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TS 44: Die Milliardenstadt

TS 44: Die Milliardenstadt

Titel: TS 44: Die Milliardenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Aufschlagstelle so deutlich markiert, daß man sie mit einem guten Fernrohr erkennen kann.
    Der Blick durch das Fernrohr wird Martiko zunächst überzeugen, daß der Mond keine Scheibe ist, wie er glaubt, sondern ein Himmelskörper. Die Landung unseres Geschosses wird ihm beweisen, daß man den Mond erreichen- kann – daß auch der Mensch zum Mond fliegen kann, denn warum sollte das Geschoß statt einer Bombe nicht einen Menschen mit sich tragen?
    Wenn ihn das nicht überzeugt, dann hätte ihn wahrscheinlich auch eine Mondreise nicht überzeugt.“
    Egan-Egan dachte darüber nach. Je mehr Gedanken er sich darüber machte, desto plausibler erschien ihm Ballas’ Vorschlag. Er begann, in den verschiedenen Räumen des Labors herumzusuchen und fand, daß nahezu alle Mittel für den Bau eines Fernlenkgeschosses vorhanden waren. Den Rest – ein paar wichtige Metallteile – würden sie sich anderswo besorgen müssen, aber, wie Ballas sagte: niemand hinderte sie daran, sich zwei oder drei Jahre Zeit zu lassen.
    Sie begannen sofort mit der Arbeit. Ballas entwickelte eine in seinem Alter erstaunliche Fähigkeit, sich in Dinge hineinzufinden, von denen er bis vor kurzem noch nichts gewußt hatte. Binnen eines Monats wußte Egan-Egan, daß er mit Ballas’ tatkräftiger Hilfe in einem Jahr schaffen würde, wofür er zwei bis drei Jahre angesetzt hatte.
     
    *
     
    Egan-Egan weihte seine Gastgeber in die Dinge ein, soweit er es für richtig hielt. Es gab Dinge, die er ihnen glücklicherweise schon alleine deswegen nicht zu sagen brauchte, weil sie nichts davon verstanden hätten. Denn bei aller geistigen Beweglichkeit waren sie doch in den Thesen des Nonexistentialismus befangen und hielten wissenschaftliche Forschung für eine Art Teufelswerk. Egan-Egans als Experiment zum Ausdruck gebrachte Hoffnung, er werde mit einem lenkbaren Geschoß den Mond treffen, bedachten sie mit einem ungläubigen, zurückhaltenden Lächeln, und Egan-Egan war mit dieser Reaktion sehr zufrieden. Wenn Martiko an dem Tage, auf den es ankam, ebenso lächelte, dann würde sein Selbstbewußtsein den nötigen Schock erleiden, sobald das Geschoß auftraf und explodierte.
    Er hatte es aufgegeben, über Ballas nachzudenken. Der Alte hatte seine Rätsel; aber er wollte sie nicht offenbaren. Manchmal erschien es Egan-Egan, als warte er nur auf einen Augenblick, in dem er den Schleier vor dem Geheimnis seiner Person auf möglichst effektvolle Weise fallen lassen könne; zu anderen Augenblicken wiederum war Ballas völlig abgeneigt, eine Frage nach seiner Herkunft und seinen Absichten auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Egan-Egan ließ ihn so, wie er war, und freute sich über seine Klugheit bei der Arbeit, anstatt sich über seine Heimlichtuerei zu ärgern.
    Oliver-Null sah er nur noch selten. Wenn er sich oben im Gebäude aufhielt, hatte er es meist mit dem ernsten Honest oder dem stets zu Spaßen aufgelegten Francis zu tun. Die Sympathie zwischen ihnen begann allmählich, sich zu einer Freundschaft zu entwickeln, trotz Egan-Egans Verschlossenheit, was seine Experimente anbelangte.
    Ein Jahr und ein paar Tage, nachdem er schlafend die Grenze der Zweitkastenstadt überschritten hatte und am darauffolgenden Morgen inmitten eines Luxus’ aufgewacht war, der ihm nun schon längst eine Gewohnheit bedeutete, war das Mond-Fernlenkgeschoß fertig.
    Er hatte es mit Ballas zusammen am Fuße des Turmes aufgebaut, unter dem das Labor lag. Die Bewohner des Turmes und auch die andrer Gebäude hatten in Scharen um die Baustelle herumgestanden; aber daß sie .nichts von den Dingen verstanden, hatte ihnen bald die Lust am Zuschauen genommen, zumal der geschoßförmige Körper vorerst nichts anderes tat, als bewegungslos dazustehen.
    Die Rakete war knapp zwanzig Meter hoch, mit kreisförmigem Querschnitt und einem Maximaldurchmesser von dreieinhalb Metern. Im Bug trug sie eine Magnesiumbombe, die beim Aufprall nach Egan-Egans Berechnungen einen deutlich sichtbaren Lichtblitz abgeben würde.
    Das Triebwerk war eine Plasma-Kanone, die mit einem Fusionsreaktor betrieben wurde. Zur Stabilisierung des Fluges durch die Erdatmosphäre trug der Rumpf vier Flossen.
    Das Fernlenksystem war genau ausgeklügelt und mit großer Sorgfalt zusammengesetzt worden. Es wurde betätigt durch einen Mikrowellensender beachtlicher Leistung, den Egan-Egan sich aus dem vorhandenen Material ebenfalls hatte selbst bauen müssen. Es gab sechs Gruppen von Signalen, jede Gruppe zu fünfzig Einzelsignalen.

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