TS 13: Slan
zeigte. Tommy sah das Bild einer Stadt aus Myriaden von Lichtern – Centropolis.
Und dann war die Stadt in der Ferne hinter ihnen zusammengeschrumpft. Sorgfältig schaltete er die Mechanismen ab, die er betätigt hatte und achtete bei jedem Schalter auf das erzielte Resultat. Nach zwei Minuten war ihm die komplizierte Tafel kein Rätsel mehr, und die Anlagen befanden sich unter seiner Kontrolle. Nur bei vier Schaltern wußte er nicht, welchem Zweck sie dienten.
Er setzte das Schiff auf einen Kurs, der parallel zur Erdoberfläche verlief, da er nicht beabsichtigte, in den luftleeren Raum hinauszufliegen. Das verlangte eine genaue Kenntnis jeder Schraube und jeder Platte des Schiffes, und zunächst überwog die Notwendigkeit, eine neue, sichere Operationsbasis zu finden. Dann aber …
Der Gedanke brach ab, als sein telepathischer Sinn Oma wahrnahm. Die Gedanken der alten Frau hatten während der vergangenen Minuten pausenlos in seinem Geist gepocht. Er merkte, wie sie in den nächsten Raum ging, und tief in seinem Gehirn entwickelte sich allmählich ein Bild dessen, was sie sah. Und jetzt – völlig unvermittelt – verlosch das Bild langsam, als ob sie plötzlich die Augen geschlossen hätte.
Jommy Cross riß seine Pistole hervor, zur gleichen Zeit herumwirbelnd und sich zur Seite werfend. Ein Feuerstrahl blitzte in dem Türeingang zum Nebenraum auf und durchschlug sengend die Luft an der Stelle, wo sich eben noch sein Kopf befunden hatte. Die große, fühlerlose Slanfrau, die im Türrahmen stand, richtete die Mündung ihrer kleinen silbernen Waffe blitzschnell auf ihn – und dann versteinerte sie am ganzen Körper, als sie die Pistole in seiner Hand sah. So standen sie einen endlosen Moment lang. Die Augen der Frau wurden zu glühenden Kohlen.
„Du verdammte Schlange!“
Trotz ihrer Wut war ihre Stimme melodisch und golden in ihrer strahlenden Klangfarbe. Jommy Cross fühlte sich geschlagen. Ihr Anblick und ihre Stimme erinnerten ihn plötzlich an seine herrliche Mutter, und er wußte mit einem Gefühl der Hilflosigkeit, daß er genausowenig dieses wunderbare Wesen auszulöschen vermochte, wie es ihm unmöglich gewesen wäre, seine eigene Mutter zu töten.
Nein, er konnte nicht schießen; er konnte diese ungemein liebliche Frau nicht vernichten. Und doch – und doch mußte er sie glauben lassen, daß er es konnte. So stand er denn dieser ungeheuer gefährlichen Frau gegenüber, und die beiden Pistolen zielten unbeweglich auf den anderen. Jeder Nerv und jeder Muskel in ihren Körpern war bis zur Grenze des Möglichen gespannt.
Die Frau sprach zuerst. „So kommen wir nicht weiter“, sagte sie. „Wir sollten uns hinsetzen, unsere Waffen vor uns auf den Boden legen und diese Angelegenheit besprechen. Dadurch würde die unerträgliche Spannung gemildert.“
Jommy Cross empfand eine leichte Unruhe. Der Vorschlag ließ eine gewisse Schwäche vermuten, die diesem stolzen Kopf und dem krafterfüllten Gesicht widersprach. Die Tatsache, daß sie den Vorschlag gemacht hatte, erhöhte augenblicklich die psychologische Stärke seiner Position, aber er fühlte einen Verdacht aufsteigen. Ihr Angebot mußte auf versteckte Fallen untersucht werden. Er sagte langsam: „Sie werden einen Vorteil auf Ihrer Seite haben. Sie sind ein ausgewachsener Slan, und Ihre Muskeln sind besser entwickelt. Sie könnten Ihre Waffe schneller erreichen als ich die meine.“
Sie nickte. „Das stimmt. Aber in Wirklichkeit sind Sie im Vorteil. Sie besitzen die Fähigkeit, wenigstens einen Teil meiner Gedanken zu lesen.“
„Im Gegenteil“ – die Lüge kam mit überzeugender Geschmeidigkeit von seinen Lippen – „wenn Sie Ihre Gedankenbarriere errichten, ist die Abschirmung so dicht, daß ich auch nicht das Geringste herauszulesen vermag.“
Während er sprach, konnte er erkennen, wie unvollständig ihre Abschirmung wirklich war. Obwohl er seinen Geist auf die Gefahr konzentriert und nicht auf ihre Gedanken geachtet hatte, waren genug davon hereingetröpfelt, um ihm eine kurze Geschichte von ihr zu geben.
Ihr Name war Joanna Hillory, Pilotin der Marsroute. Dies sollte ihre letzte Reise für viele Monate sein, da sie kürzlich einen Ingenieur geheiratet hatte, der auf dem Mars stationiert war. Jetzt erwartete sie ein Kind.
Jommy Cross begann sich erleichtert zu fühlen. Eine jung verheiratete Frau, die ein Kind erwartete, würde keine Risiken eingehen. Er sagte: „Nun gut, legen wir unsere Pistolen gleichzeitig nieder und setzen
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