Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
angenommen. Doch, jetzt, nachdem eine wahrhaft unabhängige Jury, die Gott segnen möge, der Wahrheit Gerechtigkeit angedeihen ließ, schauten sie sich an, die Damen und Herren Journalisten und der eine oder andere fragte sich wohl, was er in all den Wochen hier fabriziert hatte. Manche sagten offen, dass sie sich „benutzt“ vorkämen...von wem? In ihrer Aufgabe der objektiven Berichterstattung hatten sie jedenfalls alle, alle versagt.“
„Und Michael?“, fragte ich leise.
„Michael…“ sagte Grace und ihre Stimme war vergrämt. „Michael ging nach Hause. Die anderen wollten feiern. Er war still. Er ließ sich umarmen, er nahm die Glückwünsche entgegen, aber er drückte seine Kinder an sich... drückte sie so innig an sich, so, als wolle er sich verabschieden…und dann ging er in sein Zimmer und weinte. Er war gebrochen. Man konnte es sehen. Es war vorbei...es war...einfach zu viel gewesen. Sie hatten bekommen, was sie wollten.“
Der Wasserhahn tropfte. Regelmäßig wie Sekundenzähler fielen die Tropfen ins Becken. Es war das einzige Geräusch in der großen Küche. Ein letztes Mal für diese Nacht erhob sich Graces Stimme.
„Innerhalb von wenigen Stunden hatten wir gepackt und flogen weg, sowie Michael seinen Pass wiederhatte. Er wusste, dass Amerika ihn nach wie vor hassen würde. Er verließ seine Ranch. Neverland war genauso entehrt wie er. Er wollte nicht auf einem Anwesen bleiben, das den Geist der Zerstörung trug und in einem Bett schlafen, dass Millionen von Menschen gezeigt worden war. Das Reich der Kinder war tot. Sneddon war Michael los. Er war heimatlos, gebrochen und geächtet. Ein Paria. Die Presse wollte sich nicht die Blöße geben und zugeben, falsch „berichterstattet“ zu haben. Sie sagten, Michael sei schuldig und die Jury unfähig. Er sei nur davon gekommen, weil er ein Celebrity sei. Manche gingen sogar soweit zu behaupten, die Jury sei geschmiert gewesen. Es war...aus und vorbei...alles war aus und vorbei.“
Monoton erzählte Grace den unschönen Rest:
„Wir zogen in der Welt umher, wurzellos, wie wir waren. Michaels Selbstvertrauen...da war nichts mehr. Er verstand nicht, warum er das hatte erleben müssen und ganz ehrlich: Niemand verstand es. Niemand, der wusste, welch ein guter Mensch Michael ist.
Irgendwann ließ er sich wieder hier nieder. Ich wünschte, er wäre nach Europa gegangen und hätte sich in der Schweiz nieder gelassen, wie er es ursprünglich vorgehabt hatte. Aber er zog zurück, in dieses Land, das ihm so übel mitgespielt hat. Sogar in die Nähe seiner Eltern. Gott allein weiß, warum…“
Sie seufzte tief. „Die Klatschspalten und auch die seriöseren Zeitungen verbreiteten, dass Michael kein Geld mehr habe und auf Pump bei Scheichen lebe. Sie sagten, er müsse die Ranch verkaufen. Aber er wollte die Ranch gar nicht mehr. Er fing an, mit einem Therapeuten zu arbeiten und es tat ihm gut. Es ist jetzt erst knapp drei Jahre her. Und ich wünsche ihm so sehr, keinem Menschen wünsche ich mehr als Michael, dass er wieder lachen kann. So wie früher lachen kann. Aber das ist...das ist...“
Grace verstummte.
Der Freispruch hatte nichts daran geändert, dass Michael in seinem Land geächtet wurde. Journalisten begannen ihre Reportagen oft mit Sätzen wie: ‚Es tut uns so leid, Sie wieder mit ekelhaften Nachrichten von diesem Michael Jackson belästigen zu müssen...’
Er war die Witzfigur des Landes, ein Paradebeispiel für Paranoia, das groteske Aushängeschild für missglückte Gesichtsoperationen, war dreimal hintereinander zum dümmsten Menschen der Welt gewählt worden, war freaky, sonderbar, und immer noch pädophil.
Es schien nichts, nichts, nichts mehr von seiner einstigen Größe übrig. In ihm war nichts mehr übrig. In ihm war nur noch ein schwarzes Loch.
Gebrochen, voll heißem Bedürfnis nach einem Menschen, der ihn verstand, der ihn unterstützte, der ihn liebte, dem er noch etwas wert war, telefonierte er mit Lisa. Lisa, die er noch immer umwarb. Sie hatte ihn nach der Bashir-Geschichte in alter Manier aufgebaut und war stille Beobachterin des Prozesses. Michael hatte es wehgetan, als sie 2002 Nicolas Cage geheiratet hatte und war froh, als sie die Ehe nach nur drei Monaten wieder beendete. Nach wie vor war Lisa für ihn die Traumfrau und er hoffte immer noch, sie zurück zu gewinnen. Doch nach dem Prozess spürte er selbst bei ihr eine Veränderung. Lisa konnte den Morast, in dem er stak, nicht ertragen, sah, dass er sich
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