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TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff

TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff

Titel: TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Martynow
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nahm nun fast den ganzen sichtbaren Himmelsraum ein. Aus dieser Entfernung schien sie nicht mehr so blendend weiß. Deutlich zeichneten sich Schatten zwischen den einzelnen Wolkenmassiven ab. Ich sah durch ein starkes Fernglas, bemüht, wenigstens einen Spalt in dieser zusammengeballten Masse zu entdecken, aber ich fand keinen. Die Wolkendecke war offenbar sehr stark.
    ,SolltenKamows Befürchtungen wirklich zutreffen und die Wolken bis an die Oberfläche des Planeten hinunterreichen?’dachte ich. Wie ärgerlich, wenn wir gar nichts zu sehen bekämen! Aber was könnte es überhaupt zu sehen geben? Wie Belopolski sagte, vermuteten die Gelehrten auf der Venus nur Meere und sumpfiges Festland. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß das Vorhandensein einer Vegetation so gut wie sicher sei. Vielleicht sehen wir, wenn wir die Wolkenschicht durchstoßen, ein blühendes, bewohntes Land, große Städte, bebaute Felder, Schiffe auf einem Meer. Was für ein Anblick wird sich uns in wenigen Minuten wohl bieten?
    Ich war sehr erregt, und meine Gefährten empfanden das gleiche wie ich. Selbst der unerschütterliche Kamow gestand mir später, daß ihn die gleichen Gedanken bewegt hatten wie mich. Zum ersten Male in der Geschichte standen Menschen im Begriff, in das Geheimnis einer andern Welt einzudringen. Auf dem Mond war man zwar schon gewesen, doch hatte man dort von vornherein gewußt, daß einem eine tote Welt ohne jedes Leben begegnen würde, während wir hier vor einem noch ungelösten Rätsel standen. Damals handelte es sich um den kleinen Begleiter der Erde, den man bereits genau erforscht hatte, jetzt aber um einen Planeten, der, fast so groß wie der unsere, noch voller Geheimnisse war.
    Es vergingen wieder fünfzehn Minuten, und die Entfernung oder, genauer gesagt, die Höhe schmolz auf fünftausend Kilometer zusammen. Die Geschwindigkeit des Schiffes fiel bis auf siebeneinhalb Kilometer in der Sekunde und nahm immer noch ab. Nach weiteren zehn Minuten war das Schiff dem Planeten bereits so nahe, daß ich die Wolkendecke nicht mehr ganz überblicken konnte.
    In diesem Augenblick brach Kamow das Schweigen, das während des Abstiegs geherrscht hatte.
    »Konstantin Jewgenjewitsch«, sagte er, »stellen Sie die Entfernung zur oberen Wolkenschicht fest!«
    »Hundertfünfundsechzig Kilometer«, antwortete Belopolski prompt.
    »Nach dem Funkscheinwerfer beträgt die Entfernung zur Oberfläche des Planeten hundertsiebenundsiebzig Kilometer«, sagte Kamow. »Demnach liegt die obere Grenze der Wolkendecke in zwölf bis dreizehn Kilometer Höhe.«
    Der entscheidende Augenblick rückte heran. Die Geschwindigkeit des Schiffes hatte sich so weit verringert, daß die Entfernung von hundertsechzig Kilometern, die wir vor kurzem noch in fünfeinhalb Sekunden zurückgelegt hatten, bereits zum Manövrieren ausreichte.
    Kamow drückte auf einen Knopf. Von meinem Fenster aus sah ich, wie sich aus der Bordwand des Schiffes langsam eine breite Tragfläche herausschob. Die gleiche Tragfläche erschien auch auf der andern Seite. Nach wenigen Augenblicken umschloß uns die Wolkendecke des Planeten. Wir befanden uns in dichtem Nebel. Ich vernahm deutlich, wie die Motoren kurz verstummten und wieder einsetzten. Statt zu bremsen, trieben sie uns nun vorwärts. Unser Schiff, das sich in ein Düsenflugzeug verwandelt hatte, sank tiefer und tiefer.
    Belopolski verließ seinen Platz und stellte sich ans Pult. Kamow ließ kein Auge vom Periskop, und Belopolski begann die Flughöhe abzulesen, die der Funkscheinwerfer anzeigte: »Neun Kilometer! … Achteinhalb! … Acht! … Siebeneinhalb!«
    Der dichte milchige Nebel war immer noch undurchdringlich. »Sieben! … Sechseinhalb! … Sechs!«
    Mein Herz klopfte zum Zerspringen. Nur noch sechs Kilometer trennten uns von dem fremden Planeten, auf den noch keines Menschen Blick gefallen war. Würden diese verflixten Wolken denn niemals aufhören?
    »Fünfeinhalb! … Fünf!«
    Ich fühlte, daß das Schiff die Richtung änderte. Nach dem senkrechten Sturzflug flogen wir nun fast waagerecht.
    »Unendlichkeit!« las Belopolski ab.
    Vor uns waren also keine hohen Berge.
    »Richten Sie den Funkscheinwerfer auf die Venus«, sagte Kamow.
    »Vier!« verkündete Belopolski. »Dreieinhalb! … Drei!«
    In diesem Augenblick ertönte die Klingel des Filmapparates, das Zeichen dafür, daß der Film zu Ende ging. Aufspringen und das Band auswechseln war Sache von Sekunden! Trotzdem verpaßte ich den Augenblick, da wir

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