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TS 44: Die Milliardenstadt

TS 44: Die Milliardenstadt

Titel: TS 44: Die Milliardenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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in eine Imbißstube. Wohlweislich hatte er sich einen Platz ausgesucht, der jenseits des Kreises der grellen Beleuchtung an der Hinterwand des Raumes lag.
    In den Schlitz des Servo-Mechanismus warf er eine Berechtigungsmarke des Oberbezirks 1, von denen er sich eine Reihe besorgt hatte, als feststand, daß er versuchen würde, das Gebäude auf diesem Wege zu verlassen. Die Marke wurde nicht beanstandet; nach kurzer Zeit fuhr der Mechanismus einen Teller heißen Nährbreis auf den Tisch. Egan-Egan ergriff den Löffel, der neben dem Brei auf dem Teller lag, und nahm die reichliche Mahlzeit langsam und nachdenklich zu sich.
    Der Imbißraum war so gut wie leer. Die Hauptspeisezeit war schon seit mehr als einer Stunde vorbei. Wer jetzt noch hier saß, war auf der Durchreise oder gehörte zu jener Sorte von Müßiggängern, denen das Schicksal ein hohes Amt und wenig Arbeit verliehen hatte.
    Außer Egan-Egan gab es nur zwei Gäste. Sie beachteten ihn nicht; denn sie saßen so, daß sie bequem durch die breite Glassitfront hinaus auf die Straße schauen konnten.
    Während Egan-Egan den Brei löffelte, kam ihm ein Gedanke. Er hatte bisher noch keine Gelegenheit gehabt, eine seiner Waffen auszuprobieren. Er zweifelte nicht daran, daß sie die zehntausendjährige Lagerung in den unterirdischen Räumen ebenso gut überstanden hatten wie die riesigen Maschinen, die die Stadt mit Luft versorgten. Aber für den Notfall war es besser, es genau zu wissen.
    Er zog eine kleine, zierliche, revolverähnliche Waffe aus der Tasche. Die Munition des Revolvers bestand aus haardünnen Plastiknadeln, die mit einem Nervengift imprägniert waren. Ein Schlagbolzen trieb die Nadel, wenn der Abzug niedergedrückt wurde, aus dem Lauf in das Ziel. Das Gift, einem menschlichen Körper beigebracht, wirkte innerhalb einer halben Sekunde. Die Wirkung hielt zwei Stunden lang an und hinterließ keinerlei Einfluß.
    Egan-Egan hatte sich davon überzeugt, daß der Schlagbolzen genug Energie besaß, um den Nadeln noch in einer Entfernung von zwanzig Metern beachtliche Durchschlagskraft zu verleihen. Was er nicht wußte war, ob das Nervengift zehn Jahrtausende überstanden hatte, ohne an Wirkung zu verlieren.
    Als der eine der beiden anderen Gäste aufstand, den Raum verließ und auf die Straße hinaustrat, begann Egan-Egan schneller zu essen. Er legte seinen Löffel beiseite, als zum ersten Mal spürbar wurde, daß das Licht draußen auf der Straße an Helligkeit abgenommen hatte. Die Nacht brach herein.
    Egan-Egan räumte Teller und Löffel behutsam auf die Servo-Klappe und sah ungeduldig zu, wie die Klappe auffuhr und das Geschirr verschlang. Sekunden später drang aus den unsichtbaren Poren der Tischplatte frischriechende Flüssigkeit, die die Platte mit einer schillernden, desinfizierenden Schicht überzog.
    Nachdem Egan-Egan sich solcherart versichert hatte – wie es der Anstand erforderte – daß er den Tisch in eben demselben Zustand hinterließ, in dem er ihn vorgefunden hatte, stand er auf und schritt auf die Tür zu. Den Revolver hielt er unauffällig in der Hand.
    Er konnte durch die Tür hindurch sehen, daß in den nächsten Augenblicken niemand den Raum betreten würde. Dann blieb er stehen, zielte kurz mit erhobenem Revolver auf den schmächtigen Rücken des einzigen Mannes, der sich außer ihm im Raum befand und drückte ab.
    Der Mann gab einen schwachen, halb erstickten Laut der Überraschung von sich, dann sank er zur Seite. Da der Stuhl, auf dem er saß, jedoch keine Armlehne besaß, fand der schlaffe Körper keinen Halt, kippte vom Stuhl und fiel polternd zu Boden. Das alles dauerte zwei Sekunden, und fünf weitere Sekunden brauchte Egan-Egan, bis er sich von dem Schrecken erholt hatte, mit dem die erste von ihm verschuldete Verletzung eines Menschen ihn erfüllte.
    Mit ein paar hastigen Schritten war er bei der Tür, überzeugte sich mit einem kurzen Blick, daß von dort aus niemand den Bewußtlosen zwischen den Tischen und Stühlen erkennen konnte, und ging hinaus.
    Die Beleuchtung der Straße war nun schon merklich schwächer geworden. Egan-Egan schätzte, daß es noch zehn Minuten dauern würde, bis das Licht jenen Grad finsterer Dämmerung erreichte, der die Stadt auch während der Nachtstunden erfüllte.
    Er stieg auf das erste Beschleunigungsband, das in südlicher Richtung führte, wechselte nach wenigen Sekunden auf das zweite und passierte so die Grenze zwischen den Bereichen B und A des Unterbezirks I im Oberbezirk

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