TS 24: Der galaktische General
winkte dem Adjutanten, sich zu
entfernen. „Sorgen Sie dafür, daß wir nicht
gestört werden.“
Er stand breitbeinig vor dem Siwennier, die Hände hinter
dem Rücken verschränkt, und wippte langsam auf den
Fersen.
Dann fragte er: „Barr, sind Sie ein treuer Untertan des
Kaisers?“
Barr, der bis zum Augenblick geschwiegen hatte, runzelte die
Stirn kaum merklich. „Ich habe keine Veranlassung, die
Herrschaft des Imperiums zu lieben.“
„Das sagt aber noch lange nicht, daß Sie Verrat
begehen würden.“
„Allerdings, aber die Tatsache, daß ich kein
Verräter bin, sagt auch noch lange nicht, daß ich
bereit wäre, Ihnen zu helfen.“
„Da haben Sie auch wieder recht. Aber wenn Sie mir jetzt
Ihre Hilfe verweigern, würde ich das als Hochverrat
betrachten und als solchen bestrafen.“
Barrs Brauen zogen sich zusammen. „Sparen Sie sich Ihre
Reden für Ihre Untergebenen. Es genügt vollkommen, wenn
Sie mir sagen, was Sie von mir wollen.“
Riose setzte sich und legte seine Beine übereinander.
„Barr, wir haben uns vor einem halben Jahr schon einmal
unterhalten.“
„Über Ihre Zauberer?“
„Ja, Sie erinnern sich doch, was ich damals tun
wollte?“
Barr nickte geduldig. „Ja, Sie wollten sie in ihren
Schlupfwinkeln aufstöbern, und jetzt waren Sie vier Monate
abwesend. Haben Sie sie gefunden?“
„Gefunden? Allerdings“, keuchte Riose. Seine
Lippen waren zu schmalen Strichen zusammengepreßt, und
ermußte sich anstrengen, um nicht mit den Zähnen zu
knirschen. „Barr, das sind keine Zauberer, das sind wahre
Teufel. Stellen Sie sich das einmal vor. Eine Welt so groß
wie ein Taschentuch, so groß wie ein Fingernagel, mit
winzigen Rohstoffquellen und einer mikroskopisch kleinen
Bevölkerung. Und doch ein so stolzes und ehrgeiziges Volk,
das im aller Ruhe von der Herrschaft über die ganze Galaxis
träumt.
Zu allem Überfluß sind sie ihrer selbst so sicher,
daß sie sich nicht einmal beeilen. Sie arbeiten langsam und
zielstrebig, sie sprechen von Jahrhunderten, die sie zur
Erfüllung ihrer Aufgabe brauchen. Sie verschlucken in aller
Gemütsruhe eine Welt nach der anderen und spinnen ihre
Fäden von Sternsystem zu Sternsystem.
Und der Erfolg gibt ihnen recht. Niemand stellt sich ihnen in
den Weg. Sie haben ein kommerzielles Machtsystem aufgebaut, das
seine Fühler um ferne Systeme rankt, die weiter von Siwenna
entfernt sind, als ihre kleinen Spielzeugschiffchen reichen. Ihre
Händler – so nennen sich ihre Agenten – dringen
Hunderte von Parsec in die Galaxis vor.“
Ducem Barr unterbrach seinen Redeschwall. „Wieviel von
dem, was Sie mir hier sagen, ist belegbar und wieviel entspringt
nur Ihrer Wut?“
Der General rang um Fassung. „Ich lasse mich nicht von
der Wut blenden. Ich will Ihnen nur sagen, daß ich Welten
besucht habe, die näher an Siwenna als an der Stiftung
liegen, und auf diesen Welten war das Imperium ein fernes
Märchen und die Händler eine lebendige Wahrheit. Ja,
man hat uns teilweise selbst für Händler
gehalten.“
„Hat man Ihnen auf der Stiftung selbst gesagt, daß
man die Herrschaft über die Galaxis anstrebe?“
„Gesagt!“, Riose wurde wieder wütend.
„Man hat mir gar nichts gesagt. Die Regierenden
hüllten sich in Schweigen. Aber ich habe mich auch mit dem
sogenannten Mann auf der Straße unterhalten. Ich habe mich
mit der geistigen Haltung dieser Menschen vertraut gemacht, mit
ihrer ‚Vorsehung’, mit ihrer Ahnung einer
großen Zukunft. So etwas kann man nicht verbergen. Ja, sie
versuchen nicht einmal, diesen Optimismus zu verbergen, sie sind
eher stolz darauf.“
Dem Siwennier schien das Spaß zu machen. „Sie
werden also zugeben, daß Ihre eigenen Erlebnisse meine
Anschauung bestätigen, die ich vor einem halben Jahr
dargelegt habe und die nur auf sehr spärlichen Beobachtungen
basierte …“
„Zweifellos bestätigt das Ihren Scharfsinn“,
meinte Riose ironisch. „Es bestätigt aber auch,
daß den Besitzungen Seiner Majestät Gefahr
droht.“
Barr zuckte die Achseln. Riose lehnte sich in seinem Stuhl vor
und sah dem alten Siwennier fast bittend in die Augen.
„Lassen wir das. Ich bin kein Barbar. Was mich betrifft,
so ist mir der Haß, den Siwenna gegen das Imperium hegt,
nur eine Last, auf die ich gerne verzichten würde. Aber ich
kann nichts dagegen tun. Ich kann Sie nur bitten, daß Sie
das Leid, das man Ihren Verwandten zugefügt hat, als durch
Ihre eigene Rache
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