TS 42: Die Sonnen-Ingenieure
jagen, der ihn fast erschossen hätte.“
„Dann soll er besser einen Monat das Zielen üben“, riet Dusty.
„Oder“, lachte die Schwester, „die Finger von den Frauen anderer Männer lassen.“ Sie sah Barbara an. „Sie sind sehr schön. Fast kann ich Scyth verstehen, aber er hätte Ihnen doch einen schöneren Schmuck schenken sollen. Das Zeug ist äußerst billig.“
Barbara nahm die Kette ab und wog sie in der Hand.
„Das nächste Mal“, versprach sie, „werde ich Scyth erschießen.“
Die Schwester schauderte zusammen. Sie sah Dusty an. Der nickte gelassen.
„Ja, so sind wir nun einmal. Aber – ich habe Hunger.“
„Wir werden gemeinsam vor der Sitzung speisen. Sie sind auf Marandis, und man wird Sie nicht zurückschicken, ohne Sie vorher gehört zu haben. Alle werden ihre Vertreter zu dieser Konferenz entsenden. Vorher wird gemeinsam gegessen und man lernt sich kennen. Dann erst kommt das Geschäft.“
Sie führte die beiden zur Luftschleuse, und zum erstenmal hatte Dusty Gelegenheit, einen regelrechten Raumflughafen zu sehen.
Seine Größe war nicht erkenntlich, denn die Masse der vorhandenen Schiffe nahm Dusty jede Sicht. Viele von ihnen waren höher als das seine, andere wieder kleiner. Sie standen zum Teil so dicht, daß sie an die Stämme eines riesigen Waldes erinnerten, der kein Ende zu haben schien. Der Horizont bestand aus Raumschiffspitzen.
„Alle dreißig Sekunden startet und landet ein Schiff“, erklärte die Schwester leichthin.
„Das sind immerhin hundertzwanzig Schiffe in der Stunde. Kein Wunder, wenn ein so großes Feld benötigt wird.“
„Marandis ist das Zentrum der galaktischen Zivilisation, aber dies ist nur der Hafen, der die Navigationsbehörden versorgt. Jedes Departement hat seinen eigenen Hafen. Der größte gehört dem Raumhandelsdepartement.“
„Wovon lebt man hier?“
„Marandis ist nur ein Verwaltungsplanet und hat keine eigene Industrie. Hier sind nur die Behörden, ihre Gebäude und Parks zur Erholung. Es gibt hier nichts, das nicht im Dienste der galaktischen Verwaltung stünde.“
Dusty verstand das ohne weiteres. Wenn eine Stadt zum Beispiel die Regierung eines Landes beherbergte, warum dann nicht ein ganzer Planet die Regierung einer Milchstraße?
Ein Lufttaxi brachte sie kurze Zeit darauf in die nahe gelegene Stadt zu einem hohen Gebäude. Mit dem Lift fuhren sie mehr als hundert Stockwerke hinab und erreichten einen langen Korridor. Die Schwester führte sie durch mehrere Türen, bis sie in einem hohen Saal anlangten, in dem lange Tische standen, von bequemen Sesseln eingerahmt. In der Luft war eine sanfte, beruhigende Musik.
Als sie eintraten, wurde die Musik leiser. Eine sonore Stimme verkündete:
„Dusty Britton, Kommandeur der Jugenddivision der irdischen Rautnflotte; Barbara Crandall, Schauspielerin und Sängerin des Planeten Erde; Lela Brandis, Doktor der außermarandianischen Medizin.“
Die Musik schwoll nach der Vorstellung erneut an. Gant Nerley kam quer durch den Raum und begrüßte sie durch Handschlag.
„Wir brauchen uns nicht mehr vorzustellen, Dusty Britton“, sagte er betont herzlich. „Ich begrüße Sie im Namen von Marandis.“
Er hielt Barbara den Arm hin und schritt an ihrer Seite zur Tafel. Dusty faßte sich schnell und bot dann Doktor Lela Brandis seinen Arm.
Auf keinen Fall wußte er, was er an diesem Tag alles aß. Er erfuhr es erst viel später. Jedenfalls, als die Mahlzeit vorüber war, klopfte Gant Nerley mit der Faust einige Male auf den Tisch, um sich Ruhe zu verschaffen.
Dann begann die eigentliche Konferenz.
15. Kapitel
„Was also wird mit Sol geschehen?“ fragte Gant Nerley. „Ich würde raten, sich nicht mehr darum zu kümmern“, sagte Dusty.
„Begreifen Sie, was Sie von uns verlangen?“
„Na gut, fangen wir noch einmal von vorn an“, seufzte Dusty.
„Was soll das heißen – von vorne?“
Dusty schlug mit der Faust auf den Tisch.
„Ich bin es bald leid, Ihnen zu erklären, daß wir kein Interesse daran haben, tausend Jahre zu verlieren. Ist das klar?“
„Warum ereifern Sie sich derart?“ wunderte sich Gant ehrlich.
„Weil Sie nicht begreifen, daß uns Ihre Flugschneise egal ist. Aber wahrscheinlich werden Sie nicht auf unseren Protest achten und genau das tun, was Ihnen gefällt.“
„So einfach ist das nicht.“
„Ach – nicht?“
„Nein. Wir sind durch unsere Gesetze gebunden. Aus diesem Grunde müssen wir alle Punkte hier einzeln besprechen, damit wir eine
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