TS 32: Stunde der Roboter
diesen Groll mischte sich Mitleid, denn es war offensichtlich, daß Dr. Raybitz, zerrissen von seinen eigenen Vorwürfen und bestürzt über das Verschwinden der Pläne, kurz vor dem Zusammenbruch stand.
5. Kapitel
Sie erhoben sich, verließen den Raum und folgten Raybitz über einen langen Gang, der in ein anderes Gebäude führte, neben dessen Eingang das Warnzeichen strahlengefährdeter Gebiete leuchtete. Bevor sie weitergingen, heftete Raybitz jedem den kleinen Intensitätsmesser an. Für Russ Sinclaire bedeutete diese Maßnahme nichts Neues, aber Harry Lietz musterte das kleine Gerät wie ein lästiges Insekt, das sich auf seiner Brust niedergelassen hatte.
Sinclaire ging neben Norma Cummings. „Was denken Sie über die Geschichte, Miss Cummings? Haben Sie einen Verdacht?“ fragte er leise.
Sie blickte ihn aus kühlen Augen an und schüttelte den Kopf. „Wenn Ihre Frage darauf hinzielt, Dr. Raybitz könnte sein Geheimnis aus Gewinnsucht oder sonstigen Motiven einer Feindmacht verkauft haben, so ist die Antwort ein klares Nein!“ sagte sie sehr entschieden. „Der Professor ist über jeden Verdacht erhaben. Außerdem begreife ich nicht, warum die Pläne gestohlen wurden, es sei denn, der Täter ist sich über die Folgen im Klaren.“
„Wie meinen Sie das?“ fragte Sinclaire erstaunt. „Diese Erfindung ist doch …“
„Ganz einfach“, unterbrach das Mädchen ihn. „Ob wir die Pläne besitzen oder der Gegner, erscheint mir unwichtig. Wer immer sie hat, wird wahrscheinlich dafür sorgen, daß sehr bald irgendwo Atom- und Wasserstoffbomben fallen. Ich fürchte, das Ende der Welt, zumindest aber das Ende der Menschheit ist gekommen.“ Sinclaire war um eine Antwort verlegen. Er hatte einen Auftrag zu erfüllen, ohne Rücksicht auf die Folgen, aber er wurde dabei ein unangenehmes Gefühl nicht los, und Normas Worte trugen nicht dazu bei, seine Aufgabe zu erleichtern.
Die kleine Gruppe wurde erneut an einem Kontrollpunkt für kurze Zeit aufgehalten, bevor sie die nächste Schutzglocke passieren durfte. „Dies ist die einzige Schleuse“, erklärte Dr. Raybitz. „Vier Roboterposten versehen hier ständig ihren Dienst.“ Sie betraten das große Laboratorium, und Raybitz deutete auf ein Gerät, das auf dem Tisch ruhte. „Sie sehen, daß alle erdenklichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen sind. Das Modell des Penetrators ist durch eine besondere Schutzglocke gesichert, und mein Privatlabor nebenan, aus dem die Pläne nie hinausgelangten, ist noch extra abgeschirmt. Außerdem kann es nur mit Wissen und Erlaubnis der beiden Roboterposten dort betreten werden.“
„Eine Frage, Doktor“, erklang die Stimme Terrys. „Könnte sich nicht jemand vermittels des Modells Eintritt in Ihr Privatlabor verschafft haben?“
Wieder einmal mußte Russ Sinclaire feststellen, daß dieser Spezialtyp eines Roboters erstaunlich logische Fragen hervorbrachte, und er brummte zustimmend, obwohl er die Antwort auf Terrys Frage schon wußte.
„Eine berechtigte Frage, Mr. Jackson“, gab Dr. Raybitz zu. „Leider führt sie zu nichts. Das Modell hat nur Demonstrationswert, weil es nicht mit einer Kraftquelle ausgestattet ist, die es beweglich macht. Wohl könnte ich mit dem vorderen Ende des Gerätes eine Schutzglocke durchstoßen, wenn ich auf das entgegengesetzte Ende einen Druck ausübe, aber mir selbst würde es nicht gelingen, einzudringen. Noch viel weniger wäre das Modell selbst in der Lage, die Pläne an sich zu reißen und aus dem Zimmer zu bringen. Um das zu erreichen, müßte das Modell so groß sein, daß es den Betreffenden völlig umschließt.“
„Vielleicht schildern Sie uns jetzt genau, was geschah“, bat Russ und blickte nervös auf die Uhr. „Wir wissen bisher nur, daß die Pläne gestohlen wurden, nicht aber, wie es passierte.“
„Der Diebstahl muß während der Zeit begangen worden sein, als Sie meiner Vorführung beiwohnten“, sagte Dr. Raybitz. „Drei Roboter hatten den ganzen Tag über in meinem Privatlabor gearbeitet. Sie waren damit beauftragt, neue Gestelle und Regale herzustellen. Sie hatten die Erlaubnis, das Laboratorium zu betreten und zu verlassen, weil ein Teil des Materials und ihrer Werkzeuge draußen lagerte. Als mir Ihre Ankunft gemeldet war, suchte ich Sie im Hauptgebäude auf, während die Roboter mit ihrer Arbeit im Labor fortfuhren. Die Pläne lagen in einem kleinen Panzerschrank. Ich hatte noch einmal in ihnen geblättert, um auf eventuelle Fragen vorbereitet zu sein.
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