Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 15: Der Unheimliche

TS 15: Der Unheimliche

Titel: TS 15: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
Vom Netzwerk:
und zum Haus eines Ihrer Verwandten schaffen ließen? Oder was Leutnant Millers Frau zu Ihnen sagte, als sie Sie nachts in ihrer Küche fand …“
    „Genug“, preßte der Captain heraus. Sein Gesicht war starr wie eine Maske.
    „Jawohl, Sir.“
    Erneut herrschte tödliches Schweigen. Paul schaute sich um und fühlte sich unbehaglich, von drei Augenpaaren angestarrt zu werden. In den Blicken, mit denen er abgeschätzt wurde, lagen Ärger und offener Haß. Nur Peter Conklin schien ihn mit nichts anderem als Neugier zu betrachten.
    „Mr. Breen“, sagte er jetzt plötzlich, „Sie brauchen mir nichts zu beweisen. Ich bin nicht daran interessiert, daß meine ureigensten Angelegenheiten hier ans Licht gezogen werden. Statt dessen möchte ich sagen, daß ich Ihnen glaube, bis sich das Gegenteil erweist.“
    „Jawohl, Sir.“
    „Wie lange geht das Ganze jetzt schon?“
    „Ich glaube, schon solange ich lebe, Sir. Zum erstenmal gewahrte ich es, als ich dreizehn Jahre alt war – in jener Nacht in Chicago.“
    „Wer weiß sonst noch davon?“
    „Niemand, Sir. Ich wollte nicht darüber sprechen.“
    „Damit dürften Sie klug gehandelt haben. Sind Sie sich übrigens im klaren, was es bedeutet?“
    „Wie meinen Sie das, Sir?“
    „Lassen wir das. Wie ich sehe, sind Sie keineswegs darüber klar. Sie stellen uns vor ein schwieriges Problem.“
    Paul gab keine Antwort. Palmer löste sich von der Wand, und als er jetzt zu Conklin sprach, war ein ganz neuer Klang in seiner Stimme.
    „Was wollen Sie damit sagen?“
    „Mr. Breens eigenartige Fähigkeiten dürfen nicht mehr länger ungenutzt bleiben.“
    Palmer starrte den Agenten an. „Mister Breen?“
    Conklin nickte. „Sind Sie sich nicht bewußt, daß sich die relativen Werte verschoben haben? Daß sich angesichts dieser einmaligen Befähigung ein Kommandowechsel vollzogen hat?“
    „Nun ja“, gab Palmer zögernd zu. „Ich glaube auch, daß er nicht hier im Lager bleiben kann.“
    Conklin warf dem Captain einen einzigen kurzen Blick zu. „Offensichtlich nicht.“
    „Was wollen Sie mit ihm machen?“
    „Washington.“
    „Washington?“ überlegte Palmer. „Ihr Haufen oder meiner?“
    „Meiner.“
    „Nun, ich weiß nicht recht. Schließlich sind wir es, die sich seit elf Jahren mit ihm beschäftigt haben.“
    „Er ist jetzt Soldat“, entgegnete Conklin. „Also sind wir für ihn zuständig.“
    Palmer schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, ganz so einfach geht das nicht. Meine Dienststelle wird Zeter und Mordio schreien.“
    „Von mir aus können Sie bis zu den höchsten Stellen gehen. Jedenfalls bin ich für ihn zuständig, solange darüber nicht anders verfügt wird.“ Er wandte sich an Paul. „Mit Ihrer Erlaubnis, Mr. Breen.“
    „Erlaubnis!“ Captain Evans glaubte, nicht recht gehört zu haben. „Er ist Rekrut!“
    Ein feines Lächeln umspielte Conklins Lippen. „Ich fürchte, Captain, Sie sind der Entwicklung der Dinge nicht gefolgt. Vor wenigen Augenblicken hat sich der Status geändert; ob wir es nun zugeben wollen oder nicht.“ Er sah zu Paul hinüber. „Ich hege einige Zweifel, wer hier in Wirklichkeit der Herr ist.“
    „Ist das Ihr Ernst?“
    „Durchaus. Unsere gegenwärtige Situation dürfte der des Neandertalers gegenüber dem Cro-Magnon-Menschen entsprechen.“ Er wandte sich an Paul. „Mr. Breen, ich möchte, daß Sie mit mir nach Washington fahren; ich möchte Sie meinen Vorgesetzten vorstellen.“
    „Jawohl, Sir“, sagte Paul.
    Captain Evans schaltete sich ein. „Hören Sie, ich kann veranlassen, daß er nach Washington abkommandiert wird. Ich kann ihmeinen Marschbefehl geben und für ihn ein Abteil im Carolina-Expreß belegen lassen …“
    „Es genügt, wenn Sie für das Abteil sorgen, Captain. Schlafwagen oder Salonwagen. Für heute abend, wenn es sich machen läßt.“
    Evans war bereits auf dem Weg zur Tür. „Ich werde es sofort veranlassen, Sir.“
    „Noch etwas, Captain …“
    „Ja. Sir?“
    „Kein Wort über das, was hier vorgefallen ist, darf über Ihre Lippen kommen.“ Der finstere Ausdruck im Gesicht des Agenten verlieh seinen Worten den nötigen Nachdruck.
    „Jawohl, Sir“, sagte Evans und ging hinaus.

 
5. Kapitel
     
    Durch die verhangene Nacht suchte der Zug sich seinen Weg nach Osten. Paul saß am Fenster und hatte das Kinn in die Hand gestützt, starrte hinaus auf die im Dunkel zurückbleibende grauschwarze Landschaft.
    Im oberen der Pullman-Betten am anderen Ende des Abteils schlief Ray Palmer

Weitere Kostenlose Bücher