für das Opfer entwickelt. Positive.
Der Beamte
Er saß auf der Couch, ein Bier in der Hand und starrte nachdenklich auf die Mattscheibe seines Fernsehgerätes. Auf allen Sendern flimmerte Jacksons bleiches, gequältes Gesicht über die Bildschirme. Jeder dieser Sendungen wurde kommentiert von eifrigen Reportern, die der Welt ein Monster verkauften, das unter der Maske eines sanften Wesens, angeblicher Großherzigkeit und Güte, seine abnormen Gelüste austobte. Niemandem wurde die Lächerlichkeit dieses Falles bewusst. Niemandem die Absurdität. Die meisten Menschen glaubten dem geschriebenen Wort, den gesendeten Bildern und den Kommentaren.
Aufmerksam analysierte er die Art der Berichterstattung. Die bewusste Auswahl verzerrter Bilder, die penetrante Wiederholung von Jacksons Metamorphose, seine angebliche OP-Besessenheit, seine unnatürliche Vaterschaft, seine sonderbaren Ehen, die Ranch mit dem Zoo und dem Rummelplatz, was alles folgewidrig als stichhaltiges Indiz für Pädophilie und Kriminalität missbraucht wurde. Und wieder und wieder: der Chandler-Fall. Die Masse hatte keine Chance, anders zu denken.
Sky Blumfeld lehnte sich zurück. Er kannte
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