TS 15: Der Unheimliche
worden sind, die Schiffe zu plündern. Sie haben es bisher aber nicht verhindern können.“ Paul hielt einen Augenblick inne. „Genügt es, Sir?“
Slaters Blicke schienen ihn zu durchbohren. „Erzählen Sie weiter.“
Paul sah ihn neugierig an und fragte sich, warum Slater sich krampfhaft bemühte, nicht an einen Namen zu denken, an einen Mann namens Willis. Den Namen erfaßte Paul sofort, nicht jedoch den Grund, warum Slater ihn verheimlichen wollte.
„Sie wußten bereits über Captain Evans Bescheid“, sagte Paul. „Die fünfzehn Tonnen Koks sind nur ein kleiner Teil einer allgemeinen Diebstahlwelle, über die Sie einen Bericht aufgesetzt haben.“
Paul zählte dann im einzelnen auf, was er in Slaters Gedanken las. Eine ganze Liste von gestohlenen Gütern; Kohlen, Benzin, Öl, Holz, Lebensmitteln und die verschiedensten Dinge. Zu allem nannte Paul, wann und wo es gestohlen und von wem der Diebstahl gemeldet worden war. Während er sprach, merkte er, daß Slater versuchte, unrichtige Angaben einzuschieben, indem er absichtlich Falsches dachte. Paul überging solche Angaben und wunderte sich über Slaters Unlogik. Wenn der CIC-Chef erkannte, daß Paul seine Gedanken las, mußte er sich doch auch darüber im klaren sein, daß er Richtiges und Falsches unterscheiden konnte – daß er alle Gedanken kannte und nicht nur die, die Slater ihn wissen lassen wollte.
Als er geendet hatte, sagte Carnell: „Erzählen Sie uns von dem Mann im Speisewagen, von dem ehemaligen Sergeanten.“
Paul wandte sich Carnell zu und lächelte. Dieser Mann war das genaue Gegenteil von Slater. In seinem Verhalten und seiner Art, zu denken, ähnelte er Conklin. Ihn würde er zum Freund haben können, wenn er ihn nicht vor den Kopf stieß. „Jawohl, Sir“, sagte Paul und berichtete noch einmal, was sich am Frühstückstisch zugetragen hatte.
„Mehr konnten Sie nicht herausbekommen?“ fragte Carnell. „Keinen Namen und wo der Mann herkam? Stieg er in Saint Louis ein?“
„Ich weiß es nicht, Sir.“ Paul schloß die Augen und dachte angestrengt nach. „Mir scheint, da ist noch etwas von einer Wüste gewesen. Der Mann dachte an die Atombombe und an die Wüste. Ich kann aber nicht sagen, ob beides miteinander in Verbindung steht.“
„Hat der Mann die Bombe gesehen?“
„Sie meinen, auf dem Boden? Oder in einem Munitionslager? Nein, Sir, ich glaube nicht. Aber er sah einen grellen Blitz, der ihn vor Schmerz die Augen schließen ließ. Ich vermute, das war, als die Bombe explodierte.“
„Wissen Sie, wo er ausstieg?“
„Er stieg nicht aus, Sir. Er fuhr nach New York.“
„New York! Woher wissen Sie das?“
Paul zuckte mit den Achseln. „Ich weiß es eben.“
Carnell wandte sich an Conklin. „Gehen Sie in mein Büro. Melden Sie ein Blitzgespräch nach New York an. Geben Sie unseren Leuten dort die Beschreibung dieses Ex-Sergeanten. Sagen Sie ihnen, sie sollen den Mann unter allen Umständen aus dem Zug holen.“
Nachdem Conklin gegangen war, saßen Slater und Carnell eine ganze Weile schweigend da.
Carnell unterbrach schließlich das Schweigen. „Was sollen wir nun mit Ihnen machen, Breen?“
„Kann ich nicht zurück ins Lager fahren, Sir?“
Carnells Mund verzog sich zu einem flüchtigen Lächeln. „Nein, das dürfte kaum gehen. Es wäre unverantwortlich, Sie dorthin zurückzuschicken.“
„Mr. Conklin meinte, ich könnte Ihnen vielleicht helfen.“
„Helfen? In welcher Weise?“
„Leute zu finden, die Sie suchen.“
Carnell nickte. „Dafür dürften Sie allerdings gut zu brauchen sein.“ Er sah Paul offen an. „Sagen Sie, wie stellen Sie sich selbst zu der Sache? Wie empfinden Sie das Ganze?“
Paul überlegte sich die Antwort sorgfältig, überlegte, ob Carnell überhaupt eine ehrliche Antwort erwartete. Doch in den Gedanken des Mannes war keine Arglist zu entdecken, nur echte Neugier.
„Nicht alles daran gefällt mir, Sir. Aber ich kann es nicht ändern.“ Er bemerkte Slaters kalt abweisendes Gesicht. „Vor allem möchte ich nicht, daß man in mir eine Art Mißgeburt, ein Monstrum sieht. Ich fühle mich nicht als Monstrum und möchte auch nicht als solches behandelt werden.“ Er schaute auf seine Uniform hinunter. „Darf ich offen reden?“
„Gewiß“, sagte Carnell.
„Ich lasse mich nicht gern herumkommandieren. Als ich Soldat wurde, habe ich damit gerechnet, weil es nun einmal zum Soldatsein gehört. Falls ich jedoch hier bleiben sollte …“
„Sie sind immer noch in Uniform,
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